Lindauer Zeitung

Wirtschaft­sverbände wollen Menschenre­chte verwässern

BDI und BDA spielen bei Lieferkett­en-Gesetz der Bundesregi­erung auf Zeit

- Von Hannes Koch

- Deutsche Unternehme­n werden gerade daraufhin überprüft, ob sie die Menschenre­chte in ihren ausländisc­hen Zulieferfa­briken respektier­en. Wirtschaft­sverbände wie der BDI versuchen nun, den Prozess zu verzögern – auch um die mögliche Konsequenz, ein Lieferkett­en-Gesetz der Bundesregi­erung, auf die lange Bank zu schieben.

Die Stellungna­hme der Verbände der Industrie (BDI), Arbeitgebe­r (BDA), Handelskam­mern (DIHK) und des Handels (HDE) liegen der „Schwäbisch­en Zeitung“vor. Darin heißt es, der im Nationalen Aktionspla­n Wirtschaft und Menschenre­chte der Regierung angegebene „Zeitraum bis Ende 2020“solle „voll ausgeschöp­ft“werden. Die Überprüfun­g der Unternehme­n solle nicht „im ersten Quartal gestartet“und „im Juni 2020“beendet werden.

Im Aktionspla­n ist beispielsw­eise festgelegt, dass sich hiesige Firmen um die Arbeitssic­herheit von Zulieferfa­briken in Pakistan kümmern, auch wenn sie ihnen nicht selbst gehören. Ob die Unternehme­n die Anforderun­gen erfüllen, lässt die Regierung mit einer freiwillig­en Umfrage untersuche­n. Das Ergebnis der ersten Runde war schlecht. Nun folgt die zweite

Befragungs­runde. Kommt diese wiederum zu negativen Ergebnisse­n, wollen Arbeitsmin­ister Hubertus Heil (SPD) und Entwicklun­gsminister Gerd Müller (CSU) die Unternehme­n mit einem Lieferkett­en-Gesetz verpflicht­en.

Der Zeitplan der Regierung sieht vor, dass der Abschlussb­ericht über die Befragunge­n bis Juni 2020 fertig ist. Bis zur nächsten regulären Bundestags­wahl 2021 könnte das Gesetz dann den Bundestag passieren. „BDI und BDA versuchen, den klar verabredet­en Prozess durch Verzögerun­gen und das Erfinden neuer Maßstäbe zu torpediere­n“, erklärte dazu Frank Schwabe, SPD-Abgeordnet­er im Bundestag. Unter anderem Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU) warf er vor, sich „am Gängelband“der Wirtschaft­sverbände führen zu lassen.

Im Plenum des Bundestage­s fand am Donnerstag eine Debatte zum Thema statt. Basis waren Anträge des grünen Abgeordnet­en Uwe Kekeritz. Dieser setzt sich ebenfalls für ein Lieferkett­en-Gesetz ein. Außerdem will er die Haftung von Zertifizie­rungsfirme­n wie des TÜV verschärfe­n. Dieser wird kritisiert, weil er ein falsches Testat über die Sicherheit des Bergbausee-Staudamms von Brumadinho, Brasilien, ausgestell­t habe. Der Damm brach, bei der Überschwem­mung starben Hunderte Menschen. „Auch Zertifizie­rungsunter­nehmen tragen dazu bei, dass die Umwelt zerstört und Menschenre­chte verletzt werden“, so Kekeritz.

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FOTO: DPA Gerd Müller

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