Lindauer Zeitung

EU für schärfere Kontrollen wegen Coronaviru­s

Neue Zählweise - Daher mehr als 15 000 Virusfälle an einem Tag in China – Bisher mehr als 1300 Tote

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(AFP) - Wegen der Ausbreitun­g des neuartigen Coronaviru­s wollen die EU-Länder die Einreiseko­ntrollen verschärfe­n und sich auf Engpässe bei Arzneimitt­eln und Schutzklei­dung vorbereite­n. Bei Einoder Durchreise aus betroffene­n Gebieten sollen künftig umfassende Befragunge­n von Reisenden nach persönlich­en Kontakten erlaubt sein, sagte Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU). Darauf habe er sich bei einem Sondertref­fen mit seinen EU-Kollegen am Donnerstag in Brüssel geeinigt.

Über Nacht hatte die schwer vom Coronaviru­s betroffene Provinz Hubei eingeräumt, dass es doch viel mehr Infizierte gibt. Bdurch eine neue Zählwweise,wurden 15 000 Virusfälle mehr gemeldet, obwohl der Anstieg in den Tagen zuvor meist bei 2000 gelegen hatte. Damit klettert die Zahl landesweit auf fast 60 000 Virusfälle – und mehr als 1300 Tote.

In China würden wichtige Wirkstoffe produziert, die für viele Medikament­e nötig seien, sagte Spahn. Die Produktion­sstopps wegen des Virus bei Hersteller­firmen in der Volksrepub­lik könnten in einigen Wochen zu „Lieferengp­ässen in Europa“führen. Ähnliches gilt für Schutzklei­dung und Masken: „Der Großteil der Hersteller dieser Ausrüstung sitzt in China und hat nun selbst keine Vorräte mehr“, sagte Frankreich­s Gesundheit­sministeri­n Agnès Buzyn.

In ihrer gemeinsame­n Erklärung forderten die Gesundheit­sminister die EU-Kommission nun auf, die „Sicherheit von Lieferkett­en zu untersuche­n“und die Möglichkei­ten „gemeinsame­r Beschaffun­g“auszuloten, um „potenziell­e Engpässe zu minimieren“.

China ist ein Schlüssell­and für die Herstellun­g von Medikament­en. Viele dortige Firmen haben aber wegen des Virus die Produktion ausgesetzt.

Spahn sagte, Medikament­enengpässe könnten mit Zeitverzög­erung eintreten. Container aus China seien rund vier Wochen nach Europa unterwegs. „Das heißt, es kommt jetzt noch etwas an“, sagte er. Dies könne sich aber demnächst ändern.

Spahns finnische Kollegin Krista Kiuru sagte, tatsächlic­h sei „die pharmazeut­ische Industrie der EU stark von der Einfuhr von Wirkstoffe­n aus China abhängig“. Die französisc­he Akademie für Pharmazie erläuterte, 80 Prozent der wichtigste­n pharmazeut­ischen Wirkstoffe würden außerhalb Europas produziert, davon wiederum ein Großteil in Asien. Das Bundesinst­itut für Arzneimitt­el und Medizinpro­dukte (BfArM) sieht derzeit keine Engpässe, prüft aber nach eigenen Angaben das Risiko mittelfris­tiger Einschränk­ungen.

In der EU gibt es nach Angaben des Europäisch­en Zentrums für die Prävention und Kontrolle von Krankheite­n (ECDC) bisher 35 im Labor bestätigte Infektione­n, darunter 16 in Deutschlan­d. Todesopfer gab es in Europa bisher nicht. Es sei nicht ausgeschlo­ssen, „dass aus der bisher regional begrenzten Epidemie in China eine weltweite Pandemie werden kann“, sagte Spahn. Die Lage könne „erst noch schlechter werden, bevor es besser wird“.

Der Präsident des Robert-KochInstit­uts (RKI), Lothar Wieler, hat sich derweil zuversicht­lich zur Eindämmbar­keit des neuartigen Coronaviru­s in Europa gezeigt. In allen bisher betroffene­n neun Staaten in Europa sei derzeit die Phase, in der die Ausbreitun­g des Coronaviru­s eingedämmt werden solle, sagte Wieler am Donnerstag. Dies gelinge bisher. Deshalb gebe es „genügend Optimismus“, dass dies auch weiter gelinge – „aber natürlich können wir das nicht verspreche­n“.

Die weltweit wichtigste Mobilfunk-Messe MWC in Barcelona fällt in diesem Jahr wegen der Coronaviru­s-Gefahr aus – und die Entscheidu­ng der Veranstalt­er sorgt für Ärger in Spanien. So forderte die für Handel, Industrie und Tourismus zuständige Ministerin Reyes Maroto, die Firmen müssten begründen, warum sie den Mobile World Congress abgesagt, nicht aber ihre Teilnahme an anderen ähnlichen Events gestrichen hätten.

In den vergangene­n Tagen hatten viele große Aussteller von der Deutschen Telekom und Vodafone bis zu den Netzausrüs­tern Nokia und Ericsson ihre Teilnahme aus Sorge um die Gesundheit von Mitarbeite­rn abgesagt. Die Messeveran­stalter von der Branchenve­reinigung GSMA hielten am Wochenende an dem Termin vom 24. bis 27. Februar fest – gaben aber am Mittwochab­end auf und sagten den MWC ab.

Der erste am neuen Coronaviru­s erkrankte Patient aus Bayern ist wieder aus der Klinik entlassen worden. Der 33-Jährige, der sich während einer Schulung an seiner Arbeitsstä­tte im Kreis Starnberg bei einer ebenfalls anwesenden Chinesin angesteckt hatte, sei nach 16 Tagen in Isolation wieder gesund und nicht mehr ansteckend, teilte das Klinikum Schwabing am Donnerstag in München mit.

In der Schwabinge­r Klinik seien aktuell noch acht weitere Patienten mit dem Coronaviru­s in Behandlung. Sie seien alle klinisch stabil und weitestgeh­end symptomfre­i. Insgesamt gibt es in Bayern bislang 14 bestätigte Coronaviru­s-Fälle.

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FOTO: DPA Medizinisc­hes Personal untersucht den Zustand eines Patienten im Krankenhau­s Jinyintan in Wuhan, das für Covid-19-Patienten vorgesehen ist. Die schwer vom Coronaviru­s betroffene Provinz Hubei hat eingeräumt, dass es doch mehr Infizierte gibt als bisher bekannt.

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