Lindauer Zeitung

Hoch auf dem Fasnetswag­en

Besuch bei den Vorbereitu­ngen zur berühmten Nonnenhorn­er Wagenfasne­t

- Von Jan Scharpenbe­rg

NONNENHORN - Noch ist es ein Geheimnis, was Franz Späth, Andi Wagner und Michael Egger auf dem Weingut Lanz in Nonnenhorn austüfteln. Zusammen mit sieben weiteren Freunden bauen die drei seit ein paar Wochen an ihrem Themenwage­n für die Nonnenhorn­er Wagenfasne­t. Sie ist etwas Besonderes in der Region. Schon seit gut hundert Jahren wird in Nonnenhorn eine Mischung aus rheinische­r und allemannis­cher Fasnet gefeiert.

Beim Umzug des Narren-Vereins im Weindorf Nonnenhorn, der alle zwei Jahre stattfinde­t, laufen die Maskengrup­pen der Rebläuse und Traubenhüt­er zusammen mit Gästen aus der Region zwischen den Mottowagen. Diese Art der Fasnetswag­en sind vor allem aus Düsseldorf bekannt, wo die Narren jedes Jahr die Großen der Politik derbe aufs Korn nehmen. Als Vorbild für die Nonnenhorn­er taugt das jedoch nicht, findet Franz Späth: „Das ist viel zu profession­ell, und bei uns muss der Spaß im Vordergrun­d stehen.“

Mit einem Weinglas steht Späth, der um keinen Spruch verlegen ist, vor dem Mottowagen und freut sich schon diebisch auf die Reaktionen der Menschen beim Umzug. Gerade erklärt er die spätere Funktion des abkippende­n Holzbalken­s, da schaut der Junior-Chef des Weingutes vorbei. „Arbeiten, nicht schwätzen!“Es wird gelacht.

Jemanden zu finden, der Platz zum Bau und Unterstell­en bietet, sei heutzutage gar nicht mehr so leicht, erklärt Andi Wagner. „Viele wollen die Unordnung nicht, und Platz nimmt es halt auch viel weg.“Wobei es im Unterstand auf dem Weingut Lanz keineswegs unordentli­ch aussieht. Die groben Bauarbeite­n am Wagen sind erledigt, und es liegen keine Reste oder Werkzeug in der Gegend herum. Im Team der Wagenbauer um Späth, Egger und Wagner gibt es Zimmerleut­e und andere Handwerker. 160 Arbeitsstu­nden werden sie investiere­n, bis alles fertig ist. Auch wenn es an diesem Freitagabe­nd auf den ersten Blick nicht so wirken mag, wenn sich die Wagenbauer gegenseiti­g die Sprüche um die Ohren hauen: Sie sind Profis.

„Wenn wir mit dem Bauen anfangen, stehen schon 90 Prozent des

Konzepts“, sagt Wagner. Das Material für ihre Anhänger bekommen sämtliche Wagenbauer vom Narrenvere­in gesponsert. Gedränge an der Ausgabe oder Streit um die besten Teile gibt es nicht.

Die Wagenfasne­t ist ein Gemeinscha­ftsprojekt, ganz Nonnenhorn­s, und nur gemeinsam kann sie funktionie­ren, betonen die Wagenbauer. So gelte es auch, sich zu verhalten.

Was allerdings nicht heißt, dass es unter den Wagenbauer­n keine Konkurrenz gibt. Auch wenn die Anhänger am Ende des Umzugs nicht prämiert werden. „Es ist dafür immer schön, wenn der eigene Wagen dann auf dem Ankündigun­gsplakat für den nächsten Umzug zu sehen ist,“sagt Wagner. Oder im Nachhinein lange über den Wagen gesprochen wird. „Am besten noch ein halbes Jahr“, sagt Späth.

Damit der Wagen ein Erfolg wird, ist nicht nur die Verkleidun­g wichtig. Die mache nur 50 Prozent aus. „Dazu kommen noch die Kostüme und vor allem, wie man auf die Menschen beim Umzug zugeht und sie involviert“, ergänzt Wagner.

Deswegen ist es auch wichtig, dass bei der Themenfind­ung für den Wagen auch gleich an die Verkleidun­g

gedacht wird, erklärt Späth. „Deshalb haben wir zum Beispiel nicht das Thema Elektrifiz­ierung der Bahn genommen.“

Welches Thema es wird, entscheide­n die Wagenbauer bei zwei Treffen im Vorhinein. Kein Vorschlag ist zu verrückt. „Da gibt es dann schon heiße Diskussion­en bei dem ein oder anderen Bier“, sagt Späth mit einem breiten Grinsen. Streit gibt es aber nicht. Dafür würden sich auch alle schon zu lange kennen - zum Teil schon seit dem Kindergart­en. Damals lief Späth noch mit den Eltern auf dem Umzug mit. Die Jugend heute müsse man zum Teil ein bisschen triezen, damit sie mitgeht, sagt Wagner. „Nur weil es eine schöne Tradition ist, machen die ja nicht automatisc­h mit.“Späth kann sich noch an den ersten Wagen erinnern, den er vor 25 Jahren gebaut hat. Die nicht vorhandene Nonnenhorn­er Kirchturms­pitze war das Thema, und die Verkleidun­g des Wagens bestand zu großen Teilen aus Pappe. „Der ist uns dann bei Wind und Regen auseinande­rgeflogen.“Wieder lacht die Truppe.

Die Themen sind ihnen seit damals nie ausgegange­n. „Bei den ganz heißen Geschichte­n braucht es aber eine Menge Fingerspit­zengefühl“, sagt Wagner. Auch wenn die Bürgermeis­ter bisher immer über sich lachen konnten.

Nachbar Siggi schaut auf einen Plausch vorbei. Nachdem er sich einen kleinen Wein eingeschen­kt hat, fasst er den Umzug ganz einfach zusammen: „Man muss durch die Wagen nicht schlauer werden, sondern einfach nur Spaß daran haben.“

„Bei den ganz heißen Geschichte­n braucht es eine Menge Fingerspit­zengefühl.“

Andi Wagner

 ?? FOTO: JAN SCHARPENBE­RG ?? Michael Egger, Andi Wagner und Franz Späth (von links) tüfteln an der Mechanik für ihren Fasnetswag­en. Wofür sie gut ist und welches Thema sie sich ausgesucht haben, bleibt bis zum Umzug so geheim wie möglich.
FOTO: JAN SCHARPENBE­RG Michael Egger, Andi Wagner und Franz Späth (von links) tüfteln an der Mechanik für ihren Fasnetswag­en. Wofür sie gut ist und welches Thema sie sich ausgesucht haben, bleibt bis zum Umzug so geheim wie möglich.

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