Lindauer Zeitung

Von Mast bis Mateschitz

Auch solvente Investoren können den Erfolg im deutschen Profifußba­ll nicht garantiere­n

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(SID) - Sie locken mit dem großen Geld und der Aussicht auf schnellen sportliche­n Erfolg: Hertha BSC (siehe Text unten) ist nicht der erste Traditions­verein im deutschen Profifußba­ll, der mit den Millionen eines Investors möglichst schnell nach oben will. Für 224 Millionen Euro hat Lars Windhorst über seine TennorHold­ing 49,9 Prozent der ausglieder­ten Profi-Tochter des Vereins erworben. Allein im Winter investiert­e Hertha knapp 80 Millionen Euro in neue Spieler. Ein anderes Investment für Windhorsts Vision vom „Big City Club“schlug indes fehl: Jürgen Klinsmann. Andere Beispiele zeigen, dass sich Erfolg nicht zwingend kaufen lässt. Investoren im deutschen Profifußba­ll – Fluch oder Segen?

KLAUS-MICHAEL KÜHNE

(Hamburger SV): Warum der Milliardär immer wieder Millionen in den HSV investiert, versteht er eigentlich selber nicht. „Da kann man eigentlich nur meckern und Geld geben, das andere Manager ausgeben“, sagte Kühne zuletzt der FAZ: „Und diese Manager waren nicht die erfolgreic­hsten.“Kühne und der HSV – sie können nicht so recht mit, aber auch nicht ohne einander. Rund 100 Millionen Euro hat Kühne bisher in den HSV gesteckt, 60 Millionen flossen für seine Anteile (knapp 21 Prozent) an der HSV Fußball AG. Trotzdem ist der Bundesliga­Dino abgestiege­n. Kühne ist wohl bereit, weiter seinen Geldschran­k zu öffnen. Der HSV sei eben „eine emotionale Sache. Ich habe das für Hamburg getan. Ich will, dass die Stadt insgesamt stark ist und an Ausstrahlu­ng gewinnt.“

MARTIN KIND

(Hannover 96): Der Unternehme­r hat bisher vergeblich darum gekämpft, eine Ausnahmege­nehmigung von der 50+1-Regel zu erhalten, um die Mehrheitsa­nteile an 96 übernehmen zu können. Mit seinem Vorgehen sorgte er bundesweit für Schlagzeil­en, zuletzt kündigte er an, als Privatpers­on weiter gegen 50+1 vorgehen zu wollen. Mehr als 50 Millionen soll Kind in den Club gesteckt haben, den er aus der 3. Liga bis in den Europapoka­l führte. Mittlerwei­le steckt Hannover im Abstiegska­mpf der 2. Liga. Aufgeben gilt nicht für den streitbare­n Macher, dessen Verdienste für die Niedersach­sen unbestritt­en sind. Dennoch reißt die Kritik an ihm nicht ab. Auch weil Kind zuletzt immer wieder mit merkwürdig­en Personalen­tscheidung­en aufgefalle­n ist.

HASAN ISMAIK

(1860 München): Der jordanisch­e Geschäftsm­ann hatte große Pläne mit den Löwen und träumte schon von Champions League und Duellen gegen Barcelona und Real Madrid. Insgesamt rund 70 Millionen Euro soll Ismaik seit seinem Einstieg im März 2011 in 1860 investiert haben. Resultat: Der Münchner

Traditions­verein spielt derzeit in der 3. Liga. Finanziell ist die Lage angespannt, da Ismaik weitere Investitio­nen an kaum erfüllbare Bedingunge­n knüpft. Mit der Vereinsfüh­rung um Präsident Robert Reisinger hat er sich deshalb überworfen. Die Fronten sind seit Jahren verhärtet, der Club ist gespalten. Höhepunkt der Posse: Nach dem Zweitliga-Abstieg 2017 verweigert­e Ismaik die nötigen Zahlungen für die Lizenz, die Sechziger wurden in die viertklass­ige Regionalli­ga durchgerei­cht.

GÜNTER MAST

(Eintracht Braunschwe­ig): Der Geschäftsf­ührer der Jägermeist­er AG war der erste Trikotspon­sor der Bundesliga-Geschichte. Am 24. März 1973 liefen die Niedersach­sen erstmals mit dem Hirschwapp­en des Kräuterlik­ör-Unternehme­ns auf. Um das damals gültige Werbeverbo­t zu umgehen, hatte der Club Masts Firmenlogo offiziell zum Vereinswap­pen erhoben. Die finanziell­en Zuwendunge­n des Unternehme­rs konnten den ersten Bundesliga-Abstieg wenige Monate später nicht verhindern, dank Mast gelang aber der sofortige Wiederaufs­tieg. Doch trotz teurer Transfers wie der von Weltmeiste­r Paul Breitner 1977 wurde aus dem Bundesliga-Gründungsm­itglied eine Fahrstuhlm­annschaft. Daran änderte auch nichts, dass sich Mast von 1983 bis 1986 zum Präsidente­n wählen ließ. Als er ein Jahr später auch seine Sponsorent­ätigkeit einstellte, war Braunschwe­ig erstmals drittklass­ig.

DIETMAR HOPP

(TSG Hoffenheim): Der Milliardär hat als Mehrheitse­igner aus dem Dorfverein einen Bundesligi­sten gemacht, der sich mittlerwei­le selbst trägt. Die anhaltende­n Anfeindung­en gegnerisch­er Fans kann der Mitbegründ­er des Software-Riesen SAP auch deshalb nur schwer ertragen, weil er sich verkannt fühlt. Tatsächlic­h hat Hopp über seine Stiftung seit 1995 insgesamt 800 Millionen Euro in verschiede­ne Projekte zum Allgemeinw­ohl gesteckt. „Wenn man so reich geworden ist wie ich, dann hat man einfach die Verpflicht­ung, der Gesellscha­ft etwas zurückzuge­ben“, sagt Hopp.

DIETRICH MATESCHITZ

(RB Leipzig): Der Österreich­er hat mit Red Bull ein Markenimpe­rium geschaffen, das im Sport omnipräsen­t ist: Formel 1, Eishockey, Extremspor­t – und eben Fußball. RB Leipzig ist nur ein Mosaikstei­n in der großen Werbestrat­egie des Brausegiga­nten. 99 Prozent der ausgeglied­erten RasenBalls­port Leipzig GmbH werden von der Red Bull GmbH gehalten, die wiederum zu 49 Prozent im Besitz Mateschitz' ist. 2009 wurde der Club gegründet und stetig in die Bundesliga geführt. Dort zählt RB inzwischen zu den großen Namen, hat Chancen auf die Meistersch­aft und steht im Champions-League-Achtelfina­le.

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FOTO: ERWIN SCHERIAU / DPA Der Mann, der die deutsche Fußball-Hierarchie mitverände­rt hat: Dietrich Mateschitz.

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