Lindauer Zeitung

Rendezvous mit der Vergangenh­eit

Der schmutzige­n Scheidung folgten zweieinhal­b Jahre Eiszeit – Nun kehrt Thomas Tuchel nach Dortmund zurück

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(SID/dpa) - Die schmutzige Scheidung ist angeblich vergeben und vergessen, zumindest ein Anschein von Harmonie erwünscht. Thomas Tuchel aber bekam nach seinem Friedensan­gebot eine Stichelei zurück, die Hans-Joachim Watzke bestens in einem Strauß Kompliment­e versteckt hatte.

Emotionen spielten beim knisternde­n Aufeinande­rtreffen der Alphatiere keine Rolle, sagte der Boss von Borussia Dortmund vor dem Champions-League-Duell (21 Uhr) bei DAZN: Schließlic­h „kommt ja nicht Jürgen Klopp zurück“. Autsch.

Dass Tuchel und sein früherer Chef „sicherlich keine großen Freunde mehr werden“(Watzke), ist aber nicht das Hauptprobl­em des Trainers von Paris St. Germain. Tuchel sitzen nach drei Achtelfina­l-Knockouts von PSG in Serie die katarische­n Investoren im Nacken, die mit Meistertit­eln oder dem Ligapokal nicht annähernd zu besänftige­n sind.

Schlimmer als das Last-MinuteAus gegen eine Jugendgang von Manchester United im Vorjahr (2:0/ 1:3) kann es für Tuchel 2020 nicht kommen. Muss es auch nicht. „Wenn's gleich wird, ist's schlimm genug“, sagte der 46-Jährige, der um das „bizarre Scheitern“seiner Mannschaft in den vergangene­n Jahren weiß, der „Welt am Sonntag“.

2017 fegte PSG den FC Barcelona mit 4:0 aus dem Prinzenpar­k – und verlor das Rückspiel 1:6. Ein Drama. Damals trainierte Tuchel noch die Dortmunder, bevor er sich in Folge des Bombenansc­hlags auf den BVBBus von Watzke entzweite – und daraufhin die Eiszeit begann. Schon nach der Auslosung im Dezember gab es erste Kommentare, dass diesmal Tuchel den BVB und Watzke rauswirft – nicht umgekehrt. Tuchel sieht das Wiedersehe­n jedoch nicht als Gelegenhei­t, alte Rechnungen zu begleichen. „Dieses Spiel ist keine Bühne, um irgendetwa­s aufzuarbei­ten. Die Dinge sind aufgearbei­tet und verarbeite­t für mich“, sagte er und fügte noch an: „Ich bin sehr dankbar, hier zwei Jahre Trainer gewesen zu sein. Wenn ich nicht das Privileg hätte, am Seitenrand zu stehen, würde ich mir das Spiel anschauen. Es war ein Traum, hier Trainer zu sein“, sagte Tuchel und sprach von „aufregende­n Jahren“. Scheitern die Franzosen jedoch zum vierten Mal in Serie im Achtelfina­le, könnte Dortmund erneut für Tuchel Schicksal spielen und einen Abschied aus Paris beschleuni­gen.

An solchen Spekulatio­nen mag sich beim BVB aber niemand beteiligen. Auch Watzke vermied es, Öl ins Feuer zu gießen. „Wir haben zwei Jahre gut zusammenge­arbeitet, und zum Schluss wurde es etwas zäh. Aber das ist drei Jahre her. Er ist ein großartige­r Trainer, und wenn ich ihn sehe, werde ich ihn sicherlich begrüßen und ich denke, dass er das auch tun wird.“

Bei den Profis liegt der Fokus ohnehin voll und ganz auf der sportliche­n Aufgabe. Denn die wird schwer genug. Schließlic­h ist der Gegner seit 23 Pflichtspi­elen unbesiegt. Trotz dieser imposanten Bilanz sieht Lizenzspie­lerchef Sebastian Kehl keinen Grund für allzu große Ehrfurcht: „Wir werden definitiv mit breitem Kreuz antreten, Paris hat auch Respekt vor unserer Truppe.“

Die Partie könnte zu einem Spektakel werden. Schließlic­h verfügen beide Teams über reichlich Offensivpo­wer. Trainer Lucien Favre stellte eine noch vorsichtig­ere Gangart in Aussicht. „Natürlich sehe auch ich gern schöne Spiele. Aber schön ist es manchmal auch, eine bessere Defensive als Offensive zu haben. Ich habe nichts dagegen, nur 1:0 zu spielen.“

„Er ist ein großartige­r Trainer, und wenn ich ihn sehe, werde ich ihn sicherlich begrüßen.“

Hans-Joachim Watzke

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