Lindauer Zeitung

Supercompu­ter in Stuttgart fährt hoch

Bei der Olympiade der Köche in Stuttgart kämpfen Teilnehmer aus 57 Ländern um Bronze, Silber und Gold

- Von Erich Nyffenegge­r

(dpa) - Im Höchstleis­tungsreche­nzentrum HLRS in Stuttgart ist ein Supercompu­ter ans Netz gegangen. Die Rechenanla­ge mit dem Projektnam­en „Hawk“ist etwa viermal schneller als der bislang an dem Zentrum betriebene Großrechne­r. Im weltweiten Vergleich steht „Hawk“etwa auf dem zehnten Platz.

- Während vor der deutschen Wettbewerb­sküche mit der Nummer 18 die Zuschauer ruhig durch die Glaswand blicken und die Präzisions­arbeit der Nachwuchsn­ationalman­nschaft mit stummer Bewunderun­g verfolgen, ist gleich nebenan die Hölle los: Fans aus Malaysia stimmen ein infernalis­ches Gebrüll an und trommeln sogar gegen das Schaufenst­erglas. Sie wollen die verschreck­t wirkenden Köche dahinter auf nichts weniger als den Sieg im internatio­nalen Kochduell einschwöre­n. Souveräne Selbstbehe­rrschung und feuriges Temperamen­t liegen sehr nah beieinande­r auf der 25. Olympiade der Köche in Stuttgart, wo sie im Rahmen der Intergastr­a, der deutschen Leitmesse für Hotellerie und Gastronomi­e, stattfinde­t.

Der deutsche Teamchef Ronny Pietzner, so eine Art Jogi Löw der kulinarisc­hen Seitenlini­e, verkündet vor Journalist­en, dass er recht zufrieden sei. Man stehe unter Druck und mache Dampf, sagt er in schönster Fußballerl­yrik und ist guter Dinge, dass die deutschen Mannschaft­en – eine bestehend aus Nachwuchs und eine aus Vollprofis – was reißen können. Der olympische Gedanke – dabei sein ist alles – sei zwar recht nett, aber das reiche ihm dann doch nicht ganz. Im Augenblick richten unter zum Teil zittrigen Händen die Vertreter der deutschen Nachwuchsn­ationalman­nschaft Delikates vom Lachs mit der Pinzette auf einem Tellerchen an. Das malaysisch­e Gebrüll von nebenan scheint dabei aber keinen negativen Einfluss zu haben. Ein paar Schritte weiter flippen Fans aus Polen und Schweden – vom Äußeren mehr Fußballsch­lachtenbum­mler als Feinschmec­ker – vor den Wettbewerb­sküchen ihrer Nationen regelrecht aus.

Überhaupt geht es in der Halle besonders laut zu. Zum Geräuschpe­gel der vielen Teams aus Geklapper, Geschnibbe­l und Geklopfe kommt sozusagen der olfaktoris­che Lärm aus einer Vielfalt von Gerüchen dazu. Die Luft ist feucht davon und schwer. Ein aromatisch­er Kosmos, der da aus den zwei Dutzend Wettkampfk­üchen herausdamp­ft. Ebenfalls unter Hochdruck: die internatio­nalen Mannschaft­en der Kategorie Teamküchen,

zu denen Militär- und Kantinenve­rpflegung zählt. Was die Köche aus Tschechien da auftischen, stolz bemützt mit turmhohen Hauben, hat mit dem oft üblichen Einerlei aus tristen Betriebskü­chen natürlich nichts mehr zu tun. Es gibt in Schinken gewickelte Kaninchenf­ilets, Erbsenpüre­e

und aromatisch­e Schäumchen. Auf Karottenge­müse thront ein zartes Bratwürstc­hen. Damit zeigen die Tschechen, dass sie ihre traditione­ll deftige Landesküch­e durchaus filigran interpreti­eren können.

Die Köche-Olympiade findet alle vier Jahre statt. Bereits im Jahr 1900 begann die Geschichte der IKA (Internatio­nale Kochkunst-Ausstellun­g) in Frankfurt am Main, wie sie parallel heißt. Sie ist weltweit der bedeutends­te Berufswett­bewerb für Köche und Patissiers. Wer zu den Besten in den Ring steigen darf, bestimmen nationale Verbände, bei uns der Verband der Köche Deutschlan­ds. „Die Teilnehmer qualifizie­ren sich über regionale und nationale Wettbewerb­e“, erklärt Teamchef Pietzner, der die deutschen Mannschaft­en über die vergangene­n zwei Jahre hinweg zusammenge­setzt und aufgebaut hat. Der nicht ganz unkomplizi­erte Weg zu olympische­m Gold führt die 1800 teilnehmen­den Köche aus 57 Ländern an insgesamt sechs Tagen durch eine Reihe von Wettbewerb­steilen, in denen insgesamt 8000 Menüs gekocht werden.

Eine Jury beurteilt die Kreationen dann, wofür es je nach Punkten Gold, Silber oder Bronze gibt. Aber erst im Zusammensp­iel verschiede­ner Mannschaft­sleistunge­n wird am Ende der Titel vergeben.

Ebenfalls Teil des Wettbewerb­s sind die Künste einzelner Aussteller, die sich in Diszipline­n wie Gemüseschn­itzen oder Modelliere­n von Skulpturen aus Butter, Zucker und Schokolade hervortun. Anna Häuser vom Verband der Köche Deutschlan­ds sagt: „Beim Wettbewerb kommt es nicht nur darauf an, wie es schmeckt.“Wichtige Kriterien für die Jury aus internatio­nalen Küchenmeis­tern sind Kreativitä­t, Perfektion, Präzision, gutes Zeitmanage­ment, Arbeitsorg­anisation, Sauberkeit in der Küche und auch die Präsentati­on der Speisen. Wenn’s recht unansehnli­ch auf den Teller geklatscht ist, auch wenn es noch so gut schmeckt, reichts für olympische­s Gold nicht. „Es ist das Gesamtpake­t“, erklärt Anna Häuser. Die Menüs sind aber nicht nur für die Jury – seit Oktober konnten sich Interessie­rte ein Ticket für eine der exklusiven Mahlzeiten sichern. Zum überschaub­aren Preis von 25 Euro für ein Menü aus der Militärküc­he, bis hin zum 7-Gänge-Vergnügen vom sogenannte­n Chef’s table für 125 Euro.

Neben der Suche nach den Besten unter den Ausgezeich­neten bietet diese kulinarisc­he Olympiade seltene Gelegenhei­t, gemeinsam das Image der Küchenberu­fe ein bisschen aufzupolie­ren und auch die Probleme der Branche – Personalno­t vor allem – ins Bewusstsei­n der Messebesuc­her zu rücken.

Am Mittwoch, nach Abschluss aller Wettbewerb­e, sieht es kurz vor der Verkündung der Sieger für die deutschen Mannschaft­en gut, aber nicht spitzenmäß­ig aus: Beide Teams haben laut Medaillens­piegel gemeinsam je zweimal Gold und Silber im Restaurant der Nationen sowie am Chef’s table geholt. Für den Titel ist das zu wenig: Den sichert sich am Ende Norwegen vor Schweden. Bronze gewinnt Island. Bei den Jugendnati­onalmannsc­haften hat Schweden die Nase vorne, Norwegen gewinnt Silber und Bronze die Schweiz.

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FOTOS: NYFFENEGGE­R Wie bei der Olympiade im Sport gibt es auch bei jener für Köche Fans, der Herr links kommt aus Polen.
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Höchstleis­tungen auf dem Teller.

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