Lindauer Zeitung

Wie sich die Kinos in der Region behaupten

Die goldenen Zeiten des Kinos sind vorbei – Doch die Branche ist trotzdem optimistis­ch

- Von Thilo Bergmann

- Fast 120 Millionen verkaufte Tickets und ein Umsatz von mehr als einer Milliarde Euro - die deutsche Kinobranch­e ist mit dem Jahr 2019 zufrieden.

„Wir sind sehr erleichter­t, dass sich der deutsche Kinomarkt so deutlich erholt hat,“so Peter Dinges von der Filmförder­ungsanstal­t. Doch einfach nur Filme zeigen reicht oft nicht, wie ein Blick in die Region zeigt.

Peter Basmann ist Chef des Kinos in Lindau und ein Urgestein in der Branche. Der 65-Jährige betreibt die Kinos in Lindau (250 Plätze), Isny (240 Plätze) und Lichtenber­g (150 Plätze). „Die fetten Zeiten sind vorbei, da träumen wir alle davon“, sagt er im Gespräch mit Schwäbisch­e.de. Doch aufgeben, daran denkt Basmann nicht. In seinem Kino in Lindau mit zwei Leinwänden sieht er einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz mit acht oder mehr Leinwänden. „Die haben viel höhere Fixkosten“, sagt er.

Viele Zuschauer würden kleinere Kinos schätzen, glaubt Basmann. Dass die Besucher heute noch ins Kino gehen würden, das liege oft am Gemeinscha­ftserlebni­s. Christine Berg vom Hauptverba­nd Deutscher Filmtheate­r sieht das ähnlich: „Kino ist Kultur für alle.“

Das bestätigt auch Christian Bräuer vom Branchenve­rband „Arbeitsgem­einschaft Kino – Gilde deutscher Filmkunstt­heater“, der sich für eine unabhängig­e Kinowirtsc­haft einsetzt. Er sagt: „Um wettbewerb­sfähig zu bleiben, sind die Betreiber dabei, den Kulturort Kino noch attraktive­r zu machen. Kinos mit individuel­lem Flair finden mehr Zuspruch als anonyme Großraumki­nos oder Orte, die nicht kontinuier­lich gepflegt werden.“Christine Berg entgegnet allerdings, dass es nicht auf die Größe der Häuser ankomme. „Wir brauchen Vielfalt. Große und kleine Kinos existieren nebeneinan­der.“Unterschie­dliche Filme würden auch ein unterschie­dliches Publikum anziehen. Berg erkennt dennoch einen Trend: Die Digitalisi­erung verändert demnach die

Sehgewohnh­eiten und damit steigt auch der Bedarf an kleineren, luxuriöser ausgestatt­eten Sälen. Angst vor Streamingd­iensten hat der Lindauer Kinobetrei­ber Basmann übrigens nicht. Derzeit würden sich viele Anbieter auf dem Markt tummeln und gegenseiti­g unterbiete­n. Es gelte abzuwarten, wie sich der Markt entwickle. Aber er räumt ein: „Bei der Zielgruppe der 16- bis 25-Jährigen haben wir verloren.“Eine mögliche Erklärung liefert Thorsten Bennewitz vom Kino Central Center in Ehingen: „Die Jungen stecken ihr Geld lieber in Smartphone­s.“„Der Einfluss von Streaming auf Programmki­no wird überschätz­t“, ist Christian Bräuer vom Branchenve­rband überzeugt. „In den letzten Jahren haben sich die Besuchszah­len für Arthouse trotz ständigem Aufploppen neuer Streaming-Anbieter stabilisie­rt bis verbessert.“Eher der DVD-Handel als die Kinos hätten hier eingebüßt.

Christian Bräuer ist davon überzeugt, dass das Filmangebo­t in Kinos durch Streaming noch besser werde, weil das Publikum kritischer geworden ist. „Für mittelmäßi­ge Filme geht niemand ins Kino.“

Er macht dabei auch deutlich, dass die Verleihpra­xis vielen Kinobetrei­bern derzeit noch das Leben schwermach­e und fordert: „Entscheide­nd für die Zukunft wird sicher sein, dass Kinos auch Programmfr­eiheit haben und fair mit Filmen beliefert werden.“

„Ich bin zuversicht­lich, dass das Kino nicht sterben wird“, sagt Kinobetrei­ber Basmann aus Lindau. Die Digitalisi­erung hätte letztlich auch viele positive Effekte gehabt, auch bei der Qualität und Verfügbark­eit der Filme. Torsten Bennewitz vom Kino Central Center in Ehingen erzählt, dass er erst kürzlich seinen Pachtvertr­ag für fünf weitere Jahre verlängert hat, dann winkt der Ruhestand.

Solange wird es mit ihm auch das Kino geben, ist er sich sicher.

Auch wenn das vergangene Jahr gut verlaufen ist, sei es manchmal schwer, mit seinen zwei Sälen (300 und 200 Sitzplätze) dem Angebot großer Häuser oder dem Freizeitan­gebot der Region etwas entgegenzu­setzen, meint Bennewitz. Dennoch gibt es auch bei ihm im Kino kulturelle Abende mit anspruchsv­ollen Filmen. Und auch andere Kinos locken mit besonderen Angeboten: Im Kino-Center in Mengen (Landkreis Sigmaringe­n) werden zum Beispiel regelmäßig die Vorführung­en der MET-Oper aus New York live übertragen und im Regina 2000 in Ellwangen gibt es eine Bewirtung direkt im Kinosaal. Die Filmförder­ungsanstal­t ist optimistis­ch, was die Zukunft des Kinos angeht. Die Zahl der Kinostando­rte ist im fünften Jahr in Folge gestiegen, ebenso die Zahl der Sitzplätze, Leinwände, Spielstätt­en und

Kinountern­ehmen. Auch in BadenWürtt­emberg und Bayern sehen die Kinozahlen 2019 gut aus. „Insbesonde­re die Zahl der Standorte ist für uns sehr bedeutend, denn sie sind die harte Währung in unserem Geschäft,“so Peter Dinges von der Filmförder­ungsanstal­t.

„Wir blicken positiv in die Zukunft, wissen aber gleichzeit­ig, dass wir dafür anpacken müssen“, sagt Christian Bräuer von der „Arbeitsgem­einschaft Kino“und ergänzt: „Es beginnen gerade sehr viele junge und dynamische Nachwuchs-Kinobetrei­ber ihre Arbeit, deren Optimismus und Innovation­slust ansteckend sind.“„Die Stimmung ist solide, ich sehe die Zukunft sehr positiv“, sagt Christine Berg vom Hauptverba­nd Deutscher Filmtheate­r und ergänzt: „Kinobetrei­ber sind es gewohnt, dass es auf und ab geht. Die Kinos werden sich auch in Zukunft immer wieder neu aufstellen.“

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FOTO: TOBIAS REHM Peter Basmann ist der Chef des Lindauer, Isnyer und Lichtenber­ger Kinos.

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