Airbag-Weste und Laser-Licht
Es gibt eine Menge Zubehör, das die Sicherheit von Fahrradfahrern auf der Straße erhöhen soll – Doch nicht alles ist sinnvoll
Ein Wortungeheuer legt fest, was ein Fahrrad straßentauglich macht: die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung, kurz StVZO. Darin steht, dass zum Beispiel eine „helltönende Klingel“montiert sein muss oder neben Beleuchtung und „zwei unabhängig voneinander wirkenden Bremsen“auch diverse Reflektoren.
Das Geschäft rund ums Rad boomt, die Vielfalt der Modelle nimmt zu und die des Zubehörs mit immer mehr Sicherheitsfeatures. „Was das Thema Gadgets betrifft, ist es etwas unübersichtlich geworden“, sagt David Koßmann vom Pressedienst-Fahrrad (pd-f).
So tauchen im Netz UmschnallBlinker für die Handrücken auf, die ähnlich wie blinkende Handschuhe als Richtungsanzeiger dienen sollen. Sie funktionieren aber selten gut. Oder kleine Rückspiegel, die wie ein Fitnessarmband am Unterarm Platz finden. Smarte Helme dokumentieren die Konnektivität am Rad einmal mehr. Und Handyhalterungen müssen auch mehr können, als nur das Telefon aufnehmen, zum Beispiel als Powerbank oder Positionslicht dienen. „Vieles, was man bekommen kann, fällt für mich unter Spielerei“, schränkt Koßmann ein. Vieles könne das Radeln aber auch sicherer machen.
Stichwort smarter Helm: Als ein kleines Multitalent vermarktet Hersteller Livall das Modell BH51 M Neo (ca. 170 Euro). So kann die rundum beleuchtete Sicherheitskopfbedeckung zum Beispiel blinken. Um die Fahrtrichtung über LEDs an der Rückseite anzuzeigen, genügt ein Tastendruck an der Lenkerfernbedienung. Eingebaute Lautsprecher geben Naviansagen, Musik oder Anrufe vom Bluetooth-gekoppelten Telefon wieder. Ein Mikrofon ist ebenfalls integriert. Wird gebremst, leuchtet das Rücklicht am Helm heller auf. Ein ähnliches Produkt ist der Helm Lumos (ca. 250 Euro) aus den USA mit individualisierbarem Matrix-Rücklicht,
das ebenfalls als Fahrtrichtungsanzeiger genutzt werden kann. Selbst den Rucksack mit Richtungsanzeige gibt es schon – von Roadwarez (ca. 230 Euro).
Verkehrssicherheitsexperten heben immer wieder hervor, wie wichtig unterwegs vor allem das Gesehenwerden ist. Nicht umsonst führt die StVZO eine Vielzahl von Reflektoren auf – die an vielen verkauften Rädern aber oft fehlen. Und nicht umsonst sind viele Produkte rund ums Fahrrad wahre Leuchtwunder. Zum Beispiel Laserlicht-Rückstrahler. Dabei handelt es sich um eine Art moderne Variante des alten Ausklappwimpels für den Gepäckträger, sagt David Koßmann, „ein Aufmerksamkeits-Gadget.“Die oft kompakten Teile werden hinten am Rad fixiert und projizieren Linien auf den Boden, um dem Radler auf der Straße
einen Schutzraum zu markieren. Mehrere Hersteller bieten solche Laser-Projektoren an.
Generell dürfen batteriebetriebene Lichtanlagen inzwischen an allen Fahrrädern verwendet werden. Alle angebrachten Leuchtmittel benötigen jedoch eine Prüfnummer, die aus einer Wellenlinie, dem Buchstaben „K“und einer Ziffernfolge besteht. „Ist das Fahrrad nicht vorschriftsmäßig ausgestattet und wird dadurch die Verkehrssicherheit wesentlich beeinträchtigt, drohen Bußgelder“, informiert der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) auf seiner Website – in heftigen Fällen bis zu 80 Euro und einem Punkt in Flensburg.
Vorsicht ist bei Blinkern geboten, die fest am Rad montiert werden, etwa den Winglights von Cycl (ab 20 Euro), die in die Enden der Lenkerstange gesteckt werden, oder Displays
fürs Sattelrohr. Blinker sind nur bei mehrspurigen Fahrrädern erlaubt, zum Beispiel Liegedreirädern. Doch „zusätzliche Beleuchtung an Helm, Rucksack oder Taschen ist erlaubt und darf auch blinken“, heißt es beim pd-f.
Rechtlich gesehen ersetzen Reflektorflächen an Radkleidung, Beinlingen, Überschuhen oder Rucksäcken nicht die vorgeschriebenen Rückstrahler, doch sie können eine ähnliche oder bessere Funktion haben. So sorgt beim Commuter Daypack von Ortlieb (ca. 200 Euro) ein rundum eingearbeitetes Reflektionsgarn großflächig für gute Sichtbarkeit im Dunkeln. Bei Tageslicht bleibt der Rucksack unauffällig schwarz – ein Vorteil für modebewusste Radler, die sich ungern mit Signalfarben schmücken.
Speziell, aber funktional ist die
Radler-Jeans von Maloja mit StretchEinsatz im Gesäßbereich und reflektierenden Elementen am Beinumschlag auf der Rückseite der Hose (ca. 165 Euro). Beim Radeln bewegen sich die Reflektor-Elemente wie die Rückstrahler an den Pedalen optisch auf und ab – ein ins Auge fallendes Sicherheitsplus.
Zu den Zubehörartikeln, die Unfällen vorbeugen sollen, zählt auch die Trigger Bell (ca. 12 Euro), die mit einer Handbewegung gleichzeitiges Klingeln und Bremsen ermöglicht und dadurch den Bremsweg verkürzen soll. Oder auch Garmins Abstandsradar, der an Lenkerdisplay oder kompatiblen Fahrradcomputer rückwärtigen Verkehr anzeigt.
Selbst eine Handyhalterung, wie sie zum Beispiel Quad Lock oder Messingschlager im Programm haben, steigert die Sicherheit. „Ein absoluter Riesenvorteil“, findet Koßmann. Denn das Halten und gleichzeitige Benutzen der Geräte während der Fahrt birgt wie im Auto Risiken – und ist verboten.
Der eingangs erwähnte LivallHelm kann übrigens auch einen Notruf absetzen. Für solche Funktionen sorgen spezielle Sensoren, die Bewegung, Neigung, Beschleunigung und Stürze registrieren. Entsprechende Technik nutzen auch der AirbagHelm von Hövding oder die AirbagWeste B'Safe der Marke Helite (ca. 690 Euro). Bei Unfällen soll sich das Luftkissen der Weste blitzschnell aufblasen und den Oberkörper vor der Aufprallenergie schützen.
Crashsensoren sind für Koßmann bei allem möglichen Nutzen im Notfall allerdings eine „zweischneidige Sache“. Über die gyroskopischen Sensoren zeichneten die Hersteller fortwährend Bewegungsprofile auf. Das wirft Fragen zum Datenschutz auf: „Weiß ich, was mit den Daten passiert, wenn Firmen pleitegehen? Liegen sie auf sicheren Servern? Werden sie weiter verkauft?“Smarten Zusatzschutz gibt es, aber – so kann man zusammenfassen – neben den teils saftigen Verkaufspreisen eben nicht zum Nulltarif. (dpa)