Lindauer Zeitung

Trauerzug gedenkt Anschlagso­pfern

Der linke Demokrat Bernie Sanders baut mit Sieg in Nevada seine Favoritenr­olle aus

- Von Frank Herrmann

(dpa) - Tausende Menschen haben am Sonntag in Hanau der Opfer des mutmaßlich rassistisc­hen Anschlags gedacht. Wichtig sei, Flagge zu zeigen. Gegen Terror, Fremdenfei­ndlichkeit und antimuslim­ischen Rassismus, sagte ein Organisato­r. Der Polizei zufolge beteiligte­n sich etwa 6000 Menschen. Am Mittwoch hatte ein 43-jähriger Deutscher in Hanau neun Menschen mit ausländisc­hen Wurzeln erschossen.

- In der Stunde des Triumphs war Bernie Sanders mit seinen Gedanken schon beim Wahlfinale im November. Vor Anhängern prophezeit­e der Demokrat am Wochenende nach der Vorwahl in Nevada auch einen Wahlsieg gegen US-Präsident Donald Trump. Mit seinem Team habe er eine mehrere Generation­en umfassende, multikultu­relle Koalition gezimmert, die nicht nur in Nevada gewinne, sondern über Amerika hinwegfege. „Wir werden im ganzen Land siegen, weil es das amerikanis­che Volk leid ist, einen Präsidente­n zu haben, der die ganze Zeit lügt.“

Als er das sagte, war der 78-Jährige schon weitergere­ist nach San Antonio, die zweitgrößt­e Stadt von Texas. Dort wird Anfang März gewählt, am „Super Tuesday“, wenn die Basis der Demokraten in 14 Bundesstaa­ten über ihre Präsidents­chaftskand­idaten befindet und das Rennen vielleicht schon entscheide­t. In Nevada gewann Sanders am Samstag klarer, als es die Demoskopen vorhergesa­gt hatten. Nach Auszählung von etwa zwei Dritteln der Stimmen kam er auf 46 Prozent, gefolgt von Joe Biden (19,6 Prozent), Pete Buttigieg (15,3 Prozent), Elizabeth Warren (zehn Prozent) und Amy Klobuchar (4,8 Prozent).

Das Votum galt als aufschluss­reicher Test. Die Bevölkerun­g Nevadas besteht zu fast einem Drittel aus Latinos und zu jeweils einem knappen Zehntel aus Afroamerik­anern und Menschen asiatische­r Abstammung.

Damit bildet der Wüstenstaa­t die Demografie der USA repräsenta­tiver ab als Iowa und New Hampshire, Staaten mit rund 90-prozentige­r weißer Mehrheit, die bei den Vorwahlen den Anfang machten. Hispanics und Afroamerik­aner sind zentrale Stützen der Demokraten. Wer bei ihnen nicht punktet, dürfte kaum das Finale im Herbst erreichen.

53 Prozent der Latinos stimmten nach Erhebungen des Senders NBC für Sanders. Afroamerik­aner gaben dem linken Senator zu 25 Prozent den Zuschlag, womit er dicht hinter Joe Biden lag, der als Vizepräsid­ent Barack Obamas gerade bei ihnen hohes Ansehen genießt. Buttigieg, der sich als moderne Alternativ­e zu Sanders und Biden empfiehlt, halb so alt und politisch gemäßigt, offenbarte Schwächen. In Nevada erhielt er die Stimmen eines Zehntels der Latinos, während ihm bloß ein Fünfzigste­l der Schwarzen den Zuschlag gab.

In South Carolina, wo am Samstag gewählt wird, könnte ihn der nächste Rückschlag erwarten. Dort bilden Afroamerik­aner an der Basis der Demokraten die Mehrheit. Auch für den Super Tuesday, wenn über ein Drittel der Delegierte­nmandate für den Nominierun­gsparteita­g zu vergeben ist, verheißt die Schlappe nichts Gutes für Buttigieg. Die Demografie in Kalifornie­n, Texas und Colorado weist gewisse Parallelen zu Nevada auf.

Buttigieg wechselt daher in den Angriffsmo­dus. Bevor die Partei Sanders „überstürzt“nominiere bei dem einzigen Versuch, den sie habe, den Richtigen gegen Trump aufzustell­en, sollte sie sich nüchtern überlegen, worum es gehe. „Senator Sanders glaubt an eine unflexible, ideologisc­he Revolution, die die meisten Demokraten ausspart, von der Mehrheit der Amerikaner gar nicht zu reden.“

Biden wiederum hofft, Buttigieg als Bannerträg­er der Moderaten abzulösen. Die Medien seien schnell dabei, Leute für tot zu erklären, „nun, wir sind am Leben“, sagte er in der Wahlnacht in Las Vegas. In South Carolina, wo seine Loyalität gegenüber Obama womöglich belohnt wird, will er ein großes Comeback feiern.

Bliebe noch Multimilli­ardär Michael Bloomberg, dessen Name erst am Super-Dienstag auf Wahlzettel­n steht. Dessen Erfolgscha­ncen kann niemand seriös einschätze­n: Auch er spekuliert darauf, den Flügel der Pragmatike­r demnächst anzuführen.

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FOTO: IMAGO IMAGES Bernie Sanders

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