Lindauer Zeitung

Hardliner siegen in Iran

Verhältnis zum Westen wird nach Wahl schwierige­r

- Von Thomas Seibert

- Ein Sieg der Hardliner und die mit 42,6 Prozent niedrigste Wahlbeteil­igung seit der Revolution von 1979 sind die wichtigste­n Resultate der Parlaments­wahl in Iran vom Freitag. Obwohl das Parlament in der Außenpolit­ik keine große Rolle spielt, wird die Wahl Folgen für das Verhältnis zwischen der Islamische­n Republik und der Außenwelt haben. Iran dürfte unberechen­barer werden – und die Lage im Nahen Osten gefährlich­er.

Die Hardliner haben nach ersten Auszählung­en eine große Mehrheit im Parlament und könnten mit dem ehemaligen Revolution­sgardisten und Ex-Bürgermeis­ter von Teheran, Mohammed Bagher Ghalibaf, den neuen Parlaments­präsidente­n stellen. Die Reformer hingegen rutschten ab. Bei der Wahl 2016 hatten sie alle 30 Parlaments­sitze für Teheran erobert – diesmal konnten sie laut dem staatliche­n Fernsehen kein Mandat in der Hauptstadt verteidige­n. Da der konservati­ve Wächterrat viele Reformer von einer Kandidatur ausgeschlo­ssen hatte, war der klare Sieg der Hardliner zu erwarten: Revolution­sführer Ajatollah Ali Khamenei, der den Wächterrat kontrollie­rt, wollte den Sieg seiner Anhänger sicherstel­len.

Nun werden sich Khameini-Gefolgsleu­te und andere Hardliner für die Vollendung der Machtübern­ahme bei der Präsidente­nwahl 2021 warmlaufen. Der Gestaltung­sspielraum des Reformers und Amtsinhabe­rs Hassan Ruhani wird in seinem letzten Amtsjahr

beschnitte­n. Seine Regierung hatte auf einen Wirtschaft­saufschwun­g gesetzt, weil das von ihr unterzeich­nete Atomabkomm­en von 2015 vorsah, dass die westlichen Sanktionen abgebaut würden. Doch der Aufschwung blieb aus, auch weil US-Präsident Donald Trump sich aus dem Abkommen verabschie­dete und Sanktionen gegen Iran verhängte. Die Krise wurde schlimmer.

Viele Wähler waren nicht nur von Ruhanis Scheitern in der Wirtschaft­spolitik enttäuscht, sondern auch frustriert davon, dass Korruption, Misswirtsc­haft und Repression schlimmer wurden. Immer mehr Menschen dürften sich nun vom System abwenden und die Regierung unter Khamenei verstärkt auf Repression setzen.

Auch neue Sanktionen aus Washington sind absehbar, die Chancen für die Europäer, das Atomabkomm­en von 2015 zu retten, sinken weiter. Die iranische Reaktion darauf wird künftig heftiger ausfallen. Die Revolution­sgarde, vom Wahlsieg ihrer Verbündete­n zusätzlich gestärkt, wird ihre aggressive Politik im Nahen Osten und ihr Raketenpro­gramm mit neuem Schwung fortsetzen. Damit droht im Nahen Osten genau jene Eskalation, die vor fünf Jahren durch den Atomvertra­g verhindert werden sollte.

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FOTO: DPA Hassan Ruhani

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