Hardliner siegen in Iran
Verhältnis zum Westen wird nach Wahl schwieriger
- Ein Sieg der Hardliner und die mit 42,6 Prozent niedrigste Wahlbeteiligung seit der Revolution von 1979 sind die wichtigsten Resultate der Parlamentswahl in Iran vom Freitag. Obwohl das Parlament in der Außenpolitik keine große Rolle spielt, wird die Wahl Folgen für das Verhältnis zwischen der Islamischen Republik und der Außenwelt haben. Iran dürfte unberechenbarer werden – und die Lage im Nahen Osten gefährlicher.
Die Hardliner haben nach ersten Auszählungen eine große Mehrheit im Parlament und könnten mit dem ehemaligen Revolutionsgardisten und Ex-Bürgermeister von Teheran, Mohammed Bagher Ghalibaf, den neuen Parlamentspräsidenten stellen. Die Reformer hingegen rutschten ab. Bei der Wahl 2016 hatten sie alle 30 Parlamentssitze für Teheran erobert – diesmal konnten sie laut dem staatlichen Fernsehen kein Mandat in der Hauptstadt verteidigen. Da der konservative Wächterrat viele Reformer von einer Kandidatur ausgeschlossen hatte, war der klare Sieg der Hardliner zu erwarten: Revolutionsführer Ajatollah Ali Khamenei, der den Wächterrat kontrolliert, wollte den Sieg seiner Anhänger sicherstellen.
Nun werden sich Khameini-Gefolgsleute und andere Hardliner für die Vollendung der Machtübernahme bei der Präsidentenwahl 2021 warmlaufen. Der Gestaltungsspielraum des Reformers und Amtsinhabers Hassan Ruhani wird in seinem letzten Amtsjahr
beschnitten. Seine Regierung hatte auf einen Wirtschaftsaufschwung gesetzt, weil das von ihr unterzeichnete Atomabkommen von 2015 vorsah, dass die westlichen Sanktionen abgebaut würden. Doch der Aufschwung blieb aus, auch weil US-Präsident Donald Trump sich aus dem Abkommen verabschiedete und Sanktionen gegen Iran verhängte. Die Krise wurde schlimmer.
Viele Wähler waren nicht nur von Ruhanis Scheitern in der Wirtschaftspolitik enttäuscht, sondern auch frustriert davon, dass Korruption, Misswirtschaft und Repression schlimmer wurden. Immer mehr Menschen dürften sich nun vom System abwenden und die Regierung unter Khamenei verstärkt auf Repression setzen.
Auch neue Sanktionen aus Washington sind absehbar, die Chancen für die Europäer, das Atomabkommen von 2015 zu retten, sinken weiter. Die iranische Reaktion darauf wird künftig heftiger ausfallen. Die Revolutionsgarde, vom Wahlsieg ihrer Verbündeten zusätzlich gestärkt, wird ihre aggressive Politik im Nahen Osten und ihr Raketenprogramm mit neuem Schwung fortsetzen. Damit droht im Nahen Osten genau jene Eskalation, die vor fünf Jahren durch den Atomvertrag verhindert werden sollte.