Die kleinen Brüder des Dax
Nebenwerte haben den Bluechips am deutschen Aktienmarkt zuletzt die Schau gestohlen
- Sie stehen stets im Schatten des großen Bruders Dax (Deutscher Aktienindex), obwohl sie doch selbst immer wieder Erfolgsgeschichten an der Börse schreiben. Die Rede ist von den anderen Mitgliedern der Dax-Indexfamilie, die MDax, SDax und TecDax umfasst. „Ein Blick auf die zweite und dritte Reihe lohnt immer“, sagt dazu Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW).
Am engsten mit dem Dax verwandt ist der MDax, der seit 1996 die Börsenentwicklung der 60 nächstgrößeren Aktienwerte nach den 30 Dax-Titeln abbildet. Das „M“steht zwar für Midcaps, die Liste der Indexmitglieder mit Firmen wie Airbus, Dürr, Evotec oder Puma zeigt aber, dass der Begriff mittelständische Unternehmen eher eine Untertreibung ist. Ihre Mitgliedschaft im MDax verdanken die 60 Konzerne jedenfalls ihrem Börsenumsatz und der Marktkapitalisierung ihrer Aktien im Streubesitz – Kriterien, nach denen sie die Plätze 31 bis 90 unter den größten deutschen Aktiengesellschaften belegen. Basis der Berechnung ist der 30. Dezember 1987 mit einem Wert von 1000 Punkten.
„Der MDax wird gerne als Superstar der Indexfamilie bezeichnet, weil er im Grunde seit zehn Jahren auf Rekordjagd ist“, sagt Kurz. So legte der Index in dem Jahrzehnt bis Ende 2019 um 277 Prozent zu. Auch im vergangenen Jahr hat er mit einem Plus von 30 Prozent dem Dax die Schau gestohlen, der nur um 25 Prozent geklettert ist. Da der MDax mit 60 Titeln breit aufgestellt ist, kann er zahlreiche Branchen abdecken, die die Stärke des deutschen Mittelstands repräsentieren. „Dort tummeln sich eine Reihe von Weltmarktführern“, erläutert DSW-Experte Kurz. Es befinden sich ebenso
Automobilzulieferer wie auch Versicherer sowie Banken, Immobilienunternehmen, Chemie- und TechKonzerne auf der Mitgliederliste.
Als Überflieger haben sich zuletzt Varta, Delivery Hero, Dialog Semiconductor, Zalando oder Nemetschek hervorgetan. Je nach Marktsituation kann es sein, dass der MDax zunächst hinter dem großen Bruder hinterherhinkt. Denn insbesondere ausländische Anleger greifen bei guten Börsenaussichten zunächst zu Dax-Aktien, was eine verspätete Reaktion des MDax zur Folge haben kann. Wenn man einen solchen Zeitpunkt abpassen kann und als Anleger einsteigt, bevor der MDax nachzieht, können rasche Kursgewinne winken.
Die Deutsche Börse, die die Indizes fortlaufend berechnet, schaut sich deren Zusammensetzung halbjährlich im März und September an, um gegebenenfalls Änderungen vorzunehmen. Zuletzt musste Thyssenkrupp seinen Dax-Platz zugunsten von MTU räumen und stieg in den MDax ab. Dagegen stiegen im Dezember Teamviewer und Varta in den MDax auf, während Fielmann und der Mobilfunker 1 & 1 in den SDax weichen mussten.
Dort, im SDax, der für „Small Caps“steht, finden sich die 70 größten und meist gehandelten Unternehmen der klassischen Branchen unterhalb des MDax. Auch diesem „kleinen Bruder“gelang es 2019, mit einem Plus von 31,6 Prozent den Dax zu schlagen. „Nebenwerte können eben das Salz in der Suppe des Depots sein“, wie Kurz sagt.
Bliebe noch der TecDax, der die kleinere deutsche Ausführung des US-amerikanischen Nasdaq 100 darstellt und eine etwas unrühmliche Vergangenheit hat. Der TecDax wurde nämlich 2003 als Nachfolger des Nemax ins Leben gerufen, der den kometenhaften Aufstieg ebenso wie den tiefen Fall des Neuen Markts verkörperte. Heute sind im TecDax Aktien aus den Bereichen Industrie 4.0,
Internet, Telekommunikation, Informationstechnologie, Software, Biotech oder Medtech vertreten. Unter den 30 Titeln finden sich mit der Telekom, Infineon, SAP und Wirecard vier Dax-Titel, auch Werte aus dem MDax sind vertreten. Diese Regel, wonach Aktien auch in mehreren Indizes gelistet werden, ist seit 2018 erlaubt.
Die gesamte Dax-Familie wird sowohl als Kurs- als auch Performanceindex, der die vollständige Reinvestition der Dividenden einpreist, berechnet. Aber nur der Dax wird üblicherweise als Performanceindex angegeben. Die Aufnahme in den Prime Standard, deren Mitglieder besonders hohe Transparenzstandards erfüllen, ist Voraussetzung für die Aufnahme in einen Index der DaxFamilie. Im Ranking mit den weltgrößten Indizes belegte der MDax 2019 direkt hinter dem US-Technologiewerte-Index Nasdaq den zweiten Rang. Es folgten S- und TecDax auf Rang drei und vier. Der Dax landete auf dem neunten Platz hinter dem Dow Jones und dem Nikkei.