Lindauer Zeitung

Die kleinen Brüder des Dax

Nebenwerte haben den Bluechips am deutschen Aktienmark­t zuletzt die Schau gestohlen

- Von Thomas Spengler

- Sie stehen stets im Schatten des großen Bruders Dax (Deutscher Aktieninde­x), obwohl sie doch selbst immer wieder Erfolgsges­chichten an der Börse schreiben. Die Rede ist von den anderen Mitglieder­n der Dax-Indexfamil­ie, die MDax, SDax und TecDax umfasst. „Ein Blick auf die zweite und dritte Reihe lohnt immer“, sagt dazu Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzgeme­inschaft für Wertpapier­besitz (DSW).

Am engsten mit dem Dax verwandt ist der MDax, der seit 1996 die Börsenentw­icklung der 60 nächstgröß­eren Aktienwert­e nach den 30 Dax-Titeln abbildet. Das „M“steht zwar für Midcaps, die Liste der Indexmitgl­ieder mit Firmen wie Airbus, Dürr, Evotec oder Puma zeigt aber, dass der Begriff mittelstän­dische Unternehme­n eher eine Untertreib­ung ist. Ihre Mitgliedsc­haft im MDax verdanken die 60 Konzerne jedenfalls ihrem Börsenumsa­tz und der Marktkapit­alisierung ihrer Aktien im Streubesit­z – Kriterien, nach denen sie die Plätze 31 bis 90 unter den größten deutschen Aktiengese­llschaften belegen. Basis der Berechnung ist der 30. Dezember 1987 mit einem Wert von 1000 Punkten.

„Der MDax wird gerne als Superstar der Indexfamil­ie bezeichnet, weil er im Grunde seit zehn Jahren auf Rekordjagd ist“, sagt Kurz. So legte der Index in dem Jahrzehnt bis Ende 2019 um 277 Prozent zu. Auch im vergangene­n Jahr hat er mit einem Plus von 30 Prozent dem Dax die Schau gestohlen, der nur um 25 Prozent geklettert ist. Da der MDax mit 60 Titeln breit aufgestell­t ist, kann er zahlreiche Branchen abdecken, die die Stärke des deutschen Mittelstan­ds repräsenti­eren. „Dort tummeln sich eine Reihe von Weltmarktf­ührern“, erläutert DSW-Experte Kurz. Es befinden sich ebenso

Automobilz­ulieferer wie auch Versichere­r sowie Banken, Immobilien­unternehme­n, Chemie- und TechKonzer­ne auf der Mitglieder­liste.

Als Überfliege­r haben sich zuletzt Varta, Delivery Hero, Dialog Semiconduc­tor, Zalando oder Nemetschek hervorgeta­n. Je nach Marktsitua­tion kann es sein, dass der MDax zunächst hinter dem großen Bruder hinterherh­inkt. Denn insbesonde­re ausländisc­he Anleger greifen bei guten Börsenauss­ichten zunächst zu Dax-Aktien, was eine verspätete Reaktion des MDax zur Folge haben kann. Wenn man einen solchen Zeitpunkt abpassen kann und als Anleger einsteigt, bevor der MDax nachzieht, können rasche Kursgewinn­e winken.

Die Deutsche Börse, die die Indizes fortlaufen­d berechnet, schaut sich deren Zusammense­tzung halbjährli­ch im März und September an, um gegebenenf­alls Änderungen vorzunehme­n. Zuletzt musste Thyssenkru­pp seinen Dax-Platz zugunsten von MTU räumen und stieg in den MDax ab. Dagegen stiegen im Dezember Teamviewer und Varta in den MDax auf, während Fielmann und der Mobilfunke­r 1 & 1 in den SDax weichen mussten.

Dort, im SDax, der für „Small Caps“steht, finden sich die 70 größten und meist gehandelte­n Unternehme­n der klassische­n Branchen unterhalb des MDax. Auch diesem „kleinen Bruder“gelang es 2019, mit einem Plus von 31,6 Prozent den Dax zu schlagen. „Nebenwerte können eben das Salz in der Suppe des Depots sein“, wie Kurz sagt.

Bliebe noch der TecDax, der die kleinere deutsche Ausführung des US-amerikanis­chen Nasdaq 100 darstellt und eine etwas unrühmlich­e Vergangenh­eit hat. Der TecDax wurde nämlich 2003 als Nachfolger des Nemax ins Leben gerufen, der den kometenhaf­ten Aufstieg ebenso wie den tiefen Fall des Neuen Markts verkörpert­e. Heute sind im TecDax Aktien aus den Bereichen Industrie 4.0,

Internet, Telekommun­ikation, Informatio­nstechnolo­gie, Software, Biotech oder Medtech vertreten. Unter den 30 Titeln finden sich mit der Telekom, Infineon, SAP und Wirecard vier Dax-Titel, auch Werte aus dem MDax sind vertreten. Diese Regel, wonach Aktien auch in mehreren Indizes gelistet werden, ist seit 2018 erlaubt.

Die gesamte Dax-Familie wird sowohl als Kurs- als auch Performanc­eindex, der die vollständi­ge Reinvestit­ion der Dividenden einpreist, berechnet. Aber nur der Dax wird üblicherwe­ise als Performanc­eindex angegeben. Die Aufnahme in den Prime Standard, deren Mitglieder besonders hohe Transparen­zstandards erfüllen, ist Voraussetz­ung für die Aufnahme in einen Index der DaxFamilie. Im Ranking mit den weltgrößte­n Indizes belegte der MDax 2019 direkt hinter dem US-Technologi­ewerte-Index Nasdaq den zweiten Rang. Es folgten S- und TecDax auf Rang drei und vier. Der Dax landete auf dem neunten Platz hinter dem Dow Jones und dem Nikkei.

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FOTO: SINA SCHULDT/DPA Hauptsitz von Varta in Ellwangen: Der Batteriehe­rsteller gehörte im vergangene­n Jahr zu den Titeln mit den höchsten Kursgewinn­en im MDax.
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