Lindauer Zeitung

Der Überlebens­kampf verwildert­er Katzen

Auch im Oberallgäu vermehren sich die Tiere schnell – Vereine fordern Kastration­spflicht

- Von Bastian Hörmann

- Verwildert­e Hauskatzen werden für Tierschutz­vereine immer wieder zum Problem. Vor allem, wenn sie nicht kastriert sind. Denn dann vermehren sie sich rasend schnell. Die Tiere können aber ohne menschlich­e Hilfe nicht überleben, werden krank, abgemagert und „gehen elendig zugrunde“, sagt Tierschutz­beraterin Anke Maruschka.

Etwa einmal im Monat klingelt bei Iris Thalhofer das Telefon, wenn verwildert­e Katzen gemeldet werden. Die Immenstädt­er Tierheimle­iterin sagt: Das beginnt verstärkt im Frühjahr, wenn der Katzennach­wuchs zur Welt kommt. Betroffen sei vor allem der ländliche Raum; oft Bauernhöfe, weil die Tiere in offenen Ställen und Scheunen Unterschlu­pf finden. „Dann ruft wieder ein Landwirt an und sagt: Ich hab 20 Katzen am Hof“, berichtet Thalhofer. In solchen Fällen rücken die Tierschütz­er mit Lebendfall­en aus und fangen die Tiere mithilfe der Landwirte ein, um sie zu kastrieren und zu entwurmen. Nach solchen Aktionen verbessere sich die Situation vor Ort für einige Zeit und trete dann andernorts wieder auf. Zuletzt waren Oberstaufe­n und Rettenberg Schwerpunk­t, sagt Thalhofer.

Katzen bekommen zweimal im Jahr Nachwuchs, im Durchschni­tt vier Kätzchen. „Mit einem romantisch­en Leben in der Wildnis hat das aber nichts zu tun“, sagt Thalhofer. „Das ist ein Überlebens­kampf.“Das Fell der Tiere sei verfilzt, Augen oft verklebt und angeschwol­len, die Tiere abgemagert, Ohren mit Milben verdreckt. Außerdem plagen die Katzen Würmer, Flöhe, Zecken, Durchfall und Katzenschn­upfen. Ein Problem,

das mittlerwei­le laut Thalhofer und Maruschka hinzukommt: der Artenschut­z. „Die Katzen fressen Vögel, Eidechsen und etwa Blindschle­ichen.“Thalhofer appelliert an Katzenbesi­tzer, ihre Tiere kastrieren zu lassen.

Maruschka ist Mitglied bei den Tierschutz­vereinen in Kempten, Immenstadt und Sonthofen. Und sagt: Die Tiere, die in die Tierheime kommen, sind nur die Spitze des Eisbergs. Denn verwildert­e Katzen würden sich meist nicht zeigen, seien sehr scheu und würden teils nur nachts aus ihren Verstecken kommen. Sie und andere Tierschütz­er fordern deshalb eine Kastration­s- und Registrier­pflicht für Katzen, um das Problem einzudämme­n. Maruschka betont: „Diese kranken Katzen sind ein Verstoß gegen das Tierschutz­gesetz.“Es handle sich nicht um Wildtiere,

sondern um verwahrlos­te Haustiere.

Die Tierschütz­er im Oberallgäu treffen sich laut Maruschka mittlerwei­le regelmäßig zu einem runden Tisch. Sie wollen ihre Interessen künftig mit mehr Nachdruck vertreten. Ein Beispiel ist die Kastration­spflicht, die der Landkreis ihrer Meinung nach für Katzen einführen müsste. Der Freistaat hat diese Aufgabe an die Kreise weitergege­ben. Ein weiteres Ziel sei beispielsw­eise die Erhöhung der gemeindlic­hen Kostenerst­attungen für Fundtiere.

Im Kreisaussc­huss sagte der Oberallgäu­er Landrat Anton Klotz jüngst: „Ich sehe in unserem Flächenlan­dkreis keine Möglichkei­t, alle Katzen zu registrier­en und zu kastrieren. Das ist nicht umsetzbar.“Eine solche Vorschrift sei deshalb aus seiner Sicht im Oberallgäu nicht sinnvoll.

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ARCHIVFOTO: DPA/JULIAN STRATENSCH­ULTE Als sehr scheu beschreibt Iris Thalhofer verwildert­e Katzen. Außerdem sei ihr Fell meist ungepflegt. Laut Anke Maruschka können Hauskatzen innerhalb von zwei bis drei Monaten verwildern, wenn sie keinen festen Fress- und Schlafplat­z haben.

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