Eine Machtdemonstration in sieben Runden
Tyson Fury lässt dem bis dahin ungeschlagenen Schwergewichts-Weltmeister Deontay Wilder keine Chance
(dpa/SID) - Tyson Fury stimmte nach seiner beeindruckenden Machtdemonstration den Klassiker „American Pie“an, diese bittersüße Ballade von Don McLean gewidmet dem Lifestyle des Rock 'n' Roll, den er selbst nur zu gut kennt. Mehr als 15 000 elektrisierte Fans grölten im Box-Tempel MGM Grand Garden Arena in Las Vegas mit. Es war das bewegende Ende eines hochklassigen Schwergewichtskampfs, in dem Fury den WBC-Weltmeister Deontay Wilder regelrecht verprügelte. In der siebten Runde warf die Wilder-Ecke das Handtuch, schützte den aus dem Ohr blutenden und hilflosen Ex-Champion vor größeren gesundheitlichen Schäden.
„Der König ist zurück auf dem Thron“, tönte Fury nach seiner Lehrstunde für den bis dahin ungeschlagenen Wilder. Die gefürchtete Rechte des US-Amerikaners kam nie zur Entfaltung, der technisch bessere Fury dominierte mit schnellen Beinen und harten Treffern. Im Dezember 2018 hatte es im ersten Duell noch ein für Fury schmeichelhaftes Unentschieden
gegeben. „Diesmal wollte ich den Knock-out. Das war der einzige Weg, wie ich sicherstellen konnte, dass ich gewinne“, sagte Fury.
Nach einem protzigen Walk-in, bei dem sich der als König verkleidete Fury auf einem Thron zum Ring tragen ließ, zeigte der 31-Jährige auch im Ring royale Extraklasse. In der dritten Runde traf Fury Wilder mit der Linken am Ohr, schickte ihn mit der folgenden Rechten das erste Mal auf die Bretter. Die Kombination war der Anfang vom Ende. Nach dem Niederschlag war es um Wilder geschehen, Fury trieb ihn vor sich her und traf immer wieder hart.
„Der Bessere hat gewonnen, da gibt es keine Ausrede“, musste der 34-jährige Wilder eingestehen. Nach
Furys 30. Sieg (davon 21 durch K.o.) stellt sich in der Boxszene nur eine Frage: Was nun? Der „Gypsy King“hat zwei Optionen: Ein drittes Duell mit Wilder oder ein spektakulärer Vereinigungskampf mit Anthony Joshua. Sein britischer Landsmann hält die Gürtel der Verbände WBA, WBO und IBF, die Fury einst in seiner von Depressionen, Drogen und Dopingsperre geprägten dunklen Zeit hatte abgeben müssen.
„Wir sollten sofort AJ gegen Fury fixieren. Das könnte unsere Chance sein, einen unumstrittenen Champion zu haben“, ließ Joshua-Promoter Eddie Hearn verlauten. Bei Twitter forderte Hearn, dass der Kampf noch „dieses Jahr“steigen müsse. Der ungeschlagene Champion Fury will aber auch Wilder die Chance geben, die Trilogie zu vervollständigen. Falls jener kneift, soll eben ein anderer das Schicksal Wilders erfahren. „Wer als Nächstes kommt, wird die gleiche Behandlung bekommen. Das ist mal sicher“, tönte Fury. Denn er ist schließlich wieder da, wo er sich selbst sieht: auf dem Thron.