Das Abwehrexperiment ist gescheitert
Warum der FC Bayern in der Champions League wieder auf eine Viererkette setzen wird
- Die Bayern fliegen am Montag getrennt nach London. Eine Maschine mit den Verantwortlichen, unter anderem mit Ex-Präsident Uli Hoeneß und seiner Frau Susi, sowie Sponsoren geht um 10.55 Uhr nach Heathrow. Ein zweiter Flieger mit der Mannschaft und Sportdirektor Hasan Salihamidzic geht um 15 Uhr zum London City Airport.
Aus zwei Gründen: Erstens kann man so, und zwar um 11 Uhr, das Abschlusstraining an der heimischen Säbener Straße durchführen, und zweitens liegt der London City Airport näher und – vor allen Dingen – weniger stauanfällig am Teamquartier vor Ort, dem Corinthia Hotel am Whitehall Palace. Jedes Detail soll und muss stimmen vor dem ersten Achtelfinalduell des FC Bayern München in der Champions League beim FC Chelsea.
Auf dem zweiten Flug wird man anstoßen können auf den 55. Geburtstag von Cheftrainer Hansi Flick. Doch der wird Glückwünsche wohl erst im Falle einer Viertelfinalqualifikation am 18. März (dem Rückspieldatum) annehmen, vorher gilt die gesamte Konzentration den kommenden Wochen und in erster Linie dem Aufeinandertreffen mit Chelsea, dem Wegweiser für so viele Zukunftsfragen bei den Bayern – nicht zuletzt in Sachen Flick. Nach dem 3:2 über Aufsteiger SC Paderborn, dem verdienten, aber am Ende etwas glücklichen Arbeitssieg mit dem späten Treffer von Robert Lewandowski, stehen allerdings kurzfristigere Dinge im Vordergrund. Personelle und taktische Fragen vor dem ersten Duell mit den Blues:
Kehrt Flick zur Viererkette zurück?
Ja. Das Experiment mit der Dreierkette (gegen Paderborn agierten Joshua Kimmich halbrechts, David Alaba zentral und Lucas Hernández halblinks) ist gescheitert, dies sei, so Flick, „der personellen Situation“geschuldet gewesen. Für Torhüter Manuel Neuer war sie „aus der Not heraus geboren“, weil Benjamin Pavard und Jérôme Boateng gelbgesperrt fehlten. Beide kehren zurück. Alvaro Odriozola, Leihgabe von Real Madrid, gab ein schwaches Debüt als Rechtsverteidiger, konnte sich nicht empfehlen.
Vertrauen die Bayern Jérôme Boateng?
Ja. Mehrmals schon schien das Ende seiner Zeit beim FC Bayern gekommen. Der Weltmeister von 2014 wollte weg, es passte irgendwie nie – und plötzlich ist der 31-Jährige beinahe unverzichtbar als Rechtsfuß in der Innenverteidigung neben Abwehrchef Alaba. Die Variante mit den zwei Linksfüßen Hernández und Alaba hat in der zweiten Halbzeit in Köln (4:1) „nicht so super geklappt“, sagte Manuel Neuer.
Ist Leon Goretzka eine Alternative?
Eher nein. Gegen Paderborn musste der Mittelfeldspieler wegen muskulärer Probleme passen, konnte am Samstag und am Sonntag nur ein Lauftraining (eine halbe Stunde) absolvieren – wird eng für Chelsea. Wenn Goretzka am Montag das Abschlusstraining mit der Mannschaft mitmachen kann, dürfte er zumindest im Kader sein.
Welche Position spielt Thomas Müller?
Hinter der Spitze Lewandowski. Das ist seine Position, seine Rolle, da kann Thomas Müller das meiste aus seinem unkonventionellen Spiel machen. Serge Gnabry, der durch seinen Treffer gegen Paderborn nun in 100 Bundesligaspielen auf 41 Tore und 19 Vorlagen kommt, kann so in London über die rechte Seite wirbeln.
Wäre ein Coman-Einsatz zu viel Risiko?
Jein. Am Freitag zeigte sich in einigen Szenen, dass der Franzose bei seinem dritten Einsatz nach der erneuten Verletzung (Kapseleinriss im linken Knie) manchmal noch zu vorsichtig und zaghaft in Zweikämpfe geht. Allerdings zeigte sich gegen Paderborn, dass Bayern laut Flick mit Gnabry und Kingsley Coman auf den Außenbahnen „ein bisschen mehr Schwung und mehr Gefährlichkeit“hatte – im üblichen 4-3-3System. Tendenz: Coman beginnt.
Ist Philippe Coutinho nun endgültig raus?
Klares Ja. Auch gegen den Aufsteiger wirkte die im August spektakulär an Land gezogene Leihgabe vom FC Barcelona gehemmt und ohne große Bindung zu seinen Nebenleuten. Der Brasilianer steckt im Leistungstief: lediglich sechs Torbeteiligungen in 20 Pflichtspielen für den einst zweitteuersten Profi der Welt (als er im Januar 2018 vom FC Liverpool für 160 Millionen Euro zu Barça wechselte). Die Bayern werden die Kaufoption für die neue Saison in Höhe von 120 Millionen Euro – Stand jetzt – nicht ziehen. Auch bei Chelsea ist Coutinho (27) nur Joker.