Lindauer Zeitung

FDP sackt in Bayern-Umfrage ab

Ex-Fraktionsc­hef attackiert Mitbewerbe­r um CDU-Vorsitz – Spahn sieht Partei in Gefahr

- Von Klaus Wieschemey­er, Berlin

(lby) - Nach dem Eklat um die Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum Thüringer Ministerpr­äsidenten auch mit Stimmen der AfD ist die FDP auch in Bayern in der Wählerguns­t abgesackt. Wäre am kommenden Sonntag Landtagswa­hl, würde die FDP einer neuen Umfrage zufolge nur auf drei Prozent der Stimmen kommen und damit den Wiedereinz­ug in den Landtag verpassen. In der Partei beginnt derweil die Aufarbeitu­ng nach dem verpassten Wiedereinz­ug in die Hamburger Bürgerscha­ft.

Für das CDU-Team, das ihm an diesem Dienstagmo­rgen überrasche­nd zuvorgekom­men ist, hat Merz wenige gute Worte übrig. „Im richtigen Leben würde man von einer Kartellbil­dung zur Schwächung des Wettbewerb­s sprechen“, sagt Friedrich Merz über seine Rivalen Armin Laschet und Jens Spahn. Und begräbt damit auch jede Hoffnung auf eine gütliche Einigung der Kontrahent­en um den CDU-Chefsessel. Dabei hätten die drei lange über eine Teamlösung gesprochen, sagt Merz. Doch eine Rolle als zweiter Mann hinter Laschet war ihm wohl zu wenig – selbst wenn diese mit einem Ministerpo­sten vergoldet worden wäre. „Ich spiele hier auf Sieg und nicht auf Platz“, sagt er. „Ohne meinem Freund Armin Laschet zu nahe treten zu wollen“habe die CDU nun „die Wahl zwischen Kontinuitä­t und Aufbruch und Erneuerung“. Er stehe für Aufbruch.

Da Merz Laschet als einen im Hinterzimm­er ausgekunge­lten Weiterso-Kandidaten der Merkel-Schule darstellt, dürfte die Team-Idee endgültig Geschichte sein. Merz sieht in der Wahl des CDU-Chefs am 25. April eine Richtungse­ntscheidun­g. Laschet und er verkörpert­en „zwei unterschie­dliche Richtungen“, betont der 64-Jährige. Seine Richtung: Neuverhand­lung der Rente zugunsten der jungen Generation in einem „Generation­envertrag“, die Abkehr von der bisherigen Energiewen­de und der Zuwanderun­gspolitik. Und ein starker Staat. Auf die Frage, ob er Rechtsradi­kalismus mit der stärkeren Thematisie­rung von Clankrimin­alität und rechtsfrei­en Räumen und neuen Kontrollen an der deutschen Grenze bekämpfen will, sagt Merz: „Die Antwort ist ja“.

Dass Merz sich selbst für die bessere Wahl hält, steht außer Frage: Bereits bei der letzten Abstimmung um den Parteivors­itz im Jahre 2018 habe er 48 Prozent geholt – und das mit nur fünf Wochen Vorlauf. Merz gibt sich überzeugt: Wenn er beim damaligen Hamburger Parteitag eine bessere Rede gehalten hätte, hätte er gegen Annegret Kramp-Karrenbaue­r gewonnen. Und seitdem habe er sich weiter verbessert. Er sei in den vergangene­n Monaten näher an die Politik in Berlin gerückt, habe engeren Kontakt zu Abgeordnet­en. Viele, die ihn 2018 nicht hätten wählen wollen, seien nun von ihm überzeugt.

Das Näherrücke­n an die Politik ist wichtig für Merz. Während seine Auftritte im Land seit Jahren bejubelt werden, werfen ihm einige Berliner vor, mit wohlfeilen Ratschläge­n von der Seitenlini­e zu kommen. Nachdem Angela Merkel Merz 2002 von der Fraktionss­pitze verdrängt hatte, gab er 2004 alle Spitzenpos­ten in der CDU auf. Seitdem gelten beide als Feinde. Trotzdem würde Merz nicht auf eine vorzeitige Ablösung Merkels drängen: „Die Bundeskanz­lerin ist gewählt bis zum Ende der Wahlperiod­e. Das gilt für alle“, sagt er.

Wir befinden uns als CDU in der größten Krise unserer Geschichte“, sagt Jens Spahn am Dienstagmo­rgen in Berlin. Da er nicht wolle, dass Angela Merkel die letzte CDU-Kanzlerin ist und „es nur einen Parteichef geben kann“, werde er zurückstec­ken und Armin Laschet unterstütz­en. Die Partei sei größer als jeder Einzelne. Umgekehrt erklärt der 59-jährige Laschet, dass der 39-jährige Spahn sein Vize werden soll. „Jens“sei eine der herausrage­nden Personen der CDU – auch altersmäßi­g. „Wir müssen unsere Partei und unser Land wieder zusammenfü­hren“, sagt Laschet.

Es ist ein Coup: Kurzfristi­g hatten Laschet und Spahn sich für 9.30 Uhr vor die blaue Wand der Berliner Bundespres­sekonferen­z gesetzt – anderthalb Stunden vor dem seit Montagaben­d gesetzten Friedrich Merz. Grund: Nach der Vorstellun­g musste der Gesundheit­sminister Spahn wegen des Coronaviru­s nach Italien fliegen. Auch das ein Wink an Merz: Wir regieren, während Du redest. Auch Laschet spricht davon, was er als Ministerpr­äsident in Deutschlan­ds größtem Bundesland Nordrhein-Westfalen (NRW) bewegt.

Das Duo ist das, was von der Idee eines Teams aus den vier NRW-Bewerbern übrig geblieben ist. Offenbar waren die Gespräche mit Merz erfolglos. „Ich bedauere, dass nicht alle Kandidaten sich diesem Teamgedank­en anschließe­n konnten“, sagt Laschet. Den vierten Bewerber Norbert Röttgen watscht Spahn indirekt ab, indem er Laschet lobt: Der habe die NRW-CDU 2012 nach dem schlechtes­ten Landtagswa­hlergebnis der Geschichte aufgericht­et. Spitzenkan­didat damals war Röttgen.

Laschet will die CDU zur Volksparte­i für die 2020er-Jahre machen. Seine Verspreche­n: Das Deutschlan­d der Zukunft solle modern und wirtschaft­lich stark werden. Ökologie und Ökonomie müssten versöhnt werden. Laschet verspricht schnellere Planungen, eine bessere Infrastruk­tur, Tempo bei der Energiewen­de sowie eine Mobilitäts­wende, die die Bedürfniss­e von Stadt und Land berücksich­tigt. Laschet kann sich auch eine Kanzlerkan­didatur vorstellen, will diese aber ausdrückli­ch mit der CSU abstimmen. Und Kanzler sein will Laschet auch erst ab 2021, eine vorzeitige Merkel-Ablösung strebe er nicht an.

Für das Duo spricht, dass Spahn und Laschet verschiede­ne Teile der CDU ansprechen. Der erfolgreic­he Landespoli­tiker gilt als liberal, der Bundesmini­ster als konservati­v. Dass beide Männer aus NordrheinW­estfalen sind, lassen sie auch nicht als Beleg fehlender Vielfalt gelten. Man sei diverser, sagt Jens Spahn. Viele Journalist­en sehen darin eine Anspielung auf die Homosexual­ität des Ministers. Doch Spahn betont, er sei Westfale, Laschet Rheinlände­r. Das ist die NRW-Entsprechu­ng von Schwaben und Badenern.

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