„Ein reinigendes Gewitter“
- Armin Laschet oder Friedrich Merz? Diese Frage wird die CDU bis zum Sonderparteitag im April beschäftigen. Nils Diederich (Foto: oh) ist emeritierter Professor für Innenpolitik an der FU Berlin. Der 85-Jährige, der 16 Jahre lang für die SPD im Bundestag saß, sagt im Gespräch mit Dominik Guggemos, dass die CDU mit der Ära Merkel brechen wird.
Wer ist aus Ihrer Sicht in der Favoritenrolle für den CDU-Parteivorsitz?
Friedrich Merz. Ich denke, dass ein großer Teil der CDU-Anhängerschaft und der Funktionäre einen Schlussstrich unter die Ära Merkel ziehen will. Außerdem muss die Partei verloren gegangene Stimmen von der AfD zurückgewinnen. Das ist der einzige Weg, um zu alter Stärke zurückzufinden – auch wenn das bedeutet, dass sie in der Mitte möglicherweise Stimmen verliert.
Welche Rolle spielt es, dass Jens Spahn Armin Laschet unterstützt?
Konservative halten Spahn vielleicht für eine gute Alternative. Aber er steht eben in der zweiten Reihe. Laschet steht für den ParteiMainstream und würde als Vorsitzender den Ton angeben. Ich denke, dass die Konservativen dann sagen: Da wählen wir lieber gleich das Original, also Merz, mit dem wir die größten Chancen auf einen Neuanfang haben.
Wird der Machtkampf die Partei eher spalten oder versöhnen? Eigentlich gilt die CDU ja als diszipliniert ...
Das wird ein reinigendes Gewitter sein. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die CDU von dem Harmoniebedürfnis, das die Partei immer beherrscht hat, abweichen wird. Es wird einen großen Konsens in der Union geben.
Die Union ist ein gutes Stichwort. Laschet sagte, dass der neu gewählte Parteivorsitzende der CDU-Vorschlag für die Kanzlerkandidatur wird. Wie kommt das wohl bei der bayerischen Schwesterpartei CSU an?
Merz ist ein guter Kandidat, um die CSU dazu zu bringen, nicht selbst Anspruch auf die Kandidatur zu erheben. Er verkörpert als Persönlichkeit eine stabile konservative Tradition. Ich glaube nicht, dass Laschet genauso überzeugend für die CSU wäre.
Hat Norbert Röttgen eigentlich realistische Chancen auf den Vorsitz? Er hat das Partei-Establishment mit seiner Kandidatur sehr verärgert.
Er hat das Hinterzimmer-Verfahren durchbrochen. Schwer einzuschätzen, ob das honoriert wird. Vielleicht denkt sich Merz, dass Röttgen ihn zur politischen Mitte hin gut ergänzen könnte.