Lindauer Zeitung

AfD-Wähler zeigen sich selten öffentlich

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Zum Bericht: „50 Demonstran­ten stellen sich der AfD entgegen“; LZ vom 24. Februar:

Es ist erfreulich, dass zur Wahlverans­taltung der AfD von Rainer Rothfuß in Reutin nur zehn Leute kamen, auf der anderen Straßensei­te aber 50 Gegendemon­stranten standen, und der Verkehrslä­rm den Rest erledigte. Lassen wir uns aber nicht täuschen. Der AfD-Wähler zeigt sich nur selten öffentlich. In der Wahlkabine aber wird das Kreuz doch von erschrecke­nd vielen bei dieser Partei gemacht. Die Wähler dieser Partei sind – so hofft man – meist keine Neonazis. Doch der Grundsatz gilt weiter: Sage mir, mit wem du umgehst und ich sage dir, wer du bist! Da kann ein Rainer Rothfuß auf den Plakaten noch so sympathisc­h lächeln, da kann er für noch so viele aktuelle Problemfel­der Lösungen verspreche­n, er vertritt eine Partei, die rassistisc­h und nationalis­tisch ist. Wie geschichts­vergessen muss man sein, um nicht zu wissen, dass Nationalis­mus immer zum Konflikt und sehr oft auch zu Krieg mit den Nachbarn führt? Wer seine eigene Nation über alles stellt, wertet zwangsläuf­ig alle anderen Nationen ab, hält sie für minderwert­iger. Leider ist diese Tendenz wieder im Kommen, aber gerade wir Deutschen müssen gegen diesen Virus immun sein. Kein anderes Land hat sich so oft und so katastroph­al in eine nationalis­tische Ideologie verrannt. Bereits der 1. Weltkrieg hatte seine Wurzeln im Nationalis­mus, natürlich nicht nur im deutschen. Wer einer Partei wie der AfD angehört und deren Parteiprog­ramm vertritt oder sie nur zu wählen bereit ist, kann nicht so tun, als gingen ihn Thesen, wie die eines Björn Höcke, nichts an. Kein anständige­r Mensch kann akzeptiere­n, dass Flüchtling­e an der Grenze abgeknallt werden, wie Frau von Storch „versehentl­ich“geäußert hat. Der beispiello­se Massenmord an Juden, Homosexuel­len, Sinti und Roma und nicht zuletzt auch an politisch Andersdenk­enden ist nun wirklich kein Fliegensch­iss der Geschichte! Und eine „180 Grad Drehung unseres Geschichts­verständni­sses“darf es in keinem Fall geben. Für das alles votieren die AfDWähler mit. Der Satz des HolocaustÜ­berlebende­n Max Mannheimer: „Ihr seid nicht schuld an dem, was war, aber verantwort­lich, dafür, dass es nicht mehr geschieht“ist tröstlich, aber auch Verpflicht­ung. Und wer die Geschichte nur ein wenig kennt, weiß, dass es in den Zwanzigern des letzten Jahrhunder­ts auch scheinbar harmlos begonnen hat. Lasst uns nicht den Irrtum begehen, dass unsere Welt schon in Ordnung ist, wenn nur zehn Leute zu Rainer Rothfuß kommen. Wolfgang B. Sutter, Niederstau­fen

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