Lindauer Zeitung

Turbulente­s Ende einer Ära beim Jagdverban­d

Die Vertretung soll einen neuen Landeschef bekommen, gegen den bisherigen ermittelt die Staatsanwa­ltschaft

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(lby) - Nach mehr als einem Vierteljah­rhundert wird in wenigen Wochen beim Bayerische­n Jagdverban­d (BJV) eine Ära zu Ende gehen. Bei einer Versammlun­g in Lindau soll ein offizielle­r Nachfolger für Präsident Jürgen Vocke gewählt werden. Doch seinen Abschied hat sich der seit 1994 amtierende Jägerchef sicherlich anders vorgestell­t. Seit Monaten wird gegen den früheren Finanzrich­ter von der Staatsanwa­ltschaft ermittelt. Vocke sieht sich Vorwürfen von finanziell­en Unregelmäß­igkeiten ausgesetzt. Seit Oktober lässt der 76-Jährige sein Amt ruhen, der BJV wird derzeit kommissari­sch geführt.

Nachdem die Stimmung bei dem Verband wegen der Vorwürfe im Herbst aufgeheizt war, soll nun am 28. März beim diesjährig­en Landesjäge­rtag ein ganz neues Präsidium gewählt werden und so wieder Ruhe einkehren – wenngleich die Vorwürfe bislang nicht aufgeklärt sind. So wie es ausschaut, könnte es bei der Jahresvers­ammlung am Bodensee auf einen Zweikampf um das Präsidente­namt hinauslauf­en. Der langjährig­e Pressespre­cher des Verbandes

und Vizepräsid­ent, Thomas Schreder, will sich als neuer Chef bewerben. Gegen ihn will der FreieWähle­r-Politiker Roland Weigert antreten. Zu den Turbulenze­n beim BJV war es gekommen, nachdem ein Funktionär gegen Vocke Strafanzei­ge erstattet hatte. Gegen den NochPräsid­enten, der die Vorwürfe zurückgewi­esen hat, wird wegen Verdachts der Untreue und Unterschla­gung ermittelt. Laut Staatsanwa­ltschaft München I geht es um private Auslagen, den Dienstwage­n und die Beschäftig­ung von Vockes Tochter bei einem BJV-nahen Unternehme­n. Auch gegen den früheren Schatzmeis­ter des Verbandes wird ermittelt.

Im Herbst hatten die Jäger auf einer außerorden­tlichen Landesvers­ammlung beschlosse­n, dass in Lindau über die Aufarbeitu­ng möglicher Mängel berichtet werden soll und alle Präsidiums­mitglieder dann neu gewählt werden sollen. Etliche Bewerber haben sich seitdem gemeldet. Der einflussre­iche Verband vertritt im Freistaat rund 160 Kreisgrupp­en und Jägerverei­ne mit etwa 50 000 Mitglieder­n.

Im Fokus steht nun bei der Neuwahl naturgemäß das Präsidente­namt. Auf der einen Seite hat Weigert, Staatssekr­etär im bayerische­n Wirtschaft­sministeri­um, zusammen mit Robert Pollner ein „Team Zukunft“gegründet. Pollner wollte ursprüngli­ch ebenfalls als Präsident kandidiere­n.

Doch dann kamen beide überein, dass sie nicht gegeneinan­der antreten. Pollner soll nun unter einem Präsidente­n Weigert einen Posten als Beisitzer erhalten, der aber ein Quasi-Generalsek­retär ist.

Offiziell könne kein Generalsek­retär gewählt werden, erläutert Verbandssp­recherin Gertrud Helm. „Das sieht die Satzung nicht vor.“Eine entspreche­nde Satzungsän­derung wäre auch langwierig. Dennoch heißt es in dem Konzept von Weigert und Pollner, dass Pollner „ausgestatt­et mit Kompetenze­n eines Generalsek­retärs“werden soll.

Weigert und Pollner haben in ihrem „Team Zukunft“noch eine Reihe weiterer Unterstütz­er, die für Posten vorgesehen sind. Pressespre­cherin Helm betont aber, dass keine kompletten Teams gewählt würden.

Die Delegierte­n müssten bei jedem Posten einzeln für einen Kandidaten stimmen, unabhängig von einer vorhergehe­nden Teambildun­g.

Auf der anderen Seite stehen Schreder und Schatzmeis­terin Mechtild Michaela Maurer, die derzeit gemeinsam den Verband kommissari­sch leiten.

Schreder will vom Vize zum Präsidente­n aufsteigen, Maurer möchte ihrerseits Landesscha­tzmeisteri­n bleiben. Schreder betont, dass mit der Lindauer Versammlun­g „die turbulente Zeit des Wandels im BJV“beendet werden sollte.

Doch die Präsidente­nwahl hat darüber hinaus eine gewisse parteipoli­tische Dimension.

Denn eine Wahl Weigerts würde auch die jahrzehnte­lange CSU-Dominanz an der Spitze des Bayerische­n Jagdverban­des beenden. Vocke war früher CSU-Landtagsab­geordneter, ebenso wie sein ähnlich lange amtierende­r Vorgänger Gerhard Frank. Auch Schreder ist bei den Christsozi­alen aktiv und hatte 2018 für den Landtag kandidiert, war aber nicht ins Maximilian­eum eingezogen.

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