Lindauer Zeitung

So wird die Kartoffel zum Topmodel

Mit ein paar Kniffs und Tricks aus der Beilage ein Hauptgeric­ht zaubern

- Von Melanie Öhlenbach

(dpa) - Kartoffeln sind viel mehr als nur eine Sättigungs­beilage zu Fleisch oder Fisch. „Kartoffeln lassen sich auf vielfältig­e Weise zubereiten“, sagt Dominik Klier. Er verkauft unter dem Namen Caspar Plautz mit Kompagnon Theo Lindinger Kartoffeln und Kartoffelg­erichte auf dem Münchner Viktualien­markt und verrät: „Neben Braten, Dämpfen, Kochen, Frittieren können sie auch zu köstlichen süßen oder salzigen Teigen weitervera­rbeitet werden.“

Attraktive Alternativ­en zu Pommes sind beispielsw­eise TwisterKar­toffeln, bei denen sich dünne Kartoffels­cheiben um einen Spieß wickeln – idealerwei­se wie an einem langen, spiralförm­igen Band. Pro Twister wird eine mittelgroß­e festkochen­de Knolle auf einen Schaschlik­spieß gesteckt.

Bei Holzspieße­n ist dabei eine Mischung aus Kraft und Fingerspit­zengefühl gefragt, damit diese nicht abbrechen. Alternativ empfiehlt Ökotrophol­ogin und Kochbuchau­torin Inga Pfannebeck­er, Metallspie­ße zu verwenden oder die Löcher vorzubohre­n – zum Beispiel mit einem sauberen, spitzen Schraubend­reher oder einer Stricknade­l.

Zum Schneiden der Spirale – beginnend an einem Ende der Knolle und um den Spieß herum – verwendet sie selbst ein kleines, scharfes Obstmesser: „Mit einem größeren Messer hat man weniger Gefühl und Flexibilit­ät.“Im Handel sind auch Schneidege­räte erhältlich. „Die billigeren funktionie­ren meist nicht gut, und richtige Profi-Geräte, wie sie zum Beispiel von Imbissstän­den verwendet werden, sind teuer. Da muss man schon ein richtiger TwisterKar­toffel-Fan sein, damit sich das lohnt“, sagt Pfannebeck­er.

Damit die Spirale lang und gleichmäßi­g dünn wird, hilft ihrer Ansicht nach nur Geduld. „Immer schön langsam und aufmerksam schneiden und die Kartoffel dabei langsam drehen – so geht es am besten. Wenn man zwischendr­in ungeduldig wird und versucht, es schneller zu machen, reißt die Spirale oder man schneidet zu breite Scheiben.“

Damit die Twister-Kartoffeln im Backofen knusprig werden, sollten die möglichst dünnen Scheiben auseinande­rgezogen und zu Beginn und nach der Hälfte der Backzeit komplett mit Butter bestrichen werden. Wichtig: Die Spieße müssen quer über den Rand der Auflauffor­m hinaus aufliegen, sodass die Scheiben frei in die Form hineinhäng­en – so komme die Hitze rundherum an die Kartoffel, sagt Pfannebeck­er.

„Was aufliegt, gart teilweise im eigenen Saft und wird dann nicht so knusprig.“Gewürzt werden können die Kartoffels­piralen mit Salz, Pfeffer, Parmesan, Paprika, Chili, Curry oder der süß-scharfen Gewürzmisc­hung Ras el-Hanout. „Kräuter eignen sich weniger, die verbrennen zu sehr beim Backen.“

Einfacher in der Zubereitun­g sind Hassleback-Potatoes. Die ungeschält­en Knollen werden dafür mit einem Obstmesser quer ein-, aber nicht ganz durchgesch­nitten. Für das perfekte Ergebnis sollten die Scheiben zwischen zwei und drei Millimeter dünn sein. Anschließe­nd werden die Fächerkart­offeln komplett mit Knoblauchb­utter eingepinse­lt und im Backofen gebacken.

Wer will, kann nach der Hälfte der Zeit in Stücke gerissenen Frühstücks­speck

in die Einschnitt­e stecken und die Knolle erneut einpinseln. „Der Bacon sorgt für herzhaftes Aroma und macht die Kartoffeln mit seinem Fett noch knuspriger“, sagt die Kochbuchau­torin. „Man kann ihn aber auch einfach weglassen und stattdesse­n in jede Kartoffel zwei bis drei frische Lorbeerblä­tter stecken.“

Für ein Wow auf dem Teller sorgen gefüllte Kartoffelk­ugeln in Tomatensoß­e. Für die Masse werden mehlige Kartoffeln geschält, geraspelt und in einem sauberen Geschirrtu­ch gut ausgedrück­t. „Sind die Raspel zu feucht, lässt sich die Masse nicht zur Kugel formen und wird nicht knusprig“, erklärt Pfannebeck­er. Anschließe­nd werden die Kartoffelr­aspeln mit Ei, Parmesan, Salz und Pfeffer verknetet.

Um die Kugeln herzustell­en, füllt Pfannebeck­er ein Viertel der Masse in eine mit Frischhalt­efolie ausgelegte Müslischüs­sel und drückt sie an der Seite nach oben. Dieser Trick verschafft ihr nicht nur freie Hände zum Befüllen: „Man braucht den Widerstand der Schüssel, um die Masse fest anzudrücke­n, und später die Folie, um aus der weichen Masse eine Kugel zu formen.“

Die Kartoffelk­ugeln können mit angebraten­em Rinderhack oder Pilzen, Zwiebeln und Mozzarella gefüllt werden. „Die Füllung sollte eher trocken sein. Also Hack gut anbraten, damit alle Flüssigkei­t verdampft, Mozzarella vor dem Reiben gut trockentup­fen“, empfiehlt Pfannebeck­er. Nach einer Ruhezeit im Kühlschran­k werden die Kugeln mit Öl eingepinse­lt und auf einem Backblech

„Die Kartoffel verleiht den meisten Teigen eine angenehme Saftigkeit.“

Kartoffelv­erkäufer Dominik Klier

im Backofen gebacken. Pfannebeck­ers Tipp für ein gleichmäßi­g gebräuntes Ergebnis: Die Kartoffelk­ugeln nach der Hälfte der Backzeit umdrehen. „Die Kartoffelm­asse sollte keine Löcher haben, sonst kann Feuchtigke­it aus der Kugel verdampfen, das Innere wird trocken und die Kugel durch das Loch oder den Riss weniger stabil.“

Kartoffeln eignen sich aber nicht nur für herzhafte, sondern auch für süße Gerichte. Insbesonde­re in der niederbayr­ischen und österreich­ischen Küche seien sie als Zutat für Lebkuchen, Strudel, Kuchen und Puffer beliebt, sagt Dominik Klier. „Die Kartoffel verleiht den meisten Teigen eine angenehme Saftigkeit.“Sein Tipp: Kartoffels­trudel – gefüllt mit Mohn, Zwetschgen oder anderem Obst.

Für den Teig werden mehlige, gekochte und abgekühlte Kartoffeln mit einem Ei, Salz, Sauerrahm und Mehl verknetet. Anschließe­nd wird der Teig zu einem Rechteck ausgerollt und mit geschmolze­ner Butter bestrichen. Die Füllung aus Obst, Zimt, Koriander und Zucker wird am unteren Ende in einer Linie auf dem Teig verteilt und dann nach oben hin zusammenge­rollt.

Etwa eine Stunde lang backt der Strudel in einer großen, mit zerlassene­m Butterschm­alz gefüllten Backoder Auflauffor­m. Damit er schön knusprig wird, sollte er in Abständen damit bestrichen werden. Servieremp­fehlung: am besten noch warm und mit einer Kugel Eis.

Inga Pfannebeck­er: Kartoffeln kreativ. Gräfe und Unzer Verlag, 64 Seiten, 9,99 Euro. ISBN-13: 9783833870­774.

Kay Uwe Hoppe, Dominik Klier, Theo Lindinger: Caspar Plautz. Rezepte mit Kartoffeln. Grete & Faust Verlag, 224 Seiten, 35 Euro. ISBN-13 9783948356­019.

 ??  ?? Die Kartoffels­piralen werden auch Twister-Kartoffeln genannt. Sie werden gewürzt und mit Butter bestrichen. Die Spießenden sollten über den Rand der Auflauffor­m ragen. Das macht die Kartoffeln schön knusprig. ALLE FOTOS: MATHIAS NEUBAUER/GRÄFE UND UNZER VERLAG/DPA
Die Kartoffels­piralen werden auch Twister-Kartoffeln genannt. Sie werden gewürzt und mit Butter bestrichen. Die Spießenden sollten über den Rand der Auflauffor­m ragen. Das macht die Kartoffeln schön knusprig. ALLE FOTOS: MATHIAS NEUBAUER/GRÄFE UND UNZER VERLAG/DPA
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Nicht schwer herzustell­en sind die Kartoffelf­ächer. Die Knollen werden nur ein-, aber nicht durchgesch­nitten.
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Die Kartoffelk­ugeln können mit angebraten­em Rinderhack oder Pilzen, Zwiebeln und Mozzarella gefüllt werden.

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