Vom Traum, in Lindau ohne Auto zu leben
Beim Thema Mobilität ist allen Kandidaten klar: Eine Verkehrswende muss kommen – nur wie?
(ee) - Es ist ein Urthema der Grünen und Bunten: Mobilität. Für Daniel Obermayr ist es eine „Steilvorlage“, er ist überzeugt: „Man kann in der Stadt gut leben, ohne aufs Auto angewiesen zu sein.“Doch auch seinen vier Mitbewerbern fürs Amt des Oberbürgermeisters ist klar: „Wir müssen jetzt die Verkehrswende hinbekommen.“Der Unterschied liegt im Detail: Locken billige Tarife mehr Menschen in Bus und Bahn, oder muss erst das Angebot ausgebaut werden, damit mehr Menschen auf ein eigenes Auto verzichten?
Dass die Lindauer Stadtbusse teilweise schon so gut ausgelastet sind, dass Kunden mit Kinderwagen kaum noch hineinpassen, hat Obermayr schon selbst erlebt. Und er kennt auch den Fersensporn des Stadtverkehrs: die oft fehlende Pünktlichkeit. „Das reduziert Akzeptanz und Nutzwert“, warnt Obermayr. Damit die Lindauer aufs private Auto verzichten können, hält er längere Betriebszeiten sowohl am frühen Morgen als auch am Abend für wichtig: „Damit die Club-Besucher abends noch per Bus nach Hause kommen.“Obermayrs Traum wäre, dass der Landkreis sein neues Nahverkehrskonzept so gut umsetzt, dass die Stadt ihren Bus wieder dem Kreis anvertraut, also kreisweit der gesamte Busverkehr aus einer Hand rollt.
Um die Verkehrswende möglichst schnell zu erreichen, will Claudia Halberkamp beim Preis ansetzen: „Der Stadtbus muss günstiger werden.“Was ihr den Hinweis von Mitbewerber Mathias Hotz einbringt, dass die Tarifhoheit für den Stadtbus seit dem Beitritt zum Verkehrsverbund nun mal beim Bodo liegt – die Stadt könne nicht einfach die Fahrpreise für den Stadtbus senken. Wobei
Hotz anmerkt, dass der Bodo derzeit über einen Kurzstreckentarif nachdenke.
Doch braucht der Lindauer Stadtbus diesen? Halberkamp ist davon überzeugt, hofft auf Fördergelder des Freistaats, die sie nach Lindau holen will, und den Landkreis. Obermayr hingegen schüttelt den Kopf: Viel wichtiger sei es, dass es günstige Abos für den Nahverkehr gebe. Wenn deren Zahl deutlich wachse, bilde das nach Obermayrs Ansicht eine stabile Basis für den Bodo. „Günstigere Tarife müsse das Ende einer Entwicklung sein“, betont er.
Dass viele Privatfahrten im Auto oft die Straßen in Lindau verstopfen und so den Stadtbus ausbremsen, ist allen fünf OB-Kandidaten klar. Claudia Alfons hat kein eigenes Auto: Sie ist mit Rad und Bus unterwegs. Und sie ist überzeugt: Die Stadt müsse den ÖPNV attraktiver machen, auch Mobilitätsangebote wie Car-Sharing (Menschen nutzen ein Auto gemeinsam) und Ride-Sharing (Autobesitzer nehmen andere mit) einbinden. Für Verkehrsanbindungen in Randzeiten schweben Alfons eher Rufbus und Sammeltaxi vor.
Davon hält Mathias Hotz nicht viel: Auch Spätverkehre muss nach seiner Ansicht der Stadtbus stemmen. Nach Hotz’ Worten hat der Traum vom Verzicht auf Privatautos in Lindau übrigens Grenzen: Der platze dann, wenn es nicht klappe, den Stadtbus und den regionalen Busverkehr im Landkreis zu verknüpfen.
Wenn Stadtbusse in verstopften Straßen nicht vorankommen, sind nach Ansicht von Kai Kattau aber nicht nur die Lindauer gefragt. Gerade in den Sommermonaten wolle jeder Tourist mit seinem Wagen bis auf die Insel fahren. Da müsse die Stadt ansetzen. „Denn wir haben leider nicht überall Platz für zusätzliche Busspuren.“Zwar fahren die Busse nach Kattaus Worten schon viel auf Nebenstraßen. Doch wenn dort dann eine Fahrbahn beispielsweise wegen einer Baustelle oder eines Krans gesperrt sei, dann werde es eng, auf der Straße und im Fahrplan.
Hotz sieht beim Punkt Pünktlichkeit aber noch ein weiteres Problem: Manchen Ast des Stadtbusses wie etwa die Linie 3 nach Zech hält er für zu lang. Und stellt in Frage, ob wirklich alle Busse am ZUP in der Anheggerstraße warten müssen, bis der letzte verspätete auch ankommt. Eine Alternative für das halbstündliche Busrendezvous hätte die Verwaltung beim künftigen Bahnhalt in Reutin gesehen, warf Kattau ein.
Leider habe der Stadtrat den Vorschlag, jenen Standort prüfen zu lassen, abgelehnt.
Für Alfons ist klar: „Die Mobilitätswende wird uns lange begleiten.“Obermayr wünscht sich dabei in der Stadt einen Eigenbetrieb Mobilität. Und empfiehlt den Menschen in Lindau, sich das Auto „abzuschminken“. Denn das sei „total fossil“.