Eisenbahnbrücke: Jetzt rückt der Abbruchtrupp an
Rückbau für die Verschrottung beginnt am Donnerstag – Unternehmer will wenigstens einen Teil retten
- Die Gemeinde fühlt sich nicht mehr zuständig, die Deutsche Bahn hält sich an die Vorgaben, und das Amt für Denkmalschutz würde irgendwie gerne, kann aber wohl nicht. Die Folge: Am Donnerstag rückt ein Abbruchtrupp an, um die Eisenbahnbrücke, die mehr als 120 Jahre zwischen Kressbronn und Langenargen über die Argen geführt hat, für die Verschrottung auseinanderzunehmen. Der Unternehmer, der sich vergebens für einen Erhalt des Stahlfachwerks eingesetzt hat, will zumindest einen Teil retten.
Los ging alles mit der lang ersehnten Elektrifizierung der Strecke zwischen Friedrichshafen und Lindau. Die bislang denkmalgeschützte Brücke aus dem Jahr 1898 war für Oberleitungen zu niedrig und für Elektrolokomotiven zu schmal, stellte die Deutsche Bahn fest, und ließ sie gegen eine neue austauschen – mit Zustimmung des Landesamtes für Denkmalpflege. „Der alte Überbau wird auf einer Montagefläche in transportable Teile zerlegt und verschrottet“, teilte eine DB-Sprecherin im vergangenen September mit.
Dann tauchte im Dezember Günter Eberhardt, Unternehmer aus dem Landkreis Sigmaringen, auf. Seinen Plan, das Bauwerk neben der Argen zu belassen und daraus ein Brückenmuseum mit Bistro zu machen, lehnte der Kressbronner Gemeinderat jedoch aus Gründen des Naturschutzes ab. Auch die reduzierte Version, die Brücke dort lediglich zu erhalten, fand keine Mehrheit. 100 000 Euro hätte der Unternehmer investiert.
Ob sich damit für ihn die Sache erledigt hat, dazu sagt Günter Eberhardt: „Es sieht nicht gut aus, am Donnerstag fängt die von der Bahn beauftragte Firma mit dem Rückbau an.“Eine letzte Idee habe er allerdings noch: „Ein etwa zehn Meter langes Teilstück auszusägen, um die Baukunst zu zeigen, die vor mehr als 120 Jahren geschaffen wurde.“Um das Vorhaben umzusetzen, sei er mit dem zuständigen Schrott-Recycler
in Kontakt. Der Haken: Auch dafür braucht der Unternehmer Platz.
Unterstützung erfährt er von Frank Müller-Thoma aus Langenargen. Der bekennende Fan und ausgewiesene Kenner der ältesten Kabelhängebrücke
Deutschlands, die seit 1886/97 nebenan über die Argen reicht, sucht bereits seit geraumer Zeit nach einer nicht kommerziellen Lösung, um auch die Eisenbahnbrücke zu erhalten. Gemeinde, Landratsund Denkmalamt oder Deutsche Bahn erhielten dazu immer wieder Schreiben von ihm. „Nur ein Teilstück aufzubewahren, scheint nicht sinnvoll, da dann das Gesamtbauwerk nicht mehr zur Geltung kommt“, teilt Kressbronns Pressesprecherin Karin Wiech auf SZ-Anfrage mit. Für die ganze Brücke sei derzeit aber kein passendes, alternatives Grundstück auszumachen. Die Gemeinde befürwortet Karin Wiech zufolge grundsätzlich einen Erhalt, dem stünden an der Argen jedoch naturschutzrechtliche Belange entgegen. Nach dem Gemeinderatsbeschluss liege die Zukunft „nun in der Zuständigkeit der Deutschen Bahn oder Dritten“.
Wie eine DB-Sprecherin berichtet, hat ihr Unternehmen indes nach der entscheidenden Gemeinderatssitzung die Freigabe für die Verschrottung des alten Überbaus und den Rückbau der Montagefläche erteilt. Und was das Landesamt für Denkmalpflege angeht, ist von dessen Pressestelle zu hören: Es gebe keine Möglichkeit, den Erhalt finanziell zu unterstützen, da es sich bei der Eisenbahnbrücke „um kein Kulturdenkmal mehr handelt“. Aber das Denkmalamt stehe mit den privaten Unterstützern in Kontakt, „um wertvolles historisches Kulturgut zu erhalten“. Ausgang offen.
Tagesspruch: Bei einer größeren Sünde sieht man das Sündhafte schneller ein und bessert sich darum auch schneller; eine kleine Sünde aber hält man für nichts, und dies ist um so schlimmer, als man dann ganz ruhig sie zu begehen fortfährt. (Gregor der Große, 540 -604, Papst u. Kirchenvater)
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Heute vor 87 Jahren: Bei der Reichstagswahl erreicht die NSDAP 1933 mit einem Anteil von 43,9 Prozent die meisten Stimmen. Es ist die letzte Reichstagswahl im Mehrparteiensystem.