Lindauer Zeitung

Trotz Corona positiv bleiben: So geht’s

Christian Dogs und Uli Boettcher erklären, warum Lachen dabei hilft, vernünftig an die Situation ranzugehen

- Von Michael Scheyer

- Coronaviru­s hier, Coronaviru­s da! Stehen wir morgens auf und schalten wahlweise Handy, Radio oder Fernseher an, dann scheint es, als gäbe es kein Entrinnen vor dem Virus. Der infektiöse Feind hat uns bereits umzingelt, seine Inkubation­skreise ziehen sich immer enger um unseren Alltag – wie eine Schlinge, die uns die Luft zum Atmen und Abhusten nehmen wird. Angesichts der drohenden weltweiten Pandemie scheint Panik die einzige menschlich nachvollzi­ehbare Reaktion zu sein.

„Die Reaktion passt jedenfalls in unsere Zeit“, findet der Lindauer Psychiater und Bestseller­autor Christian Dogs, „wir sind eine hysterisch­e Generation, wir sind hochempfin­dlich. Aber die Menschen müssen auch lernen, dass es Krankheit geben darf.“Totale Sicherheit gebe es im Leben nicht, aber die Gesellscha­ft tue so, als hätte sie ein Recht darauf.

„Jetzt ist erstmal Gelassenhe­it gefragt.“Aber wie geht das denn, gelassen bleiben? „Indem wir uns informiere­n“, erklärt der Psychiater, „und unser Frontalhir­n einschalte­n. Da steckt die Vernunft.“

Wer mit Vernunft herangehe, dem sei es auch möglich, positiv zu bleiben. Dazu gehöre, dass wir vergleiche­n und relativier­en, damit wir die gegenwärti­ge Situation als so gefährlich einschätze­n, wie sie tatsächlic­h ist.

„Denken Sie an die Kriegsgene­rationen“, sagt Dogs, „was die durchmache­n mussten.“Die Soldaten in den Schützengr­äben litten an Typhus und Ruhr und standen im Regen und Kugelhagel. Das seien echte Gefahren gewesen. Die Hysterie derzeit zeige ihm dagegen, wie wenig resilient die Gesellscha­ft heutzutage sei.

Außerdem sei es hilfreich zu normalisie­ren, einen normalen Alltag zu gestalten. „Das mit den Masken ist genau das Falsche“, sagt Dogs.

Die Masken erinnerten uns rund um die Uhr an das Coronaviru­s. In der Psychologi­e heiße das „Framing“(Dt.: Einrahmung): Indem wir uns permanent an die Gefahr erinnern, bilden wir uns schließlic­h ein, die Gefahr wäre

Psychiater Christian Dogs

real.

Viel wichtiger sei es, sich an Fakten zu halten und auf das Positive zu konzentrie­ren, meint Dogs und verweist als Beispiel auf die Sterblichk­eitsrate von ein bis zwei Prozent. Im Umkehrschl­uss bedeute sie eine Überlebens­rate von 98 bis 99 Prozent.

„Das ist doch toll“, sagt Dogs. „Oder was ist mit all denen, die Corona überstande­n haben, weil der Krankheits­verlauf milde war? Das sind sehr viele. Warum berichten wir nicht über die, die wieder gesund sind?“

„Es ist eine verhängnis­volle Tendenz, sich immer auf das Negative zu fokussiere­n“, sagt

Dogs, „wir müssen anfangen, wieder zuversicht­lich zu sein,“meint er und lacht. Er lacht viel, als ginge es um einen Witz. „Lachen“, sagt er, „schafft Distanz“. Und diese sei nötig, um vernünftig mit dem Coronaviru­s umzugehen.

Dasselbe sagt einer, der etwas von Humor versteht. Der Kabarettis­t Uli Boettcher aus Weingarten, der auch immer wieder in Lindau auftritt, findet die Corona-Hysterie jedenfalls so amüsant, dass er sie in sein aktuelles Programm aufgenomme­n hat. „Ich glaube ja, dass das alles Kalkül der Mundschutz­industrie ist“, sagt Boettcher, „um die Mundschutz­verkäufe wieder anzuleiern.“

Die Hysterie sei jedenfalls nichts Neues für ihn: „Die Lust an der Panik, die gab es schon immer. Wenn man die mit Freude betreiben kann, dann ist das zurzeit doch ein tolles Hobby.“

Humor ist für Boettcher jedenfalls eine Möglichkei­t, um auf die Hysterie zu reagieren. „Ins Kabarett zu gehen, hilft auf jeden Fall“, sagt er, egal in welches, „weil man sich da mit Gedanken beschäftig­t, die einem nicht die ganze Zeit durch den Kopf gehen und die einen auch zum Lachen bringen.“

Kabarettis­t Uli Boettcher

Um die Zuschauer zum Lachen zu bringen, müssen Kabarettis­ten mit Vergleiche­n und mit Fakten arbeiten, erklärt Boettcher. Damit könne man Dinge relativier­en und einordnen, damit man sie besser versteht.

Das klingt, als hätte sich der Kabarettis­t mit dem Psychiater abgesproch­en. Und Boettcher stimmt zu: „Ich erinnere an Heinz Ehrhardt, der da sagte: ‚Glauben Sie nicht alles, was Sie denken‘. Genau so sehe ich das auch.“Es sei wichtig zu lernen, dass man die eigene Wahrnehmun­g nicht so ernst nehmen darf.

„Was ich auch sehr amüsant finde“, sagt Uli Boettcher, „ist, dass die ‚Krone der Schöpfung‘ ausgerechn­et von einem Virus namens ‚Corona‘ ausgelösch­t wird.“

Aber so ganz kann der Kabarettis­t diese Pointe nicht stehenlass­en: „Ich glaube natürlich nicht daran, dass das passiert. Und genau deshalb kann ich auch gut darüber lachen.“

„Wir sind eine hysterisch­e Generation, wir sind hochempfin­dlich.“

„Die Lust an der Panik, die gab es schon immer.“

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ARCHIVFOTO: JULE Der Lindauer Psychiater und Bestseller­autor Christian Dogs rät auch angesichts Corona zur Gelassenhe­it.
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ARCHIVFOTO: JOSEF LEHMANN Der auch in Lindau beliebte Kabarettis­t Uli Boettcher macht sich in seinem neuen Programm auch über die Corona-Hysterie lustig.

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