Dürfen Frauen in den Stadtbach jucken?
Weibliches Mitglied klagt gegen Fischertagsverein Memmingen – Prozess am 20. April vor Amtsgericht
(arz) - Bald wird juristisch geklärt, ob auch Frauen beim jährlichen Fischertag in den Stadtbach jucken und ihn mit ausfischen dürfen. Bisher ist das nur männlichen Mitgliedern des veranstaltenden Fischertagsvereins erlaubt. Die Verhandlung findet am 20. April vorm Amtsgericht in Memmingen statt. Bisher ist ein Verhandlungstag angesetzt und ein Zeuge geladen. Das kann sich aber je nach Verlauf noch ändern.
Hohe Wellen hatte das Thema in den vergangenen Jahren in der Maustadt geschlagen. Ein weibliches Vereinsmitglied hatte zweimal in der Delegiertenversammlung als höchstem Entscheidungsgremium beantragt, dass grundsätzlich auch Frauen bei dem Spektakel mitmachen dürfen – und war zweimal an einer breiten Mehrheit gescheitert. Zuletzt im vergangenen Jahr.
Daraufhin hatte die Frau im vergangenen Frühjahr gegen den entsprechenden Passus in der Vereinssatzung geklagt – sie fühlt sich diskriminiert und will in die Gruppe der Stadtbachfischer aufgenommen werden. Zudem fordert die Frau für die bisherige Ablehnung eine Entschädigung von 1000 Euro vom Verein.
„Es ist bedauerlich, dass der Vorstand nicht selbst erkennen kann, dass er seiner Pflicht nicht genügt, alle Mitglieder gleichzubehandeln, sondern Mitglieder allein wegen ihres Geschlechts benachteiligt“, erklärte die Berliner Anwältin Susann Bräcklein für ihre Mandantin im vergangenen Juli. „Im satzungsmäßigen Zweck hat er sich selbst dem Nutzen der Allgemeinheit verpflichtet. Zur Allgemeinheit gehören eben nicht nur Männer, sondern auch Frauen sowie Zugang zu und Teilhabe an allen Gruppen, Veranstaltungen und Ritualen“, so die Juristin.
Dem Vorstand wolle offenbar nicht einleuchten, dass die Grundrechte auch für gemeinnützige Vereine wie den Fischertagsverein gelten. Das sei aber ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Gerade der Blick in die Geschichte des Fischertages zeige aber, „dass Frauen und Mädchen durchaus rege am Ausfischen
beteiligt waren“, verweist Bräcklein auf einen Artikel im „Spiegelschwab“. Und betont: „Auch Frauen sind traditionsbewusst.“Es gebe keine zwingenden Gründe, Frauen und Mädchen vom Ausfischen auszuschließen. „Es müssen nicht alle Memmingerinnen am Ausfischen teilnehmen. Nur die, die wollen.“
Dieser Argumentation will der Verein mit seinen insgesamt rund 4500 Mitgliedern nicht folgen. „Wir haben Männlein und Weiblein im Verein – und nur in der Gruppe der Stadtbachfischer sind ausschließlich Männer zugelassen“, erklärt Vorsitzender Michael Ruppert.
Sein Hauptargument, dass das auch so bleiben soll: „Die Entscheidungshoheit muss beim Verein und seiner Delegiertenversammlung liegen. Zudem beziehen wir uns auf die Tradition, dass beim Fischertag schon immer nur Männer in den Stadtbach jucken durften.“Er sei froh, dass nun eine gerichtliche Entscheidung falle – „denn zur Sachlage hat sich jede Seite geäußert“.
Würde der Fischertagsverein den Zivilprozess verlieren, hätte das möglicherweise auch Auswirkungen auf die Finanzlage des Vereins. Denn schlimmstenfalls könnte ihm die Gemeinnützigkeit aberkannt werden – was konkret in einem WallensteinJahr durch wegfallende Steuervergünstigungen zu Mindereinnahmen in höherer fünfstelliger Summe führen könnte.
Der Verein hatte nach Bekanntwerden der Klage bereits Kontakt zum Finanzamt aufgenommen und ist dabei, seine Satzung anzugleichen. „Das hätten wir aber auch ohne die Klage gemacht“, betonte der Vorstand bereits im vergangenen Jahr.
Juristisch vertreten lässt sich der Fischertagsverein durch die Kanzlei Menz & Partner. An Verfahrenskosten schlugen allein beim Verein bisher bereits einige Tausend Euro zu buche, so Ruppert weiter. Der gesamte Vorgang füllt einen Aktenordner. Sollte der Fischertagsverein vor dem Amtsgericht Memmingen verlieren, werde man wohl in die nächste Instanz vors Landgericht gehen, so der Vorsitzende.