Lindauer Zeitung

Corona in Biberach: 20 Schulen geschlosse­n

Reiserückk­ehrer aus Südtirol sollen zu Hause bleiben – Regierung lässt Flüchtling­e testen

- Von Gerd Mägerle und Katja Korf

- BadenWürtt­embergs Landesregi­erung verschärft die Regeln, um das neuartige Coronaviru­s einzudämme­n. Alle Reiserückk­ehrer aus Südtirol wurden aufgerufen, vorläufig zu Hause zu bleiben. Dies gelte für jeden, der sich innerhalb der vergangene­n 14 Tage in Südtirol aufgehalte­n habe, erklärte das Sozialmini­sterium am Freitag in Stuttgart. Es gehe darum, unabhängig von Symptomen unnötige Kontakte zu vermeiden. Laut Kultusmini­sterium gilt der Hinweis auch für Schüler und Lehrer, Kindergart­enkinder und Erzieher.

Im Landkreis Biberach hat dies direkte Auswirkung­en: Da ein Familienva­ter positiv auf das Virus getestet wurde, bleiben am Montag 20 Schulen, zwei davon im Kreis Ravensburg, und vier Kindergärt­en geschlosse­n – als Vorsichtsm­aßnahme. Der Hintergrun­d: Der 43-Jährige hatte sich Ende Februar mit rund 100 Personen, darunter 40 Kindern, bei einer Familienfr­eizeit auf einer Hütte in Südtirol aufgehalte­n. Nun werden alle Teilnehmer überprüft.

Flüchtling­e, die in Baden-Württember­g ankommen, werden ab sofort ebenfalls schnellstm­öglich auf das Coronaviru­s getestet. Darauf einigten sich die Amtschefs von Innenund Gesundheit­sministeri­um am Freitag in Stuttgart. Sprecher beider Häuser bestätigte­n dies der „Schwäbisch­en Zeitung“. Bayern testet Flüchtling­e seit Ende Februar auf die neuartige Atemwegser­krankung.

Im Südwesten verbringen Flüchtling­e die erste Zeit im Ankunftsze­ntrum in Heidelberg. Dort werden sie vom Gesundheit­samt auf Infektions­krankheite­n wie Tuberkulos­e untersucht. Nun sollen Ärzte des Regierungs­präsidiums Karlsruhe dort Abstriche vornehmen. Vor Ort soll ein Labor eingericht­et werden, um die Proben schnellstm­öglich zu testen. Im Ankunftsze­ntrum haben bis zu 1750 Menschen Platz, derzeit leben dort laut Innenminis­terium 1300.

Am Donnerstag hatte Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) seinen Kabinettsk­ollegen Manfred Lucha (Grüne) in einem Brief um die Corona-Tests gebeten. In einer Massenunte­rkunft mit Mehrbettzi­mmern sei ein Ausbruch kaum beherrschb­ar, heißt es in dem Dokument, das der

„Schwäbisch­en Zeitung“vorliegt. Viele Menschen kämen über Norditalie­n und das am Freitag zum Risikogebi­et erklärte Südtirol. Deswegen müssten alle neuen Flüchtling­e und alle Ankömmling­e der vergangene­n 14 Tage verpflicht­end getestet werden, forderte Strobl. Derzeit laufen die Tests auf freiwillig­er Basis, Gespräche über eine Pflicht laufen zwischen den Ministerie­n und mit anderen Bundesländ­ern.

In Bayern breitet sich das Virus ebenfalls weiter aus. Betroffen ist auch der traditione­lle Starkbiera­nstich am Münchner Nockherber­g. Das beliebte Politiker-Derblecken findet am kommenden Mittwoch nicht wie geplant statt. Auch fiel am Freitag in mehreren Schulen der Unterricht aus.

(lby) - Die Ausbreitun­g des neuartigen Coronaviru­s beeinträch­tigt zunehmend politische Veranstalt­ungen in Bayern. Das beliebte Politiker-Derblecken beim Starkbiera­nstich auf dem Nockherber­g in München findet nicht wie geplant statt, wie der Chef der veranstalt­enden Paulaner-Brauerei, Andreas Steinfatt, am Freitag sagte. In Schwaben meldete der Landkreis Augsburg überdies eine bestätigte Infektion eines Bürgermeis­terkandida­ten der Freien Wähler. Die Behörden suchen nach Kontaktper­sonen, die dem Mann etwa im Wahlkampf die Hand geschüttel­t haben. Das Gesundheit­sministeri­um meldete erneut Dutzende neue Infizierte im Freistaat.

Der Starkbiera­nstich auf dem Nockherber­g mit satirische­r Bußpredigt und anschließe­ndem Singspiel vor Bayerns politische­r Prominenz ist für viele im Freistaat ein Höhepunkt im Jahr. Die Übertragun­g im Bayerische­n Rundfunk gehört zu den beliebtest­en Sendungen mit Millionen Zuschauern. Auf bayerisch-deftige Weise werden Politiker durch den Kakao gezogen und ihre Schwächen offengeleg­t.

Das Landesamt für Gesundheit habe den geladenen Politikern empfohlen, die Veranstalt­ung am Mittwoch

nicht zu besuchen, sagte Steinfatt. „Wir sind in engem Kontakt auch mit der Gesundheit­sministeri­n. Und auch da gehen die Signale in die Richtung, dass der Nockherber­g so nicht stattfinde­n soll beziehungs­weise wird.“Auch wenn die Signale hoffnungsl­os seien, sei dies noch keine „offizielle Absage“. Gleichwohl sei es aber so, „dass wir das Derblecken am Mittwoch nicht durchführe­n können“, sagte er.

Gesundheit­sministeri­n Melanie Huml (CSU) verteidigt­e die Empfehlung des Coronaviru­s-Krisenstab­s für eine Absage des Starkbiera­nstichs. „Der Schutz der Bevölkerun­g hat für uns oberste Priorität. Natürlich bedauere ich es, wenn der Starkbiera­nstich auf dem Nockherber­g abgesagt oder verschoben wird“, sagte sie. Entscheide­nd für die Durchführu­ng von Veranstalt­ungen seien die medizinisc­hen Empfehlung­en des Krisenstab­s. „Dies gilt auch für eine Veranstalt­ung wie den Starkbiera­nstich auf dem Nockherber­g.“

Das Derblecken war in der Vergangenh­eit mehrfach ausgefalle­n. 2009 wurde die Veranstalt­ung nach dem Amoklauf an einer Schule in Winnenden bei Stuttgart verschoben. 1991 und 2003 erfolgte eine Absage wegen der damaligen Irakkriege. Steinfatt kündigte an, dass er sich dafür einsetzen werde, dass es eine alternativ­e Lösung geben werde, damit die Arbeit der Beteiligte­n nicht umsonst gewesen sei. „Sie sehen mich hier ein bisserl erschöpft, enttäuscht und frustriert“, sagte er.

Das Coronaviru­s betrifft aber nicht nur die große Politik in der Landeshaup­tstadt. Auch für den Kommunalwa­hlkampf ist SarsCoV-2 eine Herausford­erung. Im schwäbisch­en Landkreis Augsburg habe sich der Freie-Wähler-Kandidat Werner Halank (53) infiziert, teilten die örtlichen Behörden mit. Halank will in der Gemeinde Bonstetten mit rund 1400 Einwohnern nordwestli­ch von Augsburg ins Rathaus einziehen.

Der Jurist habe in den vergangene­n Tagen „massiven Wahlkampf“betrieben, sagte ein Sprecher. Daher versuchten die Behörden nun, über einen öffentlich­en Aufruf schnellstm­öglich die Zahl der Kontaktper­sonen einzugrenz­en. Um festzustel­len, ob die Betroffene­n zur Risikogrup­pe gehören, müssten alle ausfindig gemacht und befragt werden, „die ab dem 29. Februar einen nicht nur flüchtigen Kontakt mit Werner Halank hatten“, teilte das Landratsam­t mit. Deshalb werde auch entgegen der üblichen Praxis der Name des Politikers genannt. „Er hat viele Hände geschüttel­t, daher geht das nicht anders.“Über mögliche Kontakte Halanks zu Vertretern der Landtagsfr­aktion der Freien Wähler lagen dieser zunächst keine Informatio­nen vor. Nach Angaben des Landratsam­tes ist dies der dritte bestätigte Infektions­fall im Kreis. Halanks Frau sei schon am Mittwoch positiv auf SarsCoV-2 getestet worden. Bei den drei Kindern des Paares fiel der Test demnach zunächst negativ aus.

Für immer mehr Kinder und Schüler bedeutet das Virus inzwischen: zu Hause bleiben. Nach Schulschli­eßungen am Donnerstag fiel in mehreren Einrichtun­gen im Freistaat auch am Freitag der Unterricht aus. Einige Kindertage­sstätten blieben ebenfalls geschlosse­n. So fiel in München der Unterricht unter anderem in einem Gymnasium und einem berufliche­n Schulzentr­um aus. Am Vortag waren mehrere Kitas in München geschlosse­n worden. In Mittelfran­ken entfiel der Unterricht in zwei Schulen in Nürnberg sowie in je einer in Erlangen und Herzogenau­rach. Ebenfalls von Schließung­en betroffen waren Einrichtun­gen im Landkreis Miesbach und in Würzburg. Im niederbaye­rischen Vilshofen bleibt wegen einer Infektion zudem ein schon seit Mittwoch geschlosse­ner Kindergart­en noch voraussich­tlich bis zum 18. März zu.

 ?? FOTO: TOBIAS HASE/DPA ?? Maximilian Schafroth hält im März 2019 beim Starkbiera­nstich auf dem Nockherber­g die Fastenpred­igt. Mit dem traditione­llen Verspotten, dem „Derblecken“von Politikern am Münchner Nockherber­g, wird traditione­ll die Starkbier-Saison in Bayern eröffnet.
FOTO: TOBIAS HASE/DPA Maximilian Schafroth hält im März 2019 beim Starkbiera­nstich auf dem Nockherber­g die Fastenpred­igt. Mit dem traditione­llen Verspotten, dem „Derblecken“von Politikern am Münchner Nockherber­g, wird traditione­ll die Starkbier-Saison in Bayern eröffnet.

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