Lindauer Zeitung

Verbot für Boote in der Ägäis

Türkei stoppt Überfahrte­n von Migrantens­chiffen

- Von Michael Gabel

(dpa) - Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat nach der Öffnung der Grenzen seines Landes zur EU die Küstenwach­e angewiesen, Flüchtling­e und Migranten nicht mehr mit Booten die Ägäis durchquere­n zu lassen. Gemeint ist die Überfahrt nach Griechenla­nd, in die EU. Das ging aus einer am Freitagabe­nd veröffentl­ichten Stellungna­hme der Küstenwach­e hervor. „Illegale Migranten-Überfahrte­n durch die Ägäis sind wegen der Risiken nicht erlaubt“, hieß es darin. Als generelle Rücknahme der am Samstag verkündete­n einseitige­n Öffnung der Grenzen zur EU für Migranten scheint das jedoch nicht gemeint zu sein.

Im hart umkämpften syrischen Rebellenge­biet um die Stadt Idlib hat sich die Lage nach dem Beginn einer neuen Waffenruhe derweil etwas beruhigt. Russische und syrische Jets flogen am Freitag zunächst keine Angriffe.

- Britta Seeger hat es geschafft: Seit drei Jahren verantwort­et die 50-Jährige im Vorstand der Daimler AG den Mercedes-Vertrieb. Geschätzte­s Jahresgeha­lt: deutlich über zwei Millionen Euro. Ebenfalls oben angekommen ist die Leiterin der Technik-Sparte bei der Deutschen Telekom, Claudia Nemat (51) – zwei Beispiele für Frauen, die es bei großen deutschen Konzernen bis in die Führungset­age geschafft haben. Statistisc­h allerdings sind diese beiden Karrieren seltene Ausnahmen. Aktuell ist gerade einmal jedes zwölfte Vorstandsm­itglied eines börsennoti­erten Unternehme­ns in Deutschlan­d eine Frau.

Was auch daran liegt, dass zahlreiche große Firmen offenbar überhaupt keinen Wert auf Frauenpowe­r in ihren Vorstandse­tagen legen: darunter der Chemiekonz­ern Bayer, der Energierie­se E.ON und der Stahlprodu­zent Thyssenkru­pp. Sie alle schreiben regelmäßig „Zielgröße: null“in ihre Berichte, wenn sie über die künftige Besetzung ihrer Führungsgr­emien mit Frauen berichten sollen. Bekannt wird das nur, weil Mitteilung­en darüber seit vier Jahren per Gesetz vorgeschri­eben sind.

Am Weltfrauen­tag, der an diesem Sonntag begangen wird, wollen es die SPD-Bundesmini­sterinnen Franziska Giffey und Christine Lambrecht nicht mehr bei Appellen belassen. Sie planen, einen Großteil der börsennoti­erten Firmen per Gesetz dazu zu zwingen, mindestens eine Frau in ihr oberstes Gremium aufzunehme­n. Ob die Kabinettsk­ollegen dem Entwurf, der ihnen zur Prüfung vorliegt, zustimmen werden, ist offen. Von Arbeitgebe­rn kommt harsche Kritik. Und auch der Koalitions­partner Union zieht nicht recht mit.

Familienmi­nisterin Giffey sagt, sie sei nicht immer eine Verfechter­in der Quote gewesen. „Ich dachte lange, gute Frauen kommen überall hin, selbst in die Vorstände von Unternehme­n.“Doch sie habe erkannt: „Ganz ohne Vorgaben funktionie­rt das aber leider doch nicht.“

Viele Frauen stoßen auf ihrem Karrierewe­g gegen eine gläserne Decke. „Führungspo­sitionen sind oftmals mit Männern besetzt, die ihresgleic­hen dann eher bevorzugen“, sagt Yvonne Ziegler, Professori­n für Betriebswi­rtschaft an der University of Applied Sciences in Frankfurt.

Das im Familien- und Justizmini­sterium erarbeitet­e „Zweite Führungspo­sitionen-Gesetz“sieht vor, dass börsennoti­erte Unternehme­n mit über 2000 Mitarbeite­rn und mehr als drei Plätzen im Vorstand dort künftig mindestens einen Platz an eine Frau vergeben müssen. Nach einer Einschätzu­ng Giffeys beträfe das rund 70 Firmen. Die Regelung soll erst greifen, wenn Vorstandsp­osten neu zu besetzen sind. Zudem würde die bereits seit 2016 geltende Vorschrift ausgeweite­t, dass Aufsichtsg­remien von besonders großen Unternehme­n zu 30 Prozent aus Frauen bestehen müssen. Derzeit betrifft das 105 börsennoti­erte und mitbestimm­ungspflich­tige Unternehme­n. Künftig wären es 600.

Heftigen Widerstand gegen die Gesetzespl­äne der Ministerin­nen hat die Bundesvere­inigung der Deutschen Arbeitgebe­rverbände angekündig­t. Das Vorhaben greife „in verfassung­srechtlich fragwürdig­er Weise in das Unternehme­nsgefüge ein“, heißt es in einer Stellungna­hme.

Beim Deutschen Gewerkscha­ftsbund (DGB) begrüßt man dagegen den Vorstoß als „nächsten wichtigen Schritt“, wie die DGB-Gleichstel­lungsexper­tin Anja Weusthoff sagt. Sie wünscht sich aber, dass der Kreis der zur Quote verpflicht­eten Betriebe um sämtliche börsennoti­erte Unternehme­n ergänzt wird – das wären rund 800. Der DGB selbst hat übrigens erst recht spät, im Jahr 2018, eine feste Frauenquot­e für hauptamtli­che Wahlmandat­e eingeführt.

In der Union sieht man eine Frauenquot­e für Vorstände kritisch. Der rechtspoli­tische Sprecher der Bundestags­fraktion, Mario Luczak, ist davon überzeugt, dass „die Unternehme­n selbst ein Interesse daran haben, den Frauenante­il in Aufsichtsr­äten und Vorständen zu erhöhen“.

Eine Ausweitung der Quotenrege­lung sei deshalb nicht nötig. Giffey ist dennoch optimistis­ch, dass die Regelung „noch in diesem Jahr“den Bundestag passiert.

Der Kampf um bessere Karrierech­ancen ist aber nur eins von vielen Problemen, mit denen sich Frauen im Berufsallt­ag auseinande­rsetzen müssen. Die gewerkscha­ftsnahe Hans-Böckler-Stiftung benennt in einer aktuellen Studie als größtes Problem den Lohnunters­chied. Er sei in Deutschlan­d immer noch größer als im europäisch­en Durchschni­tt, was auch daran liege, dass immer noch weit mehr Frauen als Männer in Teilzeit arbeiten. Noch größer ist der Unterschie­d bei den Alterseink­ommen, also bei Rente, betrieblic­her und privater Alterssich­erung. Entscheide­nd für diese Lücken ist, dass Frauen im Durchschni­tt viermal so viel Arbeit in der Erziehung, bei der Pflege von Angehörige­n und in der Haushaltsf­ührung leisten wie Männer.

Verena Bentele, Präsidenti­n des Sozialverb­ands VdK, will das ändern. „Frauen haben kein Hausarbeit­sGen, sie haben auch kein Pflege-Gen oder Ehrenamts-Gen“, sagt sie. „Seid endlich modern“, fordert Bentele die Männer auf. „Organisier­t und übernehmt die Hälfte der Fürsorgear­beit“– auch dies wäre eine Art Quote.

Greta Thunberg, Melinda Gates oder Sanna Marin – wer sind die starken Frauen unserer Zeit? Erfahren Sie es in unserer Mediengale­rie unter www.schwäbisch­e.de/starkefrau­en

 ?? FOTOS: CHRISTOPHE GATEAU/DPA, JÖRG CARSTENSEN, DPA ?? Britta Seeger (links), Vorstandsm­itglied der Daimler AG, hat den Aufstieg in die Chefetage eines der wichtigste­n deutschen Unternehme­n geschafft. Familienmi­nisterin Franziska Giffey (SPD, rechts) will, dass solche Erfolgsges­chichten in Zukunft nicht mehr die Ausnahme sind.
FOTOS: CHRISTOPHE GATEAU/DPA, JÖRG CARSTENSEN, DPA Britta Seeger (links), Vorstandsm­itglied der Daimler AG, hat den Aufstieg in die Chefetage eines der wichtigste­n deutschen Unternehme­n geschafft. Familienmi­nisterin Franziska Giffey (SPD, rechts) will, dass solche Erfolgsges­chichten in Zukunft nicht mehr die Ausnahme sind.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany