Verbot für Boote in der Ägäis
Türkei stoppt Überfahrten von Migrantenschiffen
(dpa) - Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat nach der Öffnung der Grenzen seines Landes zur EU die Küstenwache angewiesen, Flüchtlinge und Migranten nicht mehr mit Booten die Ägäis durchqueren zu lassen. Gemeint ist die Überfahrt nach Griechenland, in die EU. Das ging aus einer am Freitagabend veröffentlichten Stellungnahme der Küstenwache hervor. „Illegale Migranten-Überfahrten durch die Ägäis sind wegen der Risiken nicht erlaubt“, hieß es darin. Als generelle Rücknahme der am Samstag verkündeten einseitigen Öffnung der Grenzen zur EU für Migranten scheint das jedoch nicht gemeint zu sein.
Im hart umkämpften syrischen Rebellengebiet um die Stadt Idlib hat sich die Lage nach dem Beginn einer neuen Waffenruhe derweil etwas beruhigt. Russische und syrische Jets flogen am Freitag zunächst keine Angriffe.
- Britta Seeger hat es geschafft: Seit drei Jahren verantwortet die 50-Jährige im Vorstand der Daimler AG den Mercedes-Vertrieb. Geschätztes Jahresgehalt: deutlich über zwei Millionen Euro. Ebenfalls oben angekommen ist die Leiterin der Technik-Sparte bei der Deutschen Telekom, Claudia Nemat (51) – zwei Beispiele für Frauen, die es bei großen deutschen Konzernen bis in die Führungsetage geschafft haben. Statistisch allerdings sind diese beiden Karrieren seltene Ausnahmen. Aktuell ist gerade einmal jedes zwölfte Vorstandsmitglied eines börsennotierten Unternehmens in Deutschland eine Frau.
Was auch daran liegt, dass zahlreiche große Firmen offenbar überhaupt keinen Wert auf Frauenpower in ihren Vorstandsetagen legen: darunter der Chemiekonzern Bayer, der Energieriese E.ON und der Stahlproduzent Thyssenkrupp. Sie alle schreiben regelmäßig „Zielgröße: null“in ihre Berichte, wenn sie über die künftige Besetzung ihrer Führungsgremien mit Frauen berichten sollen. Bekannt wird das nur, weil Mitteilungen darüber seit vier Jahren per Gesetz vorgeschrieben sind.
Am Weltfrauentag, der an diesem Sonntag begangen wird, wollen es die SPD-Bundesministerinnen Franziska Giffey und Christine Lambrecht nicht mehr bei Appellen belassen. Sie planen, einen Großteil der börsennotierten Firmen per Gesetz dazu zu zwingen, mindestens eine Frau in ihr oberstes Gremium aufzunehmen. Ob die Kabinettskollegen dem Entwurf, der ihnen zur Prüfung vorliegt, zustimmen werden, ist offen. Von Arbeitgebern kommt harsche Kritik. Und auch der Koalitionspartner Union zieht nicht recht mit.
Familienministerin Giffey sagt, sie sei nicht immer eine Verfechterin der Quote gewesen. „Ich dachte lange, gute Frauen kommen überall hin, selbst in die Vorstände von Unternehmen.“Doch sie habe erkannt: „Ganz ohne Vorgaben funktioniert das aber leider doch nicht.“
Viele Frauen stoßen auf ihrem Karriereweg gegen eine gläserne Decke. „Führungspositionen sind oftmals mit Männern besetzt, die ihresgleichen dann eher bevorzugen“, sagt Yvonne Ziegler, Professorin für Betriebswirtschaft an der University of Applied Sciences in Frankfurt.
Das im Familien- und Justizministerium erarbeitete „Zweite Führungspositionen-Gesetz“sieht vor, dass börsennotierte Unternehmen mit über 2000 Mitarbeitern und mehr als drei Plätzen im Vorstand dort künftig mindestens einen Platz an eine Frau vergeben müssen. Nach einer Einschätzung Giffeys beträfe das rund 70 Firmen. Die Regelung soll erst greifen, wenn Vorstandsposten neu zu besetzen sind. Zudem würde die bereits seit 2016 geltende Vorschrift ausgeweitet, dass Aufsichtsgremien von besonders großen Unternehmen zu 30 Prozent aus Frauen bestehen müssen. Derzeit betrifft das 105 börsennotierte und mitbestimmungspflichtige Unternehmen. Künftig wären es 600.
Heftigen Widerstand gegen die Gesetzespläne der Ministerinnen hat die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände angekündigt. Das Vorhaben greife „in verfassungsrechtlich fragwürdiger Weise in das Unternehmensgefüge ein“, heißt es in einer Stellungnahme.
Beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) begrüßt man dagegen den Vorstoß als „nächsten wichtigen Schritt“, wie die DGB-Gleichstellungsexpertin Anja Weusthoff sagt. Sie wünscht sich aber, dass der Kreis der zur Quote verpflichteten Betriebe um sämtliche börsennotierte Unternehmen ergänzt wird – das wären rund 800. Der DGB selbst hat übrigens erst recht spät, im Jahr 2018, eine feste Frauenquote für hauptamtliche Wahlmandate eingeführt.
In der Union sieht man eine Frauenquote für Vorstände kritisch. Der rechtspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Mario Luczak, ist davon überzeugt, dass „die Unternehmen selbst ein Interesse daran haben, den Frauenanteil in Aufsichtsräten und Vorständen zu erhöhen“.
Eine Ausweitung der Quotenregelung sei deshalb nicht nötig. Giffey ist dennoch optimistisch, dass die Regelung „noch in diesem Jahr“den Bundestag passiert.
Der Kampf um bessere Karrierechancen ist aber nur eins von vielen Problemen, mit denen sich Frauen im Berufsalltag auseinandersetzen müssen. Die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung benennt in einer aktuellen Studie als größtes Problem den Lohnunterschied. Er sei in Deutschland immer noch größer als im europäischen Durchschnitt, was auch daran liege, dass immer noch weit mehr Frauen als Männer in Teilzeit arbeiten. Noch größer ist der Unterschied bei den Alterseinkommen, also bei Rente, betrieblicher und privater Alterssicherung. Entscheidend für diese Lücken ist, dass Frauen im Durchschnitt viermal so viel Arbeit in der Erziehung, bei der Pflege von Angehörigen und in der Haushaltsführung leisten wie Männer.
Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK, will das ändern. „Frauen haben kein HausarbeitsGen, sie haben auch kein Pflege-Gen oder Ehrenamts-Gen“, sagt sie. „Seid endlich modern“, fordert Bentele die Männer auf. „Organisiert und übernehmt die Hälfte der Fürsorgearbeit“– auch dies wäre eine Art Quote.
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