Auch Zivilisten sterben bei Anschlag in Kabul
Angriff auf Gedenkveranstaltung – Afghanistan-Expertin fordert Beteiligung von Frauen am Friedensprozess
(clak/dpa/ AFP) - Wie fragil die Lage in Afghanistan ist, zeigt der Anschlag vom Freitag: Mindestens 27 Zivilisten starben bei einem Angriff auf eine Kundgebung in der Hauptstadt Kabul. Ein Sprecher des afghanischen Innenministeriums sagte, unter den Toten seien auch Frauen und Kinder. Bei der Kundgebung handelte es sich um eine jährliche Gedenkveranstaltung für den vor 25 Jahren verstorbenen schiitischen Milizenführer Abdul Ali Masari, an der auch Regierungsvertreter teilgenommen hatten. Die Terrormiliz „Islamischer Staat“reklamierte den Anschlag für sich. Die radikalislamischen Taliban hatten vergangene Woche in Doha ein Friedensabkommen mit den USA unterzeichnet, seither gab es allerdings dennoch Dutzende Anschläge.
An der Entstehung des Abkommens mit den Taliban seien auch Frauenorganisationen beteiligt gewesen, teilt Rose Beaugrand, Regionalreferentin für Afghanistan der Frauenrechtsorganisation Medica Mondiale, mit. Dennoch geht sie nicht davon aus, dass sich die Situation von Frauen und Mädchen verbessern wird – im Gegenteil. „Sollten die Taliban wieder politisch mitbestimmen dürfen in Afghanistan, ist eher damit zu rechnen, dass es Rückschritte bei den Frauenrechten geben wird“, so Beaugrand.
Frauen müssten aktiv am Friedensprozess beteiligt werden, fordert die Afghanistan-Expertin.
Sie „müssen als Verhandlerinnen mit am Tisch sitzen und die Ergebnisse beeinflussen können“. Nur so könnten Frauen ihre Rechte nutzen, „ohne dabei ihre eigene Sicherheit und das eigene Wohlbefinden zu gefährden und das der Gemeinschaften, in denen sie leben“. Dies sei eine wichtige Voraussetzung, um die Situation von Frauen und Mädchen im ganzen Land zu verbessern.
Sicherheit ist auch ein wichtiger Faktor im Hinblick auf Bildungschancen von Mädchen, so Beaugrand. Die Bundeswehr habe zu „verbesserten Bildungschancen für Mädchen beigetragen“, weil sie durch Ausbildungsprogramme die afghanischen Streitkräfte und die Polizei in die Lage versetzte, für mehr Sicherheit im öffentlichen Raum zu sorgen. Doch umfassende Mädchenbildung könne nur erreicht werden, wenn die „Normen und Werte“sich entsprechend veränderten. „Wenn die Eltern das Grundrecht ihrer Tochter auf Bildung kennen und anerkennen, die ökonomische Situation es zulässt und die Tochter nicht zu früh heiratet, hat sie eine Chance auf gute Bildung“, teilt Beaugrand mit.
Wenn es Frieden und Sicherheit in Afghanistan gäbe, wenn sich die Bildungsmöglichkeiten verbessern und sich die ökonomischen Verhältnisse verändern würden, wenn es größere Nahrungsmittelsicherheit gäbe – dann wäre dies ein großer Fortschritt in den Lebensverhältnissen der Menschen in Afghanistan, so Beaugrand. Zudem bräuchte es eine spezifische Unterstützung von Frauen und Mädchen, da sie Bedrohungen wie häuslicher Gewalt ausgesetzt seien.
US-Präsident Donald Trump gab derweil bekannt, dass er eine Machtübernahme der Taliban nach dem Rückzug der US-Truppen für möglich hält. Dieses Szenario werde von seiner Regierung zwar nicht angestrebt, „aber es wird womöglich so kommen“, sagte Trump am Freitag. „Jedes Land muss für sich selbst sorgen.“