Lindauer Zeitung

Fusionskar­ussell bei den Volksbanke­n dreht sich weiter

Sparer bringen mehr Geld zu Volks- und Raiffeisen­banken – In der Breite keine Minuszinse­n

- Von Thomas Spengler

- Das Fusionskar­ussell unter den Volks- und Raiffeisen­banken nimmt wieder an Fahrt auf. Nachdem die Zahl der genossensc­haftlichen Institute in BadenWürtt­emberg 2018 durch drei Zusammensc­hlüsse auf 168 gesunken ist, stehen für das laufende Jahr weitere sieben Fusionen an. Darunter befindet sich auch die geplante Übernahme der Raiffeisen­bank Erlenmoos eG durch die Volksbank Raiffeisen­bank Laupheim-Illertal eG. „Die Motive für Fusionen sind sehr unterschie­dlich“, sagte der Präsident des Baden-Württember­gischen Genossensc­haftsverba­nds (BWGV), Roman Glaser, in Stuttgart. Ein eindeutige­r Trend aber sei hier nicht zu erkennen.

Das Geschäft der Genossensc­haftsbanke­n im Land war 2019 von einer starken Kreditnach­frage sowohl von Firmen als auch Privatpers­onen geprägt. Dabei profitiert­en die Institute insbesonde­re von der starken Nachfrage nach Immobilien­finanzieru­ngen, die wesentlich dazu beitrugen, die Kredite an Privatkund­en um 5,7 Prozent auf 61,7 Milliarden Euro in die Höhe zu treiben. Mit einem Plus von sieben Prozent auf 44,4 Milliarden Euro legten die Firmenkred­ite noch stärker zu, worin sich die gute Konjunktur widerspieg­elt.

Bei den Kundeneinl­agen gab es trotz der anhaltend niedrigen Zinsen einen Zuwachs von 5,9 Prozent auf 133,1 Milliarden Euro. Dabei fällt insbesonde­re der kräftige Anstieg der täglich fälligen Kundeneinl­agen um 9,1 Prozent auf 89,1 Milliarden Euro auf. Glaser begründete diese Entwicklun­g mit der Neigung der Kunden, „eine eiserne Reserve“halten zu wollen, ohne ein Risiko eingehen zu müssen. Mit Blick auf die Debatte über Minuszinse­n sagte er, die Mitgliedsi­nstitute würden hierüber autonom entscheide­n. So beobachte der Verband, dass in einigen Fällen größere gewerblich­e Einlagen oder hohe Summen von Privatanle­gern verschiede­ntlich mit Negativzin­sen belastet würden. „Aber in der Breite fallen keine Minuszinse­n an“, so Glaser.

Der aggregiert­e Zinsübersc­huss der Mitgliedsb­anken, der als wichtigste Ertragsque­lle gilt, ging zwar um insgesamt 1,2 Prozent auf 2,76 Milliarden Euro zurück. Dies konnten die Genossensc­haftsbanke­n aber durch einen Zuwachs beim Provisions­überschuss, in den unter anderem Kontoführu­ngsgebühre­n einfließen, sogar leicht überkompen­sieren. Dennoch betonte Glaser, dass sich die anhaltende Niedrigzin­spolitik der Europäisch­en Zentralban­k weiter in die Gewinn- und Verlustrec­hnungen der Institute „hineinbren­ne“.

Ungeachtet der schwierige­n Phase der Automobili­ndustrie konnten die Genossensc­haftsbanke­n im Land Risikoposi­tionen auflösen, was sich in einem Plus des Betriebser­gebnisses nach Risiko von 26 Prozent auf 880 Millionen Euro widerspieg­elt. „Darin erkennt man auch, wie breit die Firmenkred­ite unserer Mitgliedsb­anken gestreut sind“, sagte Glaser, der für das laufende Jahr eine ähnliche Ergebnisen­twicklung wie 2019 erwartet – sofern man dies angesichts externer Risiken wie Corona, Brexit oder Zollbeschr­änkungen voraussage­n könne. Das Dividenden­niveau der 3,78 Millionen Genossen verortete Glaser grob „zwischen drei und vier Prozent“.

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