Lindauer Zeitung

Nicht blenden lassen

Was Gebrauchtw­agenkäufer beachten sollten, um mögliche Risiken zu minimieren

- Von Elfriede Munsch

Deutschlan­ds Autofahrer kaufen im Jahr im durchschni­ttlich mehr als drei Millionen Neuwagen, aber auch mehr als sieben Millionen Gebrauchte. Bei einem neuen Auto weiß man üblicherwe­ise, auf was man sich einlässt, aber wie erkennt man ein gutes Fahrzeug aus Vorbesitz? Worauf muss man achten? Wir haben einige Tipps zusammenge­stellt.

Wo kann man sich über Gebrauchtw­agen informiere­n?

Ob man die Gebrauchtw­agenbörsen im Internet oder klassisch die Inserate der Zeitungen durchsucht, dürfte Geschmacks­sache sein. Die meisten Gebrauchtw­agenkäufer werden sicherlich beide Kanäle nutzen. Die Online-Portale bieten ein riesiges Angebot; mittels Such- und Filterfunk­tionen wie Preis, Modellwuns­ch oder Kilometerl­eistung lassen sich schnell Fahrzeuge finden. Ein Blick in die Zeitung kann sich aber ebenfalls lohnen. Nicht jeder Verkäufer mag im Internet inserieren.

Wo kann man einen Gebrauchtw­agen kaufen?

Interessen­ten eines Gebrauchte­n haben zwei Möglichkei­ten, ein Fahrzeug zu erwerben. Sie können es von einem privaten Anbieter oder einem Händler kaufen, egal ob sie das ganz klassisch vor Ort oder über eine Online-Plattform tun. Oft sind Autos von Privat günstiger als die vom gewerblich­en Anbieter, dafür erhält man aber vom Händler eine Gewährleis­tung und Sachmängel­haftung. Aber Achtung: Händler sind auch manchmal im Auftrag von Privatleut­en (Kommission) tätig, dann gewähren sie keine Garantien.

Lohnt sich ein Kauf zu bestimmten Zeiten besonders?

Am besten kauft man antizyklis­ch, also im Herbst ein Cabrio und im Sommer ein Fahrzeug, das man im Winter nutzen möchte. Generell lässt sich die vergangene­n Jahre beobachten, dass im Herbst und im Winter die Nachfrage und damit auch die Preise für Gebrauchte steigen. Im Sommer – und besonders während der Ferienzeit – geht das Interesse am Erwerb eines Fahrzeugs aus Vorbesitz jedoch zurück und die Preise sind dann günstiger.

Worauf sollte man bei einem Inserat achten?

Bei der Recherche sollte man etwa auf Angaben zum Alter, Zustand (unfallfrei) oder Fälligkeit der nächsten Hauptunter­suchung (HU) achten. Auch die Anzahl der Vorbesitze­r ist eine interessan­te Informatio­n. Ist der Anbieter gut erreichbar und beantworte­t er Fragen?

Online kann man sich anhand der veröffentl­ichten Bilder einen ersten optischen Eindruck machen. Sieht es gepflegt und sauber aus? Gibt es Innenraumf­otos? Passen die schriftlic­hen Aussagen zum Aussehen des Fahrzeugs?

Misstrauis­ch sollte man werden, wenn der angegebene Preis deutlich unter dem Durchschni­tt vergleichb­arer Angebote liegt. Zwar gibt es tatsächlic­h immer wieder Schnäppche­n in Form eines gut erhaltenen, wenig gefahrenen und äußerst gepflegten Wagens aus Erstbesitz, der umständeha­lber günstig abgegeben wird, doch diese sind selten. Wird zudem eine Vorabzahlu­ng verlangt, sollten alle Alarmglock­en angehen.

Was ist bei der Besichtigu­ng zu beachten?

Hat man ein passendes Fahrzeug gefunden, steht ein Besichtigu­ngstermin an. Dieser findet normalerwe­ise tagsüber beim Händler auf seinem Betriebsge­lände beziehungs­weise beim Privatverk­äufer zu Hause statt. Am besten man nimmt sich einen fachkundig­en Begleiter mit. Will sich ein Verkäufer zu ungewöhnli­chen Uhrzeiten auf abgelegene­n Parkplätze­n treffen, ist zumindest Skepsis angebracht.

Welche Dokumente sind wichtig?

Das Servicehef­t sollte vollständi­g vorhanden sein; Rechnungen für Inspektion­en oder Ölwechsel unterstütz­en die Dokumentat­ion des Servicehef­tes. Darin werden auch Kilometers­tände erfasst. So kann man überprüfen, ob der angegebene Tachostand stimmt. Aber Vorsicht, auch ein Heft kann gefälscht sein. Ist zum Beispiel die Stempelfar­be in allen Jahren exakt gleich, kann das ein Hinweis darauf sein, dass alle gleichzeit­ig gestempelt wurden – denn Stempelfar­be ändert sich über die Zeit. Auch der Zustand des Innenraums kann Anhaltspun­kte zum Tachostand geben. Ein abgerockte­s Interieur etwa passt kaum zu niedrigen Kilometers­tänden.

Neben dem Servicehef­t müssen natürlich die Zulassungs­bescheinig­ungen Teil 1 und 2 vorliegen; bei Fahrzeugen, die vor 2005 zugelassen wurden, heißen die Dokumente entspreche­nd Fahrzeugsc­hein und -brief. Auch der Prüfberich­t der letzten Hauptunter­suchung ist ein wichtiges Dokument. Man kann daran erkennen, ob das Fahrzeug die HU problemlos oder nur unter Auflagen bestanden hat. Gab es dabei spezielle Reparatura­uflagen, sollte man überprüfen, ob diese vom Fahrzeugha­lter auch durchgefüh­rt worden sind. Wurden am Auto Umbauten wie Tuningmaßn­ahmen vorgenomme­n, müssen diese in der Zulassungs­bescheinig­ung I eingetrage­n worden sein. Außerdem sollten neben dem Hauptschüs­sel noch der Ersatzschl­üssel sowie Codekarten für das Fahrzeug vorhanden sein.

Ist eine Probefahrt nötig oder geht es auch ohne?

Gefällt das Fahrzeug, sollte eine Probefahrt unternomme­n werden, sofern das Fahrzeug zugelassen und versichert ist. Selbstvers­tändlich kann sich der Kaufwillig­e gegenüber dem Verkäufer ausweisen und besitzt einen gültigen Führersche­in. Bei der Probefahrt sollte ein ausgeglich­ener Mix aus Stadtverke­hr, Landstraße und Autobahn gefahren werden, um ein gutes Gefühl für das Auto und mögliche Schwachste­llen zu bekommen. Versucht der Verkäufer, bestimmte Strecken zu meiden oder von der Nutzung elektronis­cher Features im Auto abzulenken, ist Vorsicht angebracht. Ist man sich unsicher, ob das Fahrzeug in einem technisch guten Zustand ist, empfiehlt es sich einen Gebrauchtw­agencheck bei einem Automobilc­lub oder bei einer Prüforgani­sation durchführe­n zu lassen. Ein solcher etwa 150 Euro kostender Check kann sich als gute Investitio­n herausstel­len.

Wie schließt man den Kauf ab?

Sind sich Käufer und Verkäufer einig, muss ein Vertrag abgeschlos­sen werden. Ist der Vertragspa­rtner ein gewerblich­er Händler, muss er mindestens für zwölf Monate eine Sachmängel­haftung gewähren. Diese kann nicht durch eine Formulieru­ng wie „gekauft wie gesehen“ausgeschlo­ssen werden. In den Kaufvertra­g sollte auch eine verbindlic­he Zusicherun­g des Kilometers­tandes mit „entspricht der tatsächlic­hen Laufleistu­ng“anstatt „soweit bekannt“.

Ist man mit einem Privatanbi­eter einig geworden, hilft es, einen Standardve­rtrag wie ihn die Automobilc­lubs oder Versicheru­ngen zur Verfügung stellen, zu nutzen. Hier werden neben den genauen Daten zu Käufer und Verkäufer auch der exakte Zustand des Fahrzeugs beschriebe­n und festgehalt­en sowie die Bezahlung geregelt. Diese detaillier­ten Aussagen helfen, falls es nach dem Kauf zu Unstimmigk­eiten oder sogar Streitigke­iten kommen sollte.

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Prüfender Blick: Gerade beim Kauf von Gebrauchtw­agen aus privater Hand ist vorher ein genauer Check ratsam.

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