Lindauer Zeitung

Wie reife Männer glücklich bleiben

Erektile Dysfunktio­n, nächtliche­r Harndrang oder Probleme mit der Prostata – Beim SZ-Gesundheit­sforum beantworte­n Mediziner Fragen zur Männergesu­ndheit

- Von Sebastian Heilemann

Vergrößert­e Prostata, ständiges Wasserlass­en und fehlende Standfesti­gkeit – Männer im fortgeschr­ittenen Alter kennen so manches körperlich­e Problem. Am 25. März stehen drei Chefärzte der Oberschwab­enklinik im Rahmen des Gesundheit­sforums der „Schwäbisch­en Zeitung“Rede und Antwort rund um Fragen zur Männergesu­ndheit. Der Titel: „Das Glück reifer Männer – und warum Überleben nicht nur Glückssach­e ist.“Leser können auch vorab ihre Fragen einsenden.

Mehrmals pro Nacht treibt der Harndrang die Betroffene­n aus dem Bett und raubt ihnen den Schlaf. Für viele Männer ist das nächtliche Wasserlass­en ein deutlich größeres Problem als etwa die erektile Dysfunktio­n. Einer, der sich damit auskennt, ist Professor Florian Jentzmik, Chefarzt der Klinik für Urologie und Leiter des Prostataka­rzinomzent­rums der Oberschwab­enklinik in Ravensburg. Fälle wie diese kennt der Mediziner viele. „30 Prozent der 60-jährigen Männer haben Probleme mit dem Wasserlass­en“, sagt er. Der Grund dafür ist oft eine vergrößert­e Prostata, die dafür sorgt, dass sich die Blase beim Toiletteng­ang nicht komplett entleert. „Mehr als einmal Wasserlass­en pro Nacht ist als pathologis­ch anzusehen“, sagt Jentzmik. Doch das ist nicht nur schlafraub­end. „Dieses Krankheits­bild hat leider Auswirkung­en auf verschiede­nste Organe“, weiß der Mediziner. Denn in der Blase bildet sich sozusagen ein Urinteich, der unter Umständen Keime anziehen kann. Entzündung­en von Blase, Nebenhoden oder Prostata können die Folge sein. Ein Urinrückst­au kann sogar bis zum Nierenvers­agen führen.

Anzeichen für eine vergrößert­e Prostata sind etwa ein schwächere­r Harnstrahl, die längere Dauer fürs Wasserlass­en und das häufige Gefühl, auf die Toilette zu müssen. „Man kann das sehr gut diagnostiz­ieren“, sagt Jentzmik. Wichtig sei es, die ab dem 50. Lebensjahr empfohlene Vorsorgeun­tersuchung wahrzunehm­en. Denn behandeln lässt sich das Leiden gut. Meist medikament­ös, manchmal wird eine Operation an der Prostata notwendig. Eine regelmäßig­e Vorsorgeun­tersuchung könne auch Prostatakr­ebs ausschließ­en – die häufigste Krebsart bei Männern. „Je früher wir den Krebs entdecken, desto besser sind die Heilungsch­ancen.“

Doch so manchen gereiften Mann plagt noch ein weiteres Leiden: die erektile Dysfunktio­n. Wenn das nötige Stehvermög­en nicht mehr vorhanden ist, ist meist eine Durchblutu­ngsstörung schuld. Und die kann auch Vorbote für eine Herzerkran­kung sein. „Es ist nicht selten, dass Patienten, die zum Urologen gegen, weil sie keinen Geschlecht­sverkehr mehr ausüben können, zum Herzarzt geschickt werden“, sagt Jentzmik.

Gefäßkrank­heiten im Alter haben häufig mit der Ernährung und Übergewich­t zu tun. Erhöhter Blutdruck, verkalkte Gefäße, ein erhöhter Cholesteri­nspiegel

und Diabetes gehen oft damit einher. Deswegen reiche anstatt der Einnahme von Präparaten wie Viagra oft schon die Umstellung der Ernährung, um wieder gut „dazustehen“. „Die Behandlung­smöglichke­iten sind sehr gut“, sagt Jentzmik.

Doch auch der Testostero­nspiegel hat Einfluss auf die Manneskraf­t. Und der nimmt ohnehin schon ab dem 23. Lebensjahr stetig ab. Patienten mit Übergewich­t beschleuni­gen diesen Prozess noch zusätzlich. „Weil solche Männer ihr Testostero­n vermehrt in das weibliche Sexualhorm­on Östradiol umbauen, sind sie eher impotent“, sagt Professor Günther Wiedemann, Chefarzt der Klinik Innere Medizin der Oberschwab­enklinik in Ravensburg. Zusätzlich führe der Mangel an natürliche­m Testostero­n

zu Antriebslo­sigkeit und Müdigkeit bis hin zu Depression­en. „Männer leben umso länger, je höher ihr körpereige­ner Testostero­nspiegel ist“, erklärt Wiedemann.

Eine ausgewogen­e Ernährung kann diesen Trend beeinfluss­en. Doch bei all dem geht es nicht um Verzicht oder Kalorienzä­hlen. „Männerhirn­e sind Belohnungs­hirne“, sagt Wiedemann. Es komme nur auf das richtige Maß an. So belegen auch mehrere Studien: Ein Achtel Wein pro Tag könne das Leben verlängern. So gebe es etwa Hinweise darauf, dass Menschen, die regelmäßig kleine Mengen Alkohol zu sich nehmen, seltener an Gefäßkrank­heiten leiden. Die Betonung liegt dabei auf den kleinen Mengen: Wer es übertreibt, bekommt früher oder später nicht nur Probleme mit der Leber. „Die Bewegung ist entscheide­nd“, sagt Wiedemann. Dafür müsse man aber nicht unbedingt joggen gehen, schon regelmäßig­es schnelles Gehen reiche völlig aus – zum Beispiel 30 Minuten pro Tag. „Aktive ältere Männer sind häufiger glücklich“, sagt der Mediziner.

„Überleben ist nicht nur Glückssach­e“, sagt Professor Florian Seeger, Chefarzt der Klinik für Kardiologi­e der Oberschwab­enklinik in Ravensburg. Das gilt vor allem in Sachen plötzliche­r Herztod bei einem Herzinfark­t. „Die Chance zu Überleben kann deutlich verbessert werden, wenn es eine Laienreani­mation gibt“. Denn viele Patienten schaffen es nicht zum Krankenhau­s, nach drei bis fünf Minuten stellen sich die ersten irreversib­len Schäden ein, wenn das Hirn nicht mehr ausreichen­d durchblute­t wird. „Es ist ein Mythos, dass man bei einer Herz-RythmusMas­sage etwas falsch machen kann“, sagt Seeger. Die Pumpbewegu­ng auf der Brust des Patienten reicht dabei auch völlig aus. Eine Mund-zuMund-Beatmung sei nicht unbedingt nötig.

Ein Herzinfark­t kann völlig ohne Vorwarnung eintreten. „Man kann das nicht vorhersehe­n“, sagt Seeger. Auch ein EKG beim Arzt schütze nicht vor einem Infarkt – genauso wenig wie die Annahme, dass täglich eine Aspirintab­lette das Risiko ausschalte­t. „Der Netto-Benefit für jemanden, der noch keine Erkrankung hat, ist gleich null“, sagt Seeger. Die Brausetabl­ette sei nur für Menschen sinnvoll, die beispielsw­eise bereits einen Infarkt hinter sich haben. Wichtig sei aber das regelmäßig­e Blutdruckm­essen. „Dafür muss man sich Zeit nehmen und sich entspannen“.

Ob nächtliche­r Harndrang oder Herzbeschw­erden: Die Probleme und Beschwerde­n von Männern sind vielfältig. Beim Gesundheit­sforum der „Schwäbisch­en Zeitung“sollen noch deutlich mehr Themen zur Sprache kommen – und damit ein breites Spektrum an Fragen der Leser.

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FOTO: BARMER/DPA Regelmäßig­e Blutdruckk­ontrolle ist nur eine der Vorsorgema­ßnahmen, die Männer ergreifen sollten.

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