Wie reife Männer glücklich bleiben
Erektile Dysfunktion, nächtlicher Harndrang oder Probleme mit der Prostata – Beim SZ-Gesundheitsforum beantworten Mediziner Fragen zur Männergesundheit
Vergrößerte Prostata, ständiges Wasserlassen und fehlende Standfestigkeit – Männer im fortgeschrittenen Alter kennen so manches körperliche Problem. Am 25. März stehen drei Chefärzte der Oberschwabenklinik im Rahmen des Gesundheitsforums der „Schwäbischen Zeitung“Rede und Antwort rund um Fragen zur Männergesundheit. Der Titel: „Das Glück reifer Männer – und warum Überleben nicht nur Glückssache ist.“Leser können auch vorab ihre Fragen einsenden.
Mehrmals pro Nacht treibt der Harndrang die Betroffenen aus dem Bett und raubt ihnen den Schlaf. Für viele Männer ist das nächtliche Wasserlassen ein deutlich größeres Problem als etwa die erektile Dysfunktion. Einer, der sich damit auskennt, ist Professor Florian Jentzmik, Chefarzt der Klinik für Urologie und Leiter des Prostatakarzinomzentrums der Oberschwabenklinik in Ravensburg. Fälle wie diese kennt der Mediziner viele. „30 Prozent der 60-jährigen Männer haben Probleme mit dem Wasserlassen“, sagt er. Der Grund dafür ist oft eine vergrößerte Prostata, die dafür sorgt, dass sich die Blase beim Toilettengang nicht komplett entleert. „Mehr als einmal Wasserlassen pro Nacht ist als pathologisch anzusehen“, sagt Jentzmik. Doch das ist nicht nur schlafraubend. „Dieses Krankheitsbild hat leider Auswirkungen auf verschiedenste Organe“, weiß der Mediziner. Denn in der Blase bildet sich sozusagen ein Urinteich, der unter Umständen Keime anziehen kann. Entzündungen von Blase, Nebenhoden oder Prostata können die Folge sein. Ein Urinrückstau kann sogar bis zum Nierenversagen führen.
Anzeichen für eine vergrößerte Prostata sind etwa ein schwächerer Harnstrahl, die längere Dauer fürs Wasserlassen und das häufige Gefühl, auf die Toilette zu müssen. „Man kann das sehr gut diagnostizieren“, sagt Jentzmik. Wichtig sei es, die ab dem 50. Lebensjahr empfohlene Vorsorgeuntersuchung wahrzunehmen. Denn behandeln lässt sich das Leiden gut. Meist medikamentös, manchmal wird eine Operation an der Prostata notwendig. Eine regelmäßige Vorsorgeuntersuchung könne auch Prostatakrebs ausschließen – die häufigste Krebsart bei Männern. „Je früher wir den Krebs entdecken, desto besser sind die Heilungschancen.“
Doch so manchen gereiften Mann plagt noch ein weiteres Leiden: die erektile Dysfunktion. Wenn das nötige Stehvermögen nicht mehr vorhanden ist, ist meist eine Durchblutungsstörung schuld. Und die kann auch Vorbote für eine Herzerkrankung sein. „Es ist nicht selten, dass Patienten, die zum Urologen gegen, weil sie keinen Geschlechtsverkehr mehr ausüben können, zum Herzarzt geschickt werden“, sagt Jentzmik.
Gefäßkrankheiten im Alter haben häufig mit der Ernährung und Übergewicht zu tun. Erhöhter Blutdruck, verkalkte Gefäße, ein erhöhter Cholesterinspiegel
und Diabetes gehen oft damit einher. Deswegen reiche anstatt der Einnahme von Präparaten wie Viagra oft schon die Umstellung der Ernährung, um wieder gut „dazustehen“. „Die Behandlungsmöglichkeiten sind sehr gut“, sagt Jentzmik.
Doch auch der Testosteronspiegel hat Einfluss auf die Manneskraft. Und der nimmt ohnehin schon ab dem 23. Lebensjahr stetig ab. Patienten mit Übergewicht beschleunigen diesen Prozess noch zusätzlich. „Weil solche Männer ihr Testosteron vermehrt in das weibliche Sexualhormon Östradiol umbauen, sind sie eher impotent“, sagt Professor Günther Wiedemann, Chefarzt der Klinik Innere Medizin der Oberschwabenklinik in Ravensburg. Zusätzlich führe der Mangel an natürlichem Testosteron
zu Antriebslosigkeit und Müdigkeit bis hin zu Depressionen. „Männer leben umso länger, je höher ihr körpereigener Testosteronspiegel ist“, erklärt Wiedemann.
Eine ausgewogene Ernährung kann diesen Trend beeinflussen. Doch bei all dem geht es nicht um Verzicht oder Kalorienzählen. „Männerhirne sind Belohnungshirne“, sagt Wiedemann. Es komme nur auf das richtige Maß an. So belegen auch mehrere Studien: Ein Achtel Wein pro Tag könne das Leben verlängern. So gebe es etwa Hinweise darauf, dass Menschen, die regelmäßig kleine Mengen Alkohol zu sich nehmen, seltener an Gefäßkrankheiten leiden. Die Betonung liegt dabei auf den kleinen Mengen: Wer es übertreibt, bekommt früher oder später nicht nur Probleme mit der Leber. „Die Bewegung ist entscheidend“, sagt Wiedemann. Dafür müsse man aber nicht unbedingt joggen gehen, schon regelmäßiges schnelles Gehen reiche völlig aus – zum Beispiel 30 Minuten pro Tag. „Aktive ältere Männer sind häufiger glücklich“, sagt der Mediziner.
„Überleben ist nicht nur Glückssache“, sagt Professor Florian Seeger, Chefarzt der Klinik für Kardiologie der Oberschwabenklinik in Ravensburg. Das gilt vor allem in Sachen plötzlicher Herztod bei einem Herzinfarkt. „Die Chance zu Überleben kann deutlich verbessert werden, wenn es eine Laienreanimation gibt“. Denn viele Patienten schaffen es nicht zum Krankenhaus, nach drei bis fünf Minuten stellen sich die ersten irreversiblen Schäden ein, wenn das Hirn nicht mehr ausreichend durchblutet wird. „Es ist ein Mythos, dass man bei einer Herz-RythmusMassage etwas falsch machen kann“, sagt Seeger. Die Pumpbewegung auf der Brust des Patienten reicht dabei auch völlig aus. Eine Mund-zuMund-Beatmung sei nicht unbedingt nötig.
Ein Herzinfarkt kann völlig ohne Vorwarnung eintreten. „Man kann das nicht vorhersehen“, sagt Seeger. Auch ein EKG beim Arzt schütze nicht vor einem Infarkt – genauso wenig wie die Annahme, dass täglich eine Aspirintablette das Risiko ausschaltet. „Der Netto-Benefit für jemanden, der noch keine Erkrankung hat, ist gleich null“, sagt Seeger. Die Brausetablette sei nur für Menschen sinnvoll, die beispielsweise bereits einen Infarkt hinter sich haben. Wichtig sei aber das regelmäßige Blutdruckmessen. „Dafür muss man sich Zeit nehmen und sich entspannen“.
Ob nächtlicher Harndrang oder Herzbeschwerden: Die Probleme und Beschwerden von Männern sind vielfältig. Beim Gesundheitsforum der „Schwäbischen Zeitung“sollen noch deutlich mehr Themen zur Sprache kommen – und damit ein breites Spektrum an Fragen der Leser.