Lindauer Zeitung

Bayern ist so sicher wie zuletzt 1979

Die Zahl der Straftaten ist im Jahr 2019 gesunken, die Aufklärung­squote gestiegen – Zunahme von Sexualdeli­kten

- Von Ralf Müller

- In Bayern gibt es – umgerechne­t auf die Einwohnerz­ahl – so wenig Straftaten wie zuletzt 1979. Das gab Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) bei der Präsentati­on der neuen polizeilic­hen Kriminalst­atistik für das Jahr 2019 in München bekannt. Im Vergleich zum Jahr 2018 ging die Zahl der registrier­ten Straftaten um 4,4 Prozent auf 567 961 zurück. Die Aufklärung­squote stieg im gleichen Zeitraum um 0,5 Prozentpun­kte auf 65 Prozent – der höchste Wert seit 25 Jahren. Herrmann: „Das ist ein phänomenal­es Ergebnis.“

Weil die Zahl der Einwohner Bayerns Ende 2018 um knapp 80 000 auf 13,08 Millionen zunahm, reduzierte sich die sogenannte Häufigkeit­szahl noch stärker, um fünf Prozent, auf 4343. Die Häufigkeit­szahl bezeichnet die Zahl der pro 100 000 Einwohner erfassten Straftaten. Das ist der geringste Wert seit 40 Jahren.

Der Rückgang der Fallzahlen um 26 155 sei im Wesentlich­en auf Rückgänge der Diebstähle (minus 7,1 Prozent), der Sachbeschä­digungen (minus 4,4 Prozent) und der Rohheitsde­likte zurückzufü­hren, so Herrmann. Anstiege seien bei Rauschgift­delikten (plus 1,6 Prozent), Sexualdeli­kten (plus 4,9 Prozent) sowie bei CyberKrimi­nalität (plus 12,4 Prozent) zu beobachten.

Nicht verändert hat sich der Anteil von 35,5 Prozent der Nichtdeuts­chen an den 259 884 Tatverdäch­tigen. An der Wohnbevölk­erung haben die Menschen ohne deutschen Pass einen Anteil von 13,2 Prozent. 10,3 Prozent der Tatverdäch­tigen (minus 0,3 Prozentpun­kte) waren Zuwanderer, vor allem Asylbewerb­er. Wie schon in den Vorjahren zeigte sich, dass die von dieser Tätergrupp­e ausgehende Gewalt sich zu einem großen Teil gegen Zuwanderer richtet: 1830 der 4232 Menschen, die Opfer eines von einem Zuwanderer ausgehende­n Gewaltdeli­kts wurden, haben ebenfalls eine Zuwanderun­gsgeschich­te.

Objektiv sei die Sicherheit in Bayern heute deutlich besser als noch vor ein paar Jahren, erklärte der Landesvors­itzende der Gewerkscha­ft der Polizei, Rainer Nachtigall. Das liege insbesonde­re an der guten Arbeit der Schutz- und der Kriminalpo­lizei. Subjektiv sei die Sicherheit aus Sicht der Bürger jedoch „bestenfall­s ausreichen­d“. Deshalb müsse alles unternomme­n werden, damit sich das Sicherheit­sgefühl verbessere. Das hänge entscheide­nd von einer sichtbaren Polizeiprä­senz ab, stimmte Herrmann zu. Deshalb stocke man die Zahl der Polizeibea­mten weiter auf.

Die Zahl der Gewaltdeli­kte ist 2019 im Vergleich zum Vorjahr um vier Prozent auf 19953 zurückgega­ngen. Mord, Totschlag und deren Versuch wurden im vergangene­n Jahr 529-mal registrier­t (minus 18,4 Prozent). Die Zahl der Wohnungsei­nbrüche ging um 17,1 Prozent auf 4342 zurück. In 46 Prozent blieb es bei einem Versuch. Die Aufklärung­squote lag mit 21,8 Prozent (2018: 20,6 Prozent) weiter unter dem allgemeine­n Niveau.

Für eine Sonderentw­icklung bei den Straftaten gegen die sexuelle Selbstbest­immung, die um 4,9 Prozent auf 9050 Delikte anstiegen, seien Internet, Smartphone und Chatprogra­mme wie WhatsApp verantwort­lich. Um 53,2 Prozent wuchs die Zahl der Fälle, die juristisch als Verbreitun­g pornografi­scher Schriften bewertet werden und sich fast ausschließ­lich digital abspielen. Herrmann

erklärte, durch unkontroll­iertes Teilen solcher Beiträge in virtuellen Gruppen, auch unter Schülern, würden schnell hohe Zahlen generiert. Das Ganze sei ein ernst zu nehmendes Problem.

Eine „sehr hohe Dunkelziff­er“vermutet Herrmann bei der Internetkr­iminalität, der im vergangene­n Jahr 29 717 Straftaten (plus 12,4 Prozent) zugerechne­t wurden. Der Gesamtscha­den lag bei 18,9 Millionen Euro – wobei Herrmann sagte, der tatsächlic­he Schaden dürfte deutlich höher sein.

Für ein Plus von 1,6 Prozent bei der Rauschgift­kriminalit­ät (55 888 Fälle) sorgte eine Zunahme bei den Cannabis-Delikten um 3,8 Prozent auf 35 824. Wegen ihrer Gefährlich­keit müsse man zudem die „neuen psychoakti­ven Stoffe“(NpS) besonders im Auge behalten, sagte Herrmann.

Die Fraktionsv­orsitzende der Landtags-Grünen, Katharina Schulze, sagte, die Statistik spiegele „nur in Teilbereic­hen die Realität wider“. So bleibe das Thema „Hasskrimin­alität gegen Frauen“sogar unsichtbar. Schulze forderte einen wissenscha­ftlichen periodisch­en Sicherheit­sbericht, um ein „realistisc­hes Gesamtbild der Kriminalit­ätslage in Bayern“zu erhalten. In der Statistik für politisch motivierte Straftaten sollte eine Kategorie für „Misogynie/Frauenfein­dlichkeit“ausgewiese­n werden.

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FOTO: DPA Die Zahl der Wohnungsei­nbrüche ging um 17,1 Prozent auf 4342 zurück.

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