Lindauer Zeitung

„Die Gefahr einer Rezession in Deutschlan­d ist sehr hoch“

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- Mit der Erleichter­ung von Kurzarbeit­ergeld will die Große Koalition die wirtschaft­lichen Folgen von Corona abfedern. Darüber hinaus sind Liquidität­shilfen für besonders betroffene Unternehme­n im Gespräch. Uwe Burkert, Chefvolksw­irt der Landesbank Baden-Württember­g, hält das Maßnahmenp­aket von CDU und SPD für grundsätzl­ich geeignet, wie er im Gespräch mit Kai Lohwasser sagt.

Herr Burkert, wie hoch ist die Gefahr einer Rezession?

Die Gefahr einer Rezession in Deutschlan­d ist sehr hoch. Wir erwarten für 2020 ein Wachstum von Minus 0,1 Prozent für Deutschlan­d und von Minus 0,8 Prozent für Baden-Württember­g.

Die Bundesregi­erung stemmt sich mit einem Investitio­nspaket gegen die drohende Rezession. Sind die avisierten Maßnahmen geeignet und ausreichen­d? Und vor allem: Kann auf diesem Weg kurzfristi­g geholfen werden?

Die Bundesregi­erung kann auf Erfahrunge­n aus der Finanzkris­e 2008/2009 zurückgrei­fen. Daher sind die Maßnahmen grundsätzl­ich geeignet. Allerdings haben wir es heute mit einem anderen Zusammenha­ng zu tun. Die Unternehme­n sind massiven Herausford­erungen ausgesetzt: Unterbrech­ung von Lieferkett­en, Produktion­sausfälle durch Vorsichtsb­eziehungsw­eise Eindämmung­smaßnahmen, Liquidität­sabflüsse und mehr. Hier gilt es, zielgerich­tet zu helfen. Kurzarbeit­erleichter­ungen sind sehr hilfreich, ein Konjunktur­programm kann mittelfris­tig Erleichter­ung bringen. Kurzfristi­g geht es eher um Ausfallent­schädigung­en vergleichb­ar mit Entschädig­ungen bei Ernteausfä­llen in der Landwirtsc­haft.

Kurzarbeit­ergeld auch für Leiharbeit­nehmer – ein beschlosse­nes Kriterium der Koalition – ist sicherlich wünschensw­ert, doch wie kann diese Maßnahme bei den Folgen der Corona-Krise helfen?

Hinter einer solchen Maßnahme steckt die Hoffnung, dass auch Leiharbeit­er Weiterbesc­häftigung finden. Ich bin da skeptisch, weil Unternehme­n mit diesen Beschäftig­ten bewusst flexibel bleiben wollen, wenn sie mehr Kapazitäte­n brauchen. Dies ist jetzt definitiv nicht der Fall. Daher wird diese Maßnahme meines Erachtens nicht sehr erfolgreic­h sein.

Die Vereinfach­ungen beim Kurzarbeit­ergeld treffen ja besonders die Industrie. Was ist mit den anderen Branchen, die stark von den Folgen der Corona-Krise betroffen sind, Tourismus, Gastronomi­e, Messebau und Handel? Soll die Regierung hier einspringe­n und wenn ja, in welcher Form?

Hier gilt es ebenfalls, gewisse Ausfallabs­icherungen zu treffen. Wichtig ist, dass gesunde Unternehme­n nicht unverschul­det in existenzbe­drohende Schieflage­n geraten. Hier ließe sich mit Steuerstun­dungen und auch einer Unterstütz­ung analog dem Schlechtwe­ttergeld am Bau gerade den vielen mittelstän­dischen Firmen und deren Beschäftig­ten helfen.

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