Abgang einer Identifikationsfigur
Nach elf Jahren ist Schluss: Darum beendet EVL-Verteidiger Tobias Fuchs seine Karriere
- Nein, umstimmen konnte ihn an diesem Abend niemand mehr. Weder die Vereinsführung, noch die Mitspieler, noch die Fans. Dabei gaben sich gerade Letztere alle Mühe. „Fuchse. Weitermachen!“, stand auf dem Banner, das die „Bodenseefighter“nach dem letzten Saisonspiel der EV Lindau Islanders gegen den SC Riessersee (2:8) am Sonntagabend in die Höhe hielten. Die Aktion kam jedoch zu spät, da hatte sich Tobias Fuchs schon entschieden: Nach elf Jahren und 436 Spielen für den EV Lindau ist Schluss. „Jetzt ist tutti, jetzt ist gut. Für mich war’s das mit Eishockey“, sagte der 34-Jährige direkt auf dem Weg vom Eis in die Kabine.
Auch einen Tag später stellt der Verteidiger klar: „Für mich ist die Entscheidung endgültig.“Dass er sich wie in den Vorjahren noch mal umstimmen lässt, schließt er aus. „Das ist vor allem eine mentale Sache. Ab einem gewissen Alter ist die Doppelbelastung aus Vollzeitarbeit und Sport einfach zu viel. Das kann und will ich nicht mehr“, erklärt Fuchs, gibt aber zu, dass ihm der Abschied nicht leicht fällt. Zu sehr verbunden fühlt er sich dem Verein mittlerweile. Über mehrere Wochen hat er sich Gedanken gemacht, sich mit der Familie und Freunden beraten, ehe er zu seinem Entschluss kam. „Natürlich ist das ein großer Schritt – vor allem nach so einer langen Zeit, in der man hier auch etwas mitaufgebaut hat.“Nachdem er den Durchbruch beim EV Ravensburg nicht ganz geschafft hatte, wechselte der damals 24-Jährige 2009 nach Lindau. Dass er elf Spielzeiten am See bleiben würde, daran hatte er damals nicht gedacht. Mit dem EVL ist er von der Landesliga über die Bayernliga bis in die Oberliga aufgestiegen. Hat dort in der vergangenen Saison sogar in den Play-offs gespielt. „Ich habe dem EV Lindau viel zu verdanken. Ich wurde hier immer wertgeschätzt und habe das familiäre Umfeld sehr genossen“, sagt der ehemalige Kapitän.
Vermissen werde er vor allem den Zusammenhalt in der Mannschaft, das Quatschen über Alltägliches, gemeinsam Spaß zu haben. „Das wird mir mit Sicherheit fehlen. Aber das werde ich wohl erst merken, wenn im Sommer die Vorbereitung startet und ich nicht mehr dabei bin.“Tobias Fuchs ist aber überzeugt: „Die Entscheidung ist die absolut richtige. Und ich bin froh, dass ich sie so getroffen und jetzt auch geäußert habe.“
Zu groß ist die Freude, auf die neugewonnene Freizeit in Zukunft. „Ich freue mich vor allem auf die freien Wochenenden, mal keinen Terminplan zu haben, einfach die Beine hochzulegen und runterzufahren.“Und natürlich auf die Familienplanung mit seiner Freundin. „Irgendwann wird Nachwuchs kommen. Spätestens dann wäre das mit dem Eishockey nicht mehr gegangen.“
Für den EV Lindau ist der Abschied des langjährigen Verteidigers hingegen ein herber Schlag. Nicht nur weil Fuchs als erfahrener Führungsspieler auf dem Eis fehlen wird, er war zuletzt auch das Gesicht des Lindauer Eishockeys. Auf dem Mannschaftsbus, im Internet, auf jedem Werbeplakat – das Konterfei des gebürtigen Ravensburgers war in Lindau allgegenwärtig. „Für uns ist das natürlich schade. Fuchse war eine absolute Identifikationsfigur“, sagt Bernd Wucher, der mit mehr als 800 Spielen (von 1976 bis 2003) als einziger Spieler noch häufiger für den EV Lindau auflief als Fuchs. Der EVL-Vorsitzende
gibt zu, dass die Vereinsführung von der Entscheidung des 34-Jährigen überrascht wurde. Noch während des Spiels hatten Wucher und der Sportliche Leiter Sascha Paul betont, dass es in der Sommerpause Gespräche mit dem Verteidiger über eine mögliche Vertragsverlängerung gebe. Die ist nun vom Tisch. „Das muss man akzeptieren und respektieren“, sagt Bernd Wucher. „Ich habe eine ganz hohe Meinung vom Fuchse – als Sportler und als Mensch. Ich werde vor allem die Gespräche vermissen.“
Auf Dauer muss der EVL-Vorsitzende wohl aber nicht auf den Austausch mit Tobias Fuchs verzichten. Denn der jetzige Ex-Spieler könnte sich gut vorstellen, in Zukunft eine andere Rolle im Verein zu übernehmen. „Ein Platz im Vorstand oder Jugendtrainer zum Beispiel“, sagt der 34-Jährige. „Dann kann ich dem Verein auch etwas zurückgeben.“Worte, die auch Bernd Wucher freuen. „Natürlich wollen wir ihn für den Verein erhalten – in welcher Funktion auch immer“, sagt der Islanders-Boss. Zunächst
soll der Verteidiger aber bei der Saisonabschlussfeier am 20. März gebührend gewürdigt werden. Zudem ist zu Beginn der neuen Saison im September ein Abschiedsspiel geplant, wie Wucher verrät und zugleich eine Überraschung verspricht: „Da lassen wir uns schon etwas einfallen.“