Allein im Finale
Der frühere Sprinter Manfred Germar, über 100 Meter 1956 in Melbourne Olympiafünfter, wird 85 Jahre alt
(SID) - Auf eine Party verzichtet Manfred Germar. „Seit zehn Jahren schon feiere ich meinen Geburtstag nicht mehr groß“, sagt die Sprintlegende. Auch in den Urlaub auf die Kanarischen Inseln mit Ehefrau Brigitta geht es diesmal nicht, stattdessen feiert die „Gazelle vom Rhein“den 85. Geburtstag diesen Dienstag im kleinen Kreis im Sauerland.
Wie Armin Hary gehörte der gebürtige Kölner einst zu jener Sprintergeneration in Deutschland, die selbst die erfolgsverwöhnten USStars das Fürchten lehrte. Germar, seit 2006 Mitglied in der Hall of Fame des deutschen Sports, stand 1956 in Melbourne als einziger Europäer im Olympiafinale über 100 Meter, wurde Fünfter. Und: Er stellte in seiner Karriere sechs Europa- sowie neun deutsche Rekorde auf. 23-mal wurde er Deutscher Meister. Gemeinsam mit Manfred Steinbach, Martin Lauer und Heinz Fütterer lief er in der vermutlich besten deutschen Staffel der Geschichte 1958 in 39,5 Sekunden und zudem im Einzel über 200 Meter (20,6 Sekunden) Weltrekord.
„Lange her“, sagt Manfred Germar, dem der Rücken etwas zu schaffen macht – aber sonst geht es Deutschlands „Sportler des Jahres“von 1957 „dem Alter entsprechend gut. Ich bin glücklich, dass noch alles in Ordnung ist.“Gleichzeitig erinnert er an seine zuletzt verstorbenen Sportlerkollegen wie Rudi Altig, Lauer, Fütterer oder Werner von Moltke. „Die Einschläge rücken näher“, sagt Germar, Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande.
Nur zu gern denkt Manfred Germar an jenen Moment zurück, der ihn mit einem Mann zusammenführte, der eines der größten Kapitel in der Weltgeschichte des Sports schrieb. „Es war, als wenn man den lieben Gott trifft und dieser sich dann einen Tag
Zeit nimmt für das Training mit einem unbekannten 21-Jährigen“, sagt Germar über seine Begegnung mit Jesse Owens. Der vierfache BerlinOlympiasieger, 1956 in Melbourne als Repräsentant eines Getränkegiganten präsent, zeigte dem jungen Deutschen Tage vor dem Auftakt der Spiele, wie man dies und das verbessert. „Es war für mich unglaublich, wie nett und natürlich dieser Mensch angesichts seiner unglaublichen Leistungen war“, schwärmt Manfred Germar.
Nach seiner sportlichen Karriere war der Diplomkaufmann erfolgreicher Cheforganisator des Meetings „Weltklasse in Köln“und Präsident des ASV Köln. Zudem engagierte sich Germar mehr als 40 Jahre lang ehrenamtlich bei der Sporthilfe im Gutachterausschuss. „Wir brauchten einen Fotokopierer, damit wir überhaupt die Unterlagen für die nächste Beratung verteilen konnten“, sagt Germar über die Anfänge im Sommer 1967. „Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen. Was da zuletzt geleistet wurde, ist schon toll.“