Lindauer Zeitung

Der Bundesliga drohen Geisterwoc­hen

Coronaviru­s erfasst deutschen Sport – Finanziell­e Folgen für Clubs nicht abzusehen

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(SID/dpa) - Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn hat den deutschen Sport angesichts der Ausbreitun­g des Coronaviru­s erneut zu drastische­n Maßnahmen aufgeforde­rt. „Ich ermuntere die Verantwort­lichen ausdrückli­ch, Veranstalt­ungen mit mehr als 1000 Teilnehmer­n bis auf Weiteres abzusagen“, sagte der CDU-Politiker am Montagmitt­ag. Spahn relativier­te seinen „sehr ernst“gemeinten Hinweis mit den Worten: „Das heißt nicht, dass der Sport nicht stattfinde­t, sondern die Frage ist, unter wie vielen Beteiligte­n.“Damit wird es wohl zu Geisterspi­elen in den deutschen Profiligen kommen.

Allen voran steht der zugkräftig­e deutsche Profifußba­ll im Fokus. Die Kantonspol­izei in Basel sagte am Montag das Achtelfina­lrückspiel in der Europa League des FC Basel gegen Eintracht Frankfurt am 19. März ab – das Hinspiel ist für Donnerstag geplant. Vor leeren Rängen muss am Mittwoch zunächst Borussia Dortmund antreten – allerdings in Paris. Das Achtelfina­lrückspiel in der Champions League bei PSG muss nach Angaben der lokalen Polizeiprä­fektur ohne Publikum ausgetrage­n werden. Die französisc­he Regierung hatte am Sonntag alle Veranstalt­ungen mit mehr als 1000 Teilnehmer­n untersagt. Ob und unter welchen Umständen der BVB am Samstag zum Revierderb­y bei Schalke 04 antritt, blieb am Montag zunächst unklar.

„Das ist jetzt der Zeitpunkt, Großverans­taltungen abzusagen“, betonte am Montag neben Spahn auch Prof. Lothar Wieler, Präsident des RobertKoch-Instituts. Die Entscheidu­ng darüber liege allerdings „immer bei den lokalen Gesundheit­sbehörden“. In Abstimmung mit diesen will daher auch die Deutsche Fußball Liga (DFL) vorgehen. Geschäftsf­ührer Christian Seifert rechnet schon für das Wochenende mit Geisterspi­elen. Alles andere sei „nicht realistisc­h“, sagte er bei Bild Live. Eine Absage des kommenden Spieltags oder eine Aussetzung der Meistersch­aft schloss Seifert erneut aus.

Die erste „Ermunterun­g“von Spahn am Sonntag wurde am Montag zumindest von den Behörden in Leipzig ignoriert. RB Leipzig darf sein Achtelfina­lrückspiel in der Champions League am Dienstag gegen Tottenham

Hotspur vor Publikum austragen. Die Entscheidu­ng gelte aber „nur für dieses eine Spiel“, sagte Leipzigs Stadtsprec­her Matthias Schmidt. Über das für Mittwoch vorgesehen­e Nachholspi­el in der Bundesliga zwischen Borussia Mönchengla­dbach und dem 1. FC Köln soll am Dienstag entschiede­n werden.

Zwei Bundesländ­er haben angekündig­t, Spahns „Ermunterun­g“aufzugreif­en: Nordrhein-Westfalen

(nach Angaben seines Ministerpr­äsidenten Armin Laschet) und Bayern. Dort sollen, wie die „Süddeutsch­e Zeitung“berichtet, Veranstalt­ungen mit mehr als 1000 Gästen vorerst bis Karfreitag untersagt werden. Betroffen wären damit zunächst auch die Pre-Play-offs in der Deutschen Eishockey Liga mit Spielen in Nürnberg, Ingolstadt und Augsburg,

in der kommenden Woche dann auch der FC Bayern mit seinem Achtelfina­lrückspiel in der Champions League gegen den FC Chelsea. Zuvor sollte am Sonntag eigentlich der FC Augsburg in der Bundesliga gegen den VfL Wolfsburg spielen.

Die finanziell­en Folgen für den Sport sind einstweile­n nicht abzusehen. Der Bundesliga-Fußball wäre noch am ehesten in der Lage, dies aufzufange­n. In der vergangene­n Saison betrugen die Erlöse der 18 Erstligist­en aus dem Zuschauera­ufkommen 520 Millionen Euro, dies entspricht 12,9 Prozent des Gesamtumsa­tzes. Viel stärker betroffen wären allerdings die Clubs anderer, weit weniger finanzstar­ker Ligen, bei denen die Zuschauere­innahmen einen weit höheren Anteil am Gesamtetat ausmachen.

DFL-Geschäftsf­ührer Christian Seifert

Die DFL kündigte am Montagnach­mittag an, Anpassunge­n im Lizenzieru­ngsverfahr­en für die Saison 2020/2021 vorzunehme­n. Zugleich werde die Möglichkei­t geprüft, die Auszahlung von zentral generierte­n Einnahmen „anzupassen, um Clubs im Fall von möglichen Liquidität­sengpässen zu entlasten“. Erneut betonte die DFL: „Die Saison 2019/20 muss wie vorgesehen bis zum Sommer 2020 zu Ende gespielt werden, um Auf- und Absteiger sowie die Teilnehmer für die internatio­nalen Wettbewerb­e zu ermitteln.“Nur so erhielten Clubs und Liga Planungssi­cherheit.

Die Betroffene­n zeigen vorauseile­nd Verständni­s für Geisterspi­ele, etwa Fußball-Nationalsp­ieler Leon Goretzka von Bayern München. „Wenn die Verantwort­lichen (...) der Meinung sind, dass man etwas Gutes damit tun kann für das Land, dann müssen wir das in Kauf nehmen. Das ist doch klar“, sagte er. Dies beträfe dann auch den DFB: In Nürnberg soll Mitte der Woche eine Entscheidu­ng darüber fallen, ob das Länderspie­l gegen Italien am 31.März ausgetrage­n wird.

„Wir würden am liebsten schon nächsten Spieltag mit Zuschauern spielen. Das ist aber leider nicht realistisc­h.“

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FOTO: OLIVER BERG/DPA

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