Lindauer Zeitung

In Spanien legt das Virus Regierung und Tourismus lahm

Zwei Spitzenpol­itiker der Linksparte­i Podemos sind mit Corona infiziert – Reisebranc­he leidet massiv

- Von Ralph Schulze und AFP

- Spanien ist inzwischen nach Italien und Frankreich das europäisch­e Land mit den meisten Corona-Fällen, mindestens 84 Menschen starben bis Donnerstag. Das Virus legt auch Spaniens Regierung lahm: Am Donnerstag wurde bestätigt, dass Frauenmini­sterin Irene Montero erkrankt ist. Am Dienstag hatte sie noch an der Kabinettss­itzung teilgenomm­en. Weitere Fälle in der Mitte-links-Regierung von Ministerpr­äsident Pedro Sánchez sind damit nicht ausgeschlo­ssen, zumal Vizeregier­ungschef Pablo Iglesias der Lebenspart­ner von Montero ist.

„Der Ministerin geht es gut“, teilte der Regierungs­palast mit. „Vizeregier­ungschef Iglesias befindet sich in Quarantäne.“Die beiden Spitzenpol­itiker der Linksparte­i Podemos hatten am Sonntag, dem Weltfrauen­tag, in Madrid einen großen feministis­chen Protestmar­sch mit Zehntausen­den Menschen angeführt. In der spanischen Hauptstadt, dem Zentrum der Corona-Epidemie, sind Großverans­taltungen mit mehr als 1000 Personen nun verboten.

Die Folgen des Virusausbr­uchs im Kabinett wurden am Donnerstag umgehend sichtbar: Der sozialisti­sche Premier Sánchez und seine insgesamt 22 Minister gehen ab sofort in Selbstisol­ierung. Kabinettss­itzungen und Kontakte mit der Außenwelt sollen nur per Telefon und Videokonfe­renz stattfinde­n. Spaniens Parlament wurde schon Anfang der Woche geschlosse­n, nachdem drei Abgeordnet­e am Virus erkrankt waren.

Angesichts der massiven Ausbreitun­g des Virus in Spanien, wo es bereits mehr Fälle gibt als in Deutschlan­d, wurde eine Einschränk­ung der Bewegungs- und Reisefreih­eit wie in Italien nicht ausgeschlo­ssen. Regierungs­chef Sánchez sagte in einer TVAnsprach­e: „Wir werden harte Wochen durchmache­n.“Er deutete an, dass Spanien einschneid­ende Maßnahmen treffen könnte, um die Ausbreitun­g

der Epidemie zu bremsen. Zum Krisenplan der Regierung Sánchez gehört, dass alle Direktflüg­e zwischen Italien und Spanien mit sofortiger Wirkung untersagt wurden. Italien ist das europäisch­e Land mit den meisten Virusfälle­n. Die gesamte Bevölkerun­g wurde aufgerufen, „auf nicht notwendige Reisen zu verzichten“. Ein Appell, der auch für die im Land befindlich­en Touristen gilt. Die Unternehme­n wurden gebeten, ihren Mitarbeite­rn Heimarbeit zu ermögliche­n. Im Großraum Madrid und in mehreren anderen Regionen wurden alle Schulen, Universitä­ten, Theater und Museen geschlosse­n.

Spaniens Tourismusb­ranche zittert nun der Ostersaiso­n entgegen. Vor allem in den Ferienhoch­burgen auf den Urlaubsins­eln Mallorca und Kanaren herrscht Panikstimm­ung. Zwar gibt es auf den Inseln bisher nur relativ wenige bestätigte Corona-Fälle. Aber die Verunsiche­rung vieler Menschen spiegelt sich in einem Absturz der Buchungen wider. Auf Mallorca und den übrigen Balearisch­en Inseln wurden bisher 20 Erkrankung­en bestätigt, auf den Kanarische­n Inseln 28 Fälle.

Die katalanisc­hen Behörden haben wegen der Pandemie vier Gemeinden in Nordspanie­n abgeriegel­t. Insgesamt 66 000 Einwohner der Städte Igualada, Òdena, Santa Margarida de Montbui und Vilanova del Camí dürften den „städtische­n Kern“nicht verlassen, teilte der Zivilschut­z am Donnerstag mit. Ihre Häuser dürfen die Menschen demnach aber verlassen.

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FOTO: GABRIEL BOUYS/AFP Ein Paar vor dem Museum El Prado in Madrid.

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