Manuel Streubert will „Wir-Gefühl“weiter stärken
Neuer VHG-Schulleiter - Medienerziehung und Schulung der Kritikfähigkeit stehen im Fokus
- Klassenfahrten sind abgesagt, einige Schülerinnen und Schüler des Valentin-Heider-Gymnasiums (VHG) stehen unter Quarantäne: Manuel Streubert wäre sicher gern entspannter im Valentin-Heider-Gymnasium angekommen. Doch Corona verlangt von dem neuen Schulleiter täglich schnelle Entscheidungen. Gut, dass das Gespräch mit der LZ bereits vor der akuten Corona-Krise stattfand. Sonst hätte der fast 47-Jährige vermutlich keine Zeit gehabt, sich vorzustellen.
Manuel Streubert ist gern Lehrer. Dabei ist der Beruf nur eine Zweitlösung gewesen. Wenn es nach ihm gegangen wäre, wäre der gebürtige Augsburger Biologe geworden. Doch da die Berufsaussichten damals düster waren, sah er im Lehramt eine Chance, seiner Biologie-Leidenschaft nachzukommen. Also studierte er Biologie und Chemie an der LMU München und merkte schnell: „Es macht Freude, jemandem seine Faszination für etwas weitergeben zu können.“Die Freude blieb, auch wenn er inzwischen längst weiß, dass man nicht alle begeistern kann. Als Schulleiter wird er auch am VHG unterrichten. „Ohne Unterricht verliert man schnell die Bodenhaftung“, ist er überzeugt.
Nach Stationen in Unterfranken, einem Auslandsaufenthalt in Helsinki, Regensburg und Augsburg führte es Streubert nach Gersthofen, wo er zuletzt als stellvertretender Schulleiter arbeitete. Irgendwann stellte er sich die Frage, ob er den „letzten Schritt“auch noch gehen und Schulleiter werden will. Für Streubert war schnell klar: „Ich mach es nicht überall.“Lindau war für die ganze Familie als Zukunftsperspektive eine Option. „Ich durfte mich bewerben“, kommentiert Streubert lachend das Okay seiner Frau und der drei Kinder im Alter von elf, 13 und 16 Jahren. Sie haben bereits eine enge Verbindung zu Lindau. Seine Frau hat als Lindauerin am Bodensee-Gymnasium (Bogy) Abitur gemacht, seine Schwiegereltern leben noch immer hier. Noch ein Punkt sprach für Lindau: „Ich schätze das Überschaubare“, verrät der 47-Jährige im Hinblick auf die Größe des VHG. „Ich freue mich auf ein schöneres Arbeiten.“
Der Empfang war bereits herzlich. An seinem ersten Schultag war die Aula voller Schüler, die ihn mit zwei Liedern begrüßten. „Das war ein Gänsehautmoment“, sagt er gerührt. Obwohl er selbst vom humanistischen Zweig kommt, wisse er es sehr wohl zu schätzen, dass die Schule einen musikalischen Schwerpunkt hat. „Das beeinflusst das Schulklima“, ist er überzeugt. Als Stärke der Schule habe er schon jetzt ein „tolles Wir-Gefühl“ausgemacht. „Das würde ich gern behalten und weiterentwickeln.“
Zunächst stehen kleinere Schritte an. Streubert muss erst einmal die Namen der rund 60 Kolleginnen und Kollegen lernen, mit denen er zusammenarbeitet. „Das ist neben dem Alltagskram eine große Herausforderung.“Dazu verfolgt er eine „clevere Strategie“: Er hält sich in der Pause immer in der Nähe des Lehrerzimmers auf. Wenn Schüler dann nach einem bestimmten Lehrer fragen, ruft er dessen Namen ins Lehrerzimmer – und sieht dann, wer rauskommt.
Dass er in große Fußstapfen tritt, schreckt Streubert nicht ab. „Es ist toll, was Herr Schmitt auf den Weg gebracht hat“, lobt er seinen Vorgänger und freut sich darauf, „an Traditionen anzuknüpfen“. Zugleich sei es aber auch immer gut, wenn jemand von außen Traditionen hinterfragt. Konstanten hat er mit Stellvertreter Heinz Horwath und Brigitte Schmitt vom Direktorat, bei denen er jederzeit auf Wissen zurückgreifen könne. „Sie widmen sich dem Neuling und sind mir eine große Stütze.“
Eine große Herausforderung sieht Manuel Streubert in der Digitalisierung. „Sie schickt die Schule auf andere Wege.“Damit meint er nicht nur den Einsatz moderner Medien im Unterricht. Medienerziehung werde zum Bildungsauftrag. Wie bei der Verkehrserziehung, müssten Kinder den Umgang mit Medien lernen. Aber auch die Erwartungshaltung der Schüler und ihre Vorinformation haben sich geändert, beobachtet der Pädagoge. Wissen sei leichter verfügbar, aber oft auch oberflächlicher. Schüler müssten daher mehr denn je dazu angeleitet werden, Quellen zu hinterfragen und zu überprüfen. „Abiturienten sollen zu kritischen Menschen erzogen werden. Sie sollen bewusst Dinge hinterfragen“, ist Streubert wichtig.
Schwere Entscheidungen sind für ihn immer die, die er als Mensch versteht, aber als Schulleiter nicht gutheißen kann. Beispielsweise, wenn Kinder wegen „Fridays for Future“nicht zur Schule gehen. Bei solchen Konflikten sei es wichtig, miteinander im Gespräch zu bleiben. „Viele Sachen erklären sich durchs Reden.“Seine Tür sei jedenfalls offen. „Dann kommt man rein.“
In Lindau lebt der 47-Jährige, den es in seiner Freizeit nach draußen in die Natur zieht, „wie vor 20 Jahren“. Manuel Streubert hat das Appartement einer Referendarin übernommen. Seine Familie bleibt zunächst in Augsburg. Der Schulleiter will „erst mal schauen, wie es weitergeht“. Das hänge auch davon ab, ob er eine geeignete Wohnung findet. Außerdem arbeite seine Frau auch als Lehrerin.
Dass er zunächst allein in Lindau lebt, sieht Manuel Streubert gelassen. Er weiß, dass die ersten Jahre sehr viel Arbeit auf ihn zukommt. „Da ist es egal, wo ich länger im Büro sitze.“
Manuel Streubert
„Abiturienten sollen zu kritischen Menschen erzogen werden. Sie sollen bewusst Dinge hinterfragen.“