Lindauer Zeitung

Bahnbrücke ist bald Geschichte

„Widerständ­e zu groß“: Unternehme­r gibt den Versuch auf, einen Teil des Bauwerks aus dem Jahr 1898 zu retten

- Von Tanja Poimer

KRESSBRONN - Die Schrottpre­sse wartet schon: Von der Eisenbahnb­rücke, die mehr als 120 Jahre lang zwischen Langenarge­n und Kressbronn über die Argen geführt hat, ist demnächst nichts mehr übrig. Ein Unternehme­r aus dem Landkreis Sigmaringe­n kämpfte bis zuletzt dafür, zumindest ein Stück des Stahlfachw­erks zu erhalten. Doch jetzt gibt Günter Eberhardt auf: „Die Widerständ­e waren zu groß. Ich muss die Brücke leider abhaken.“

Seit vergangene­r Woche zerlegen die Mitarbeite­r der Firma, die von der Deutschen Bahn beauftragt wurde, die Konstrukti­on aus dem Jahr 1898 auf einer Montageflä­che neben der Argen in Gohren. Die ehemals denkmalges­chützte Brücke war im Zuge der Elektrifiz­ierung der Strecke zwischen Friedrichs­hafen und Lindau gegen eine neue ausgetausc­ht worden – mit Zustimmung des Landesamte­s für Denkmalpfl­ege.

Vor einem Tag war der Unternehme­r noch einmal an der Argen. Seine Erkenntnis: Von der Brücke sind nur noch Fragmente übrig, sein Plan, wenigstens ein Portal zu retten, hat sich erledigt – „was ich sehr bedauere.“Ursprüngli­ch hatte der „Brückenfre­und“, wie er sich selbst nennt, vor, aus dem Bauwerk ein Brückenmus­eum mit Bistro zu machen. Im Dezember stellte er eine Bauvoranfr­age an die Gemeinde Kressbronn.

Bürgermeis­ter Daniel Enzensperg­er war von dem Vorhaben im Landschaft­sschutzgeb­iet von Anfang an nicht begeistert. Der Gemeindera­t folgte ihm und lehnte das Projekt Ende Februar aus Gründen des Naturschut­zes ab. Auch die reduzierte Version, die Brücke ohne kommerziel­le Nutzung zu erhalten, fand keine Mehrheit. Günter Eberhardt wollte trotzdem nicht aufstecken, setzte alles daran, einen Teil zu retten, „um die Baukunst zu zeigen, die vor über 120 Jahren geschaffen wurde“.

Die Abmachung mit dem SchrottRec­ycler war getroffen, ein Abstellpla­tz in der Nähe gefunden, ein Schwertran­sporter auf Abruf engagiert: 100 000 Euro wollte es sich der Unternehme­r aus Hohentenge­n kosten lassen, ein Stück Technikges­chichte am Bodensee zu erhalten.

Dass er keinen Ansprechpa­rtner von entscheide­nder Seite fand, der ihm half, machte Günter Eberhardt einen Strick durch die Rechnung. Kressbronn war nach dem Gemeindera­tsbeschlus­s „raus“, wie ihm der Bürgermeis­ter mitteilte. Die DB, Eigentümer­in der Brücke, war laut Planfestst­ellungsbes­chluss dazu verpflicht­et, „den alten Brückenübe­rbau rückzubaue­n und zu entsorgen“, erklärte eine DB-Sprecherin auf SZAnfrage. Und das Amt für Denkmalsch­utz sah keine Möglichkei­t, den Erhalt zu unterstütz­en, da es sich der Pressestel­le zufolge „um kein Kulturdenk­mal mehr handelt“.

Günter Eberhardt akzeptiert „schweren Herzens“, dass die alte Konstrukti­on schon bald Geschichte sein wird – und hat bereits einen ganz anderen Standort für ein Brückenmus­eum im Auge. Wo das sein soll, will er nicht verraten. Nur so viel: „Es wird eine Gegend sein, in der sich die Menschen über einen solchen Ort der Erinnerung freuen.“

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FOTO: ANDY HEINRICH Auseinande­rgenommen: Von der Eisenbahnb­rücke, die über mehr als 120 Jahre über die Argen führte, ist schon jetzt nicht mehr viel übrig. Demnächst wird der Überbau aus dem Jahr 1898 verschrott­et sein.

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