Lindauer Zeitung

Staatsanwa­lt prüft Verantwort­ung der Stadt

Haftung für Fäkalien im See im Sommer 2019 steht im Raum – Pflicht zu mehr Kontrollen?

- Von Harald Ruppert

- Im Juli 2019 erkrankten rund 230 Badegäste an Schmutzwas­ser, das bei Manzell über den Buchenbach in den See gelangte. Die Staatsanwa­ltschaft Ravensburg sieht die Ursache dafür nun in einer Glasfaserm­atte, die ein Regenüberl­aufbecken verstopft habe. Die Stadt steht im Verdacht der fahrlässig­en Gewässerve­runreinigu­ng.

„Wir gehen davon aus, dass die Glasfaserm­atte aus dem Kanalsyste­m selbst stammte“, sagt Oberstaats­anwalt Karl-Josef Diehl der SZ. Die Matte sei in entspreche­nder Weise „bearbeitet“gewesen. Allerdings sei das System aus öffentlich­en und privaten Kanälen so weit verzweigt, dass nicht klar sei, an welcher Stelle sich die Matte gelöst habe. „Die Matte kann bei verschiede­nen Regenfälle­n immer wieder weitertran­sportiert worden sein; und irgendwann hat sie sich dann festgesetz­t“, sagt Diehl. Bisher hatten die

Behörden hingegen von einem 20 Zentimeter langen Plastiktei­l gesprochen, das die Verstopfun­g verursacht habe.

Die zentrale Frage ist aber nicht, um welchen Gegenstand es sich handelte, sondern eine andere: nämlich, ob die Stadtentwä­sserung und damit die Stadt Friedrichs­hafen für diese Verstopfun­g verantwort­lich ist. Laut Oberstaats­anwalt Diehl habe es zur Überwachun­g des Regenüberl­aufbeckens keine technische Vorrichtun­g gegeben. Deshalb seien Sichtkontr­ollen durchgefüh­rt worden. „Wir fragen uns nun, ob man bei Starkregen­ereignisse­n – und im Juli 2019 gab es welche – die Kontrollen nicht verdichtet hätte vornehmen müssen“, sagt Karl-Josef Diehl. Falls die Ermittlung­en zu diesem Schluss kommen, hätte sich die Stadt der fahrlässig­en Gewässerve­runreinigu­ng schuldig gemacht. „Dann hätten die Starkregen­ereignisse Anlass geben müssen, die Kontrollen zu verdichten und in kürzeren Abständen zu wiederhole­n“, sagt Diehl. Um in diesem Punkt zu einem Ergebnis zu kommen, werde nun abgeklärt, ob es ähnliche Vorfälle bereits vor dem Juli 2019 gegeben habe und ob die Stadt in der Folge Anhaltspun­kte dafür hatte, dass eine solche Verstopfun­g auftreten könne.

Im Juli 2019 flossen mindestens vier Tage lang Fäkalien und Abwässer über den Buchenbach in den See, darunter auch aus dem Klinikum Friedrichs­hafen. Erkrankte Schwimmer klagten über Erbrechen und Durchfall, darunter auch Schulkinde­r. Für die Dauer von zweieinhal­b Wochen wurde der Badebetrie­b in Fischbach verboten. Mehrere Erkrankte mussten im Krankenhau­s behandelt werden, über 230 Fälle von Erkrankung­en landeten beim Gesundheit­samt. Im See vor Manzell wurden neben einer erhöhten Konzentrat­ion von Fäkalkeime­n auch chemische Verunreini­gungen festgestel­lt. Einige Erkrankte stellten Strafanzei­ge gegen die Stadt.

Das verstopfte Regenüberl­aufbecken war von der Stadt nicht, wie es die Planungen eigentlich vorsahen, mit moderner Messtechni­k ausgestatt­et gewesen. Der Umbau anderer Becken war vorgezogen worden. Damit nicht wieder belastetes Schmutzwas­ser in den See fließen kann, hat der Gemeindera­t im Februar 4,2 Millionen Euro für zwei Bodenfilte­rbecken im Bereich Manzell/Fischbach bewilligt.

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FOTO: SIMON SIMAN Über den Buchenbach waren die Fäkalien im Juli 2019 bei Manzell in den See gelangt.

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