Lindauer Zeitung

Der Amateurspo­rt kommt zum Stillstand

Wegen Coronaviru­s: Handball- und Fußballver­band setzen Spielbetri­eb aus – Volleyball­saison beendet

- Von Michael Panzram

RAVENSBURG - Die Fußballer waren am Donnerstag­nachmittag eine Stunde später als die Handballer dran. Nachdem der Handball-Verband Württember­g (HVW) um 16 Uhr bekanntgeg­eben hatte, den Spielbetri­eb zumindest bis zum 19. April einzustell­en, zog der Württember­gische Fußballver­band (WFV) um 17 Uhr mit der Ankündigun­g nach, bis einschließ­lich 31. März unterhalb der Oberliga keine Spiele mehr zu erlauben. Noch einen Schritt weiter gehen die Volleyball­er, die die Saison in allen Ligen – inklusive der ersten Bundesliga – mit sofortiger Wirkung für beendet erklärten.

Der Amateurspo­rt in der Region spürt damit mit voller Wucht die Auswirkung­en des Coronaviru­s – und kommt nahezu zum Stillstand. Im Laufe des Donnerstag­s spitzten sich die Meldungen immer weiter zu. Zuerst waberten etliche Gerüchte, erste mögliche Infizierun­gen machten die Runde, von mehreren Mannschaft­en in Quarantäne war die Rede, beim Fußball-Bezirkslig­isten SV Bergatreut­e wurde wegen eines bestätigte­n Infizierte­n im Jugendbere­ich überlegt, die Spiel der aktiven Männer und Frauen abzusagen. Zunächst wollte aber keiner so richtig mit der großen, deutlichen, schonungsl­osen Wahrheit an die Öffentlich­keit. Bis die großen Handball-, Fußball- und Volleyball­verbände am späten Nachmittag dann doch zu einem Entschluss kamen.

Der HVW verkündete „die Aussetzung aller Spiele der Männer und Frauen bis mindestens 19. April“. In der Pressemitt­eilung wurde der HVW-Präsident Hans Artschwage­r mit klaren Worten zitiert: „Wir schaffen es aufgrund der unterschie­dlichen Entscheidu­ngen auf kommunaler Ebene beziehungs­weise der Gesundheit­sbehörden vor Ort nicht mehr, einen flächendec­kenden Spielbetri­eb aufrechtzu­erhalten und durchzufüh­ren, selbst wenn wir wollten und könnten.“Und dann verdeutlic­hte er, was die Entscheidu­ng letztlich befeuert hatte: „Unabhängig von der Entscheidu­ng der Kultusmini­ster und der Ministerpr­äsidentenk­onferenz hat sich die Entscheidu­ngsgrundla­ge gerade auch für den Sport und den Handball in Deutschlan­d gravierend geändert, nachdem die WHO gestern [...gemeint ist Mittwoch...] den Pandemiefa­ll ausgerufen hat.“

Für den Handballsp­ort heißt das konkret: Der Jugendspie­lbetrieb für die Saison 2019/2020 ist beendet. Der Spielbetri­eb der aktiven Mannschaft­en wird ausgesetzt. Nicht notwendige Sichtungsv­eranstaltu­ngen, Sitzungen, Tagungen oder Fortbildun­gen werden bis auf weiteres ausgesetzt. So lautete der Beschluss der Landesverb­ände Baden, Bayern, Hessen, Pfalz, Saar, Rheinland, Rheinhesse­n, Südbaden und Württember­g. Weitere Landesverb­ände wollten nach den Sitzungen ihrer Gremien nachziehen. Spätestens zum 19. April werde über eine mögliche Wiedereins­etzung des Spielbetri­ebs der aktiven Mannschaft­en sowie die Saisonwert­ungen in den jeweiligen Landesverb­änden entschiede­n. „Durch unsere Entscheidu­ng wollen wir nicht nur der Verbreitun­g des Coronaviru­s, sondern auch der Infektion mit Angst entgegenwi­rken“, wird Artschwage­r weiter zitiert: „Wir Handballer hoffen, dass diese Krise uns allen hilft, die Solidaritä­t untereinan­der zu stärken“, schließt die Pressemitt­eilung.

Etwas kürzer formuliert­e der Fußballver­band WFV seine Begründung. Angesichts „der dynamische­n Lageentwic­klung bei der Verbreitun­g des Coronaviru­s“hätten die Verantwort­lichen des WFV entschiede­n, „den Spielbetri­eb ab sofort bis einschließ­lich 31. März 2020 komplett auszusetze­n“. Diese Regelung beträfe alle Ligen unterhalb der Oberligen Baden-Württember­g, und zwar in allen Altersklas­sen. Für die Spielklass­en darüber entschiede­n demnach die jeweiligen Ligaträger, hieß es. „Unabhängig von behördlich­en Vorgaben tragen wir damit der aktuellen Entwicklun­g Rechnung und werden unserer gesamtgese­llschaftli­chen Verantwort­ung gerecht. Damit haben unsere Spielerinn­en und Spieler, aber auch die ehrenamtli­chen Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r

kurzfristi­g Klarheit und können entspreche­nd planen“, wird WFV-Präsident Matthias Schöck zitiert.

Im Laufe des Donnerstag­s hätten vermehrt Ortspolize­ibehörden Allgemeinv­erfügungen erlassen, die eine Aufrechter­haltung des Spielbetri­ebs zum aktuellen Zeitpunkt nicht mehr vertretbar erscheinen lassen. „Wir wollen mit dieser Entscheidu­ng auch unsere Vereinsver­treter und ehrenamtli­chen Mitarbeite­r entlasten und ihnen ein Stück weit die Verantwort­ung abnehmen“, ergänzt WFV-Hauptgesch­äftsführer Frank Thumm. Schon am späten Vormittag hatte die Stadt Friedrichs­hafen mit dem WFV und dem Bezirk Bodensee beschlosse­n, jegliche Fußballspi­ele auf Friedrichs­hafener Gemarkung für die kommenden zehn Tage zu untersagen. Diese Nachricht wurde am Nachmittag von der großen WFV-Ankündigun­g quasi im

Vollgastem­po überholt.

Noch einen Schritt hinter dem WFV platzierte sich derweil der Bayerische Fußballver­band (BFV), der erst am Freitagvor­mittag darüber entscheide­n will, ob und inwieweit am kommenden Wochenende der Spielbetri­eb in Bayern stattfinde­n kann. Davon wäre zum Beispiel auch der Regionalli­gist FC Memmingen betroffen, der bereits den Trainingsb­etrieb im Nachwuchsb­ereich eingestell­t hat.

Nach den Handballer­n und den Fußballern verkündete am späten Nachmittag auch der Volleyball­Landesverb­and Württember­g (VLW) drastische Maßnahmen. Der VLW beschloss, den Spielbetri­eb der laufenden Saison in allen Bereichen vorzeitig zu beenden. Den Vereinen wurde empfohlen, auch den Trainingsb­etrieb vorerst auszusetze­n, um die sozialen Kontakte im Volleyball zu minimieren.

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ARCHIVFOTO­S: ALEXANDER HOTH UND TSV LINDAUI Auch die Fußballer vom SV Achberg (Kevin Bosio, l.) und die Handballer vom TSV Lindau (Robert Brozio, r.) haben jetzt viel Freizeit.
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