Der Amateursport kommt zum Stillstand
Wegen Coronavirus: Handball- und Fußballverband setzen Spielbetrieb aus – Volleyballsaison beendet
RAVENSBURG - Die Fußballer waren am Donnerstagnachmittag eine Stunde später als die Handballer dran. Nachdem der Handball-Verband Württemberg (HVW) um 16 Uhr bekanntgegeben hatte, den Spielbetrieb zumindest bis zum 19. April einzustellen, zog der Württembergische Fußballverband (WFV) um 17 Uhr mit der Ankündigung nach, bis einschließlich 31. März unterhalb der Oberliga keine Spiele mehr zu erlauben. Noch einen Schritt weiter gehen die Volleyballer, die die Saison in allen Ligen – inklusive der ersten Bundesliga – mit sofortiger Wirkung für beendet erklärten.
Der Amateursport in der Region spürt damit mit voller Wucht die Auswirkungen des Coronavirus – und kommt nahezu zum Stillstand. Im Laufe des Donnerstags spitzten sich die Meldungen immer weiter zu. Zuerst waberten etliche Gerüchte, erste mögliche Infizierungen machten die Runde, von mehreren Mannschaften in Quarantäne war die Rede, beim Fußball-Bezirksligisten SV Bergatreute wurde wegen eines bestätigten Infizierten im Jugendbereich überlegt, die Spiel der aktiven Männer und Frauen abzusagen. Zunächst wollte aber keiner so richtig mit der großen, deutlichen, schonungslosen Wahrheit an die Öffentlichkeit. Bis die großen Handball-, Fußball- und Volleyballverbände am späten Nachmittag dann doch zu einem Entschluss kamen.
Der HVW verkündete „die Aussetzung aller Spiele der Männer und Frauen bis mindestens 19. April“. In der Pressemitteilung wurde der HVW-Präsident Hans Artschwager mit klaren Worten zitiert: „Wir schaffen es aufgrund der unterschiedlichen Entscheidungen auf kommunaler Ebene beziehungsweise der Gesundheitsbehörden vor Ort nicht mehr, einen flächendeckenden Spielbetrieb aufrechtzuerhalten und durchzuführen, selbst wenn wir wollten und könnten.“Und dann verdeutlichte er, was die Entscheidung letztlich befeuert hatte: „Unabhängig von der Entscheidung der Kultusminister und der Ministerpräsidentenkonferenz hat sich die Entscheidungsgrundlage gerade auch für den Sport und den Handball in Deutschland gravierend geändert, nachdem die WHO gestern [...gemeint ist Mittwoch...] den Pandemiefall ausgerufen hat.“
Für den Handballsport heißt das konkret: Der Jugendspielbetrieb für die Saison 2019/2020 ist beendet. Der Spielbetrieb der aktiven Mannschaften wird ausgesetzt. Nicht notwendige Sichtungsveranstaltungen, Sitzungen, Tagungen oder Fortbildungen werden bis auf weiteres ausgesetzt. So lautete der Beschluss der Landesverbände Baden, Bayern, Hessen, Pfalz, Saar, Rheinland, Rheinhessen, Südbaden und Württemberg. Weitere Landesverbände wollten nach den Sitzungen ihrer Gremien nachziehen. Spätestens zum 19. April werde über eine mögliche Wiedereinsetzung des Spielbetriebs der aktiven Mannschaften sowie die Saisonwertungen in den jeweiligen Landesverbänden entschieden. „Durch unsere Entscheidung wollen wir nicht nur der Verbreitung des Coronavirus, sondern auch der Infektion mit Angst entgegenwirken“, wird Artschwager weiter zitiert: „Wir Handballer hoffen, dass diese Krise uns allen hilft, die Solidarität untereinander zu stärken“, schließt die Pressemitteilung.
Etwas kürzer formulierte der Fußballverband WFV seine Begründung. Angesichts „der dynamischen Lageentwicklung bei der Verbreitung des Coronavirus“hätten die Verantwortlichen des WFV entschieden, „den Spielbetrieb ab sofort bis einschließlich 31. März 2020 komplett auszusetzen“. Diese Regelung beträfe alle Ligen unterhalb der Oberligen Baden-Württemberg, und zwar in allen Altersklassen. Für die Spielklassen darüber entschieden demnach die jeweiligen Ligaträger, hieß es. „Unabhängig von behördlichen Vorgaben tragen wir damit der aktuellen Entwicklung Rechnung und werden unserer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung gerecht. Damit haben unsere Spielerinnen und Spieler, aber auch die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
kurzfristig Klarheit und können entsprechend planen“, wird WFV-Präsident Matthias Schöck zitiert.
Im Laufe des Donnerstags hätten vermehrt Ortspolizeibehörden Allgemeinverfügungen erlassen, die eine Aufrechterhaltung des Spielbetriebs zum aktuellen Zeitpunkt nicht mehr vertretbar erscheinen lassen. „Wir wollen mit dieser Entscheidung auch unsere Vereinsvertreter und ehrenamtlichen Mitarbeiter entlasten und ihnen ein Stück weit die Verantwortung abnehmen“, ergänzt WFV-Hauptgeschäftsführer Frank Thumm. Schon am späten Vormittag hatte die Stadt Friedrichshafen mit dem WFV und dem Bezirk Bodensee beschlossen, jegliche Fußballspiele auf Friedrichshafener Gemarkung für die kommenden zehn Tage zu untersagen. Diese Nachricht wurde am Nachmittag von der großen WFV-Ankündigung quasi im
Vollgastempo überholt.
Noch einen Schritt hinter dem WFV platzierte sich derweil der Bayerische Fußballverband (BFV), der erst am Freitagvormittag darüber entscheiden will, ob und inwieweit am kommenden Wochenende der Spielbetrieb in Bayern stattfinden kann. Davon wäre zum Beispiel auch der Regionalligist FC Memmingen betroffen, der bereits den Trainingsbetrieb im Nachwuchsbereich eingestellt hat.
Nach den Handballern und den Fußballern verkündete am späten Nachmittag auch der VolleyballLandesverband Württemberg (VLW) drastische Maßnahmen. Der VLW beschloss, den Spielbetrieb der laufenden Saison in allen Bereichen vorzeitig zu beenden. Den Vereinen wurde empfohlen, auch den Trainingsbetrieb vorerst auszusetzen, um die sozialen Kontakte im Volleyball zu minimieren.