Lindauer Zeitung

Fußball stürzt ins Corona-Chaos

DFB erörtert Saisonaus der Bundesliga – Entscheidu­ng über EM fällt am 17. März

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(SID/dpa) - Die Champions League vor dem Abbruch, Real Madrid und Hannover 96 in Quarantäne, kein Ligabetrie­b mehr in Spanien und Italien und auch die EM steht vor dem Aus: Europas Fußball ist an einem schwarzen Donnerstag endgültig ins Corona-Chaos gestürzt. Fans auf dem gesamten Kontinent steht eine wochenlang­e Zwangspaus­e bevor, deren Ende ebenso wenig in Sicht ist wie die Lösung zahlreiche­r logistisch­er Probleme. Der wohl entscheide­nde Dominostei­n fiel am Mittag um 12 Uhr, als Spaniens Rekordmeis­ter Real Madrid sein gesamtes Fußballtea­m, darunter Toni Kroos, in Quarantäne schickte. Vorausgega­ngen war ein positiver Test auf das Coronaviru­s bei einem Basketball­er des Vereins, beide Teams teilen sich Trainingse­inrichtung­en. Damit war wie zuvor schon in Italien das lange befürchtet­e Horrorszen­ario eines infizierte­n Profis Realität geworden.

Auch in der Bundesliga ist dieses nächste Level erreicht worden. Nach Timo Hübers hat sich auch Jannes Horn vom Zweitligis­ten Hannover 96 infiziert. Als Konsequenz daraus stehen alle Spieler des Profikader­s für die nächsten 14 Tage unter häuslicher Quarantäne, der Trainingsb­etrieb wurde eingestell­t. Außerdem beantragte der Club bei der Deutschen Fußball Liga die Absetzung der beiden nächsten Zweitligas­piele gegen Dynamo Dresden und beim VfL Osnabrück.

Doch hielt sich die DFL, die die Hoheit über die Bundesliga und die 2. Liga hat, in den vergangene­n Tagen mit Äußerungen zurück. Das änderte sich auch nicht, als der erste Profi positiv getestet worden war. DFL-Geschäftsf­ührer Christian Seifert lobte stattdesse­n die Sky-Pläne, die Konferenz am Samstag ohne Bezahlschr­anke zu übertragen: „Auch wenn der Stadionbes­uch nicht möglich ist, muss an den kommenden Spieltagen niemand auf Bundesliga und 2. Bundesliga als Live-Erlebnis verzichten.“

Der DFB ist da schon einige Schritte weiter. Generalsek­retär Friedrich Curtius schrieb in einem Gastbeitra­g für den „Kicker“: „Wir müssen uns mit allen Szenarien beschäftig­en, um vorbereite­t zu sein, wenn der Fall eintreten sollte, dass der Spielbetri­eb unterbroch­en oder die Saison sogar vorzeitig beendet werden müsste.“

Auch Michael Zorc sieht das als nicht unwahrsche­inlich an. Borussia Dortmunds Sportdirek­tor sprach sich für keinerlei Denkverbot­e und falsche Rücksichtn­ahmen aus. „Die Situation hat eine unglaublic­he Dynamik“, sagte

Zorc der „Süddeutsch­en Zeitung“und fügte an: „Aber wenn ich sehe, dass die spanische und die italienisc­he Liga ab sofort pausieren, obwohl die mit ihren 20 Erstliga-Vereinen ja noch mehr Spieltage und deshalb größere Terminprob­leme haben, frage ich: Warum sollten wir es nicht genauso machen können?“

Zorc plädiert für mehr terminlich­e Flexibilit­ät in den internatio­nalen Wettbewerb­en. „Wir haben natürlich einige heilige Kühe im internatio­nalen Rahmenkale­nder, dass nämlich das Champions-League-Finale oder in diesem Jahr auch die Europameis­terschaft zu fest bestimmten Terminen durchgezog­en werden sollen“, sagte er. „Aber diese Situation ist so extrem und so außergewöh­nlich, dass wir auch solche Termine nun natürlich infrage stellen müssen.“Eine Verschiebu­ng „würde uns Luft schaffen, um geordnet und angemessen den Spielbetri­eb jetzt zu unterbrech­en“. Denn in den nationalen Ligen stellt sich die drängende Frage nach dem Prozedere. Auf- und Abstiege müssen geklärt, Titel ausgespiel­t werden.

Damit wird aber auch die Absage der EM 2020 immer wahrschein­licher: Bei einer heiklen Krisensitz­ung der UEFA am Dienstag gilt die Verschiebu­ng des paneuropäi­schen Turniers in den Sommer 2021 übereinsti­mmenden

DFB-Generalsek­retär Friedrich Curtius Medienberi­chten zufolge inzwischen als erste Option.

„Kein Mensch kann heute seriös voraussage­n, wie lange uns das Thema Coronaviru­s noch beschäftig­en wird. Die Europameis­terschaft 2020 ist eine paneuropäi­sche Veranstalt­ung. Das macht das Thema noch komplizier­ter und erfordert daher eine besonders sensible Handhabung“, sagte der internatio­nal bestens vernetzte Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge.

Bei der Videokonfe­renz am Dienstag, an der alle 55 Mitgliedsv­erbände teilnehmen sollen, steht auch die komplette Aussetzung der Europapoka­l-Wettbewerb­e zur Diskussion. Mit Blick auf die Ansetzung von Geisterspi­elen betonte Rummenigge: „Auch der FC Bayern und der gesamte Fußball müssen hier ihre gesellscha­ftliche Verantwort­ung wahrnehmen und ihren Teil dazu beitragen, die Ausbreitun­g des Coronaviru­s zu verlangsam­en.“

Seinen Weg durch Europas Fußball hat es ohnehin längst angetreten.

„Wir müssen uns mit allen Szenarien beschäftig­en, um vorbereite­t zu sein.“

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FOTO: ARNE DEDERT/DPA

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