Den Amateurvereinen fehlen Einnahmen
Ohne Spielbetrieb kein Vereinsleben – Jürgen Möhrle über Amateur- und Profifußball
- Jürgen Möhrle bekommt die Auswirkungen der Corona-Krise auf den Fußball gleich doppelt mit. Zum einen ist Möhrle Vorsitzender des Fußball-Bezirksligisten SV Fronhofen, zum anderen Zeugwart des Bundesligisten FC Augsburg. „Vom Training her gibt es derzeit keinen Unterschied zwischen Profi und Amateur“, sagt Möhrle und lacht. „Der einzige Unterschied: Profis sind verpflichtet, zu Hause etwas zu machen, bei den Amateuren ist alles freiwillig.“
Fronhofens Vorsitzender versucht, gelassen zu bleiben. Dabei trifft die Zwangspause kleinere Vereine wie den SV Fronhofen hart. „Wenn auch unser Pfingstturnier ausfällt, dann wird uns nach der Corona-Krise ein niedriger fünfstelliger Betrag fehlen“, sagt Möhrle. Ob das Pfingstfest, das in diesem Jahr 40. Geburtstag feiern würde, stattfinden kann, ist noch unklar. „Wir warten auf jeden Fall bis Ostern ab.“Bis Ende April ruht auf jeden Fall der Ball. Am vergangenen Sonntag hatten sich alle beim SVF eigentlich auf das Spitzenspiel in der Bezirksliga gegen den SV Oberzell gefreut. Viele Zuschauer wären ins Häldelestadion gekommen. „Wahrscheinlich wären es rund 150 zahlende Zuschauer gewesen, jeweils bei drei, vier Euro Eintritt“, rechnet Möhrle vor. „Dazu wäre der Wurstverkauf gekommen.“Soll heißen: Der SV Fronhofen hätte mit dem Derby Geld verdient.
Wie es beim SVF – und allen anderen Vereinen im Gebiet des Württembergischen Fußball-Verbands – weitergeht, ist vollkommen unklar. Alle Trainingseinheiten sind gestrichen, die Sportanlagen sind verwaist. „Ich war am Sonntag am Platz, weil ich kleine Dinge erledigen wollte“, sagt Möhrle. „Da hab ich mir kurz überlegt, ob ich wenigstens die Einlaufmusik anschalte.“Das hat Fronhofens Vorsitzender dann doch nicht gemacht. „Aber es war schon traurig und auch ein bisschen skurril. Es war bestes Wetter, aber es herrschte absolut kein Betrieb.“Das wird sich auch in den kommenden
Wochen nicht ändern. Einnahmen können die Amateurvereine nicht generieren, Ausgaben haben sie dennoch. Der SV Fronhofen etwa hat neben den laufenden Kosten für Verbandsabgaben und Versicherungen unter anderem Kredite von den Baumaßnahmen der vergangenen Jahre abzubezahlen. Dazu hat der SV Fronhofen eine verpachtete Gaststätte, der aktuell die Geschäftsgrundlage entzogen wurde. Auch da fallen die monatlichen Einnahmen weg. Im Grunde steht bei allen Clubs derzeit das Vereinsleben still. Es gibt keine Treffen, die Mitgliederversammlungen sind abgesagt worden. „Die Auswirkungen des Coronavirus werden schmerzlich sein“, ist sich Möhrle sicher. „Aber wir sind finanziell solide aufgestellt und sind zuversichtlich, dass wir diese Delle in den kommenden Jahren kompensieren können, je nachdem was noch alles auf uns zukommt.“
Jürgen Möhrle über die Ruhe am Sportplatz des SV Fronhofen Möhrle kann sich gut vorstellen, dass die Saison in der Bezirksliga ganz abgebrochen wird. Am Dienstagabend hatte der Württembergische Fußball-Verband (WFV) beschlossen, den Spielbetrieb bis mindestens 19. April auszusetzen. „Wenn man sieht, dass die 3. Liga ihren Spielbetrieb bis zum 30. April ausgesetzt hat, heißt das, dass bei uns im Amateurfußball das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.“Der SVF ist mit sechs Punkten perfekt in die Rückrunde gestartet, vielleicht hätte Fronhofen noch ganz oben anklopfen können. „Das ist einerseits schade“, sagt Möhrle. „Aber es ist eben auch nur Amateurfußball, das muss man in solch einer schwierigen Situation immer relativieren.“
Um im Fußball zu bleiben: Manche Profivereine wird es härter treffen als die Amateure. Auch da hat Möhrle seit Jahren einen tiefen Einblick. Lange Jahre war er als Zeugwart für die zweite Mannschaft des VfB Stuttgart zuständig, seit Oktober ist er Zeugwart des Bundesligisten FC Augsburg. Wann dort wieder mit Training begonnen wird, ist ebenfalls unklar. „Da wird von Tag zu Tag entschieden“, sagt Möhrle. Dass der Sportbetrieb flächendeckend eingestellt wurde, hält er für richtig. Auch wenn dadurch Clubs „im Grunde die Grundlage“entzogen wurde.
Die Vorsichtsmaßnahmen in Zeiten der Corona-Krise hat Möhrle aber nicht nur im Profi- und im Amateurfußball zu spüren bekommen. Er sitzt in der Gemeinde Fronreute auch im Gemeinderat. „Bei der letzten Sitzung saßen wir zwei Meter auseinander, es gab zur Begrüßung keinen Handschlag.“In Fronreute gibt es zwar nach wie vor keinen Corona-Fall, Möhrle spürt dennoch körperliche Folgen. „Ich musste in den vergangenen Tagen so viel schreiben, das merke ich im Arm.“Wieder muss Möhrle lachen. Er will sich eben bewusst nicht verrückt machen lassen.
„Wir müssen abwarten, was anderes bleibt uns nicht übrig.“
Weder den
Profis noch den Amateuren.
„Ich hab mir kurz überlegt, ob ich die Einlaufmusik anschalte.“