Lindauer Zeitung

In einer Zeit der Ungewisshe­it die Gedanken auf das Heute richten

- Von Christina Becker

Es ist Nachmittag. Ich öffne das Fenster und schaue zum Spielplatz hinüber. Vor genau einer Woche machte es mich ärgerlich, dass Eltern dort noch dicht nebeneinan­der auf den Bänken saßen. Das einzige, das ich jetzt noch sehe und höre, ist das im Wind flatternde Absperrban­d. Heute wünschte ich mir, es herrschte nicht so eine gespenstis­che Stille. Der Wunsch gilt natürlich anderen Umständen; unserem Leben vor Corona und Ausgangsbe­schränkung.

Vergangene Woche waren wir als Familie noch damit beschäftig­t, uns im Homeoffice zu organisier­en und versuchten, die fast stündlich neuen Meldungen über das Virus zu verarbeite­n. Daraus ist nun ein Akzeptiere­n der Maßnahmen geworden. Und ein Warten darauf, ob die aktuellen Einschränk­ungen wirksam genug sind, damit die Corona-Kurve weiter abflacht. Ab und zu ertappe ich mich bei dem Gedanken, wie lange das wohl so weitergehe­n wird. Natürlich ist es schön, die Möglichkei­t zu haben, über verschiede­ne Kommunikat­ionskanäle mit Familie und Freunden in Kontakt zu bleiben. Es ist ein gutes Mittel zur Überbrücku­ng der gegebenen Situation. Aber es ersetzt die wahre Begegnung auf Dauer nicht. Also, wie lange müssen wir Distanz bewahren? Wie sehr gewöhnen wir uns an das Abstand halten, und wann können wir anderen wieder wirklich vertrauens­voll im näheren Kontakt begegnen? Die Ungewisshe­it

darüber, wie es weitergeht und wann, ist manchmal erdrückend. Wenn meine Gedanken in diese Richtung wandern, versuche ich mich wieder auf das Heute zu konzentrie­ren. Heute ist meine Familie gesund, heute haben wir die Möglichkei­t, spazieren zu gehen und alles einzukaufe­n, um unsere Lieblingsg­erichte zu kochen. Heute weiß ich, dass ich in Zukunft vieles nicht mehr als selbstvers­tändlich hinnehmen werde, sondern dankbar bin für das, was ich gerade habe.

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FOTO: STEPHAN BECKER Christina Becker

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