Enten, Wildschweine und Füchse erobern das leere Rom
Keine Touristen, keine Autos – Seit Beginn der Corona-Pandemie trauen sich Tiere in das antike Zentrum
- Die Fontana della Barcaccia, der 1610 erbaute Brunnen unterhalb der Spanischen Treppe, ist sicherlich einer der am meisten fotografierten Orte Roms. Zahllose Touristen lassen sich hier dabei ablichten, wie sie das aus zwei seitlichen Öffnungen herausspritzende Wasser trinken. Doch seit Anfang März, seit Beginn der Corona-Pandemie, erhebt sich der elegante Brunnen in Form eines Bootes allein auf der Piazza di Spagna. Wo sich normalerweise Massen von Touristen tummeln herrscht nun gähnende Leere.
Eine Leere, die scheue Stockenten angelockt hat. Seit Tagen haben sich zwei Enten, vermutlich ein Paar, am Brunnen niedergelassen. In aller Ruhe können sie im Wasser schwimmen, schnäbeln und dösen.
Nicht weit vom Petersplatz entfernt, der seit Wochen geschlossen ist, meldeten Anwohner und Tierschützer Wildschweine. Ganze Familien mit Ferkeln seien dort unterwegs. Ungestört laufen sie durch die leeren Straßen. Autos und Busse, die sonst solche Tiere fernhalten, fahren ja nicht mehr. Ohne das tägliche Verkehrschaos trauen sich auch diese scheuen Tiere aus Parks in die Stadt hinein. Tierschützer vermuten, dass sie sich nachts etwa aus dem großen Park Villa Ada im Norden Roms, in die Stadt aufmachen. Auf der Suche nach weggeworfenen Lebensmitteln. Da sie niemand stört, auch tagsüber nicht, trauen sie sich bis in das historische Stadtzentrum hinein.
Das gilt auch für die noch scheueren Rehe. Auch sie wurden in den Wohnvierteln direkt hinter dem Kirchenstaat gesichtet. Vor allem nach Einbruch der Dunkelheit wagen sie sich in die Stadt.
Auch das antike Herz des römischen Reiches belebt sich zunehmend mit Wildtieren. Wo früher Touristen unterwegs waren, im Kolosseum, zwischen den grandiosen Ruinen des Forum Romanum und auf dem Palatinhügel mit den riesigen Resten der Kaiserpaläste, tummeln sich nun für Roms Innenstadt ungewöhnliche Tiere: Fasane und Kaninchen, Stockenten und Igel.
Vor allem der Palatinhügel, ein Mini-Biotop in dem rund 1300 Bäume stehen, scheint Tiere anzulocken. Darunter, erklärt Gabriella Strano, Gartenarchitektin des archäologischen Parks, „die hier sonst nie auftauchen, wie zum Beispiel Füchse, Stachelschweine und Raubvögel wie Eulen. Vermutet wird, dass sie aus dem Park an der nicht fernen Via Appia Antica in die Stadt eingewandert sind und bei den antiken Ruinen ideale Lebensbedingungen finden.
Tiere aller Art gehören inzwischen auch in anderen menschenleeren Großstädten Italiens zum Alltag. Auch in Florenz, Neapel und Mailand. In Venedig wurden sogar große Fische in den Kanälen gesichtet, die man dort wegen des starken Bootsund Schiffsverkehrs seit Jahren nicht mehr gesichtet hat. Die im Netz zirkulierenden Fotografien mit Delfinen und Krokodilen in den Kanälen Venedigs sind allerdings Fake-News.