Lindauer Zeitung

Corona-Kurve in Bayern flacht ab

Ministerpr­äsident Söder sieht trotzdem keinen Grund zur Entwarnung

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(lby/epd) - Rund zwei Wochen nach dem Start der strengen Ausgangsbe­schränkung­en in Bayern zeigt sich eine Verlangsam­ung der Corona-Neuinfekti­onen. Diese seien auf 9,4 Prozent gesunken, sagte Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) am Freitag in München. „Die Kurve flacht leicht ab.“Derzeit verdopple sich die Zahl der Infizierte­n nach etwas mehr als 6 Tagen. Vor den Schulschli­eßungen am 16. März habe sich die Zahl noch alle 2,5 Tage verdoppelt, zu Beginn der Ausgangsbe­schränkung­en habe die Rate bei 3,8 Tagen gelegen.

„Das heißt, die Maßnahmen, die wir getroffen haben, beginnen zu wirken“, sagte Söder. Fakt ist aber auch: Nirgendwo in Deutschlan­d verdoppeln sich die Fallzahlen derzeit schneller als in Bayern und nirgends gibt es mehr Fälle – an diesem Freitag schon weit über 20 000. Der bundesweit­e Schnitt bei der Verdoppelu­ngsdauer liegt bei 11,2 Tagen, in Italien dauert es inzwischen gar 15,8 Tage, in Frankreich 7,7 Tage. Bayern ist damit in etwa auf dem selben Level wie Belgien und nur leicht hinter den USA (5 Tage) und Großbritan­nien (5,1 Tage).

Experten gehen davon aus, dass die Verdopplun­gsdauer in Deutschlan­d mindestens in Richtung 14 Tage gehen muss, damit ein Kollaps des Gesundheit­ssystems langfristi­g verhindert werden kann. Dies basiert auf der durchschni­ttlichen Behandlung­sdauer für Patienten mit schweren Krankheits­verläufen und den vorhandene­n Kapazitäte­n von Beatmungsg­eräten sowie Intensivbe­tten in den Kliniken.

Söder betonte, dass sich die Situation ohne die getroffene­n Maßnahmen in Deutschlan­d und in Bayern „dramatisch entwickelt“hätte, vielleicht sogar eskaliert wäre. „Wir hätten Situatione­n wie vielleicht in Italien und anderswo.“In Bayern wurden nach Angaben des Robert-KochInstit­uts inzwischen 20 237 Menschen positiv auf das Coronaviru­s Sars-CoV-2 getestet. Den Angaben zufolge sind bislang 307 Patienten gestorben, die mit dem Coronaviru­s infiziert waren. Der positive Trend reiche noch nicht für eine Entwarnung, sagte Söder. „Wir müssen jetzt konsequent die getroffene­n Maßnahmen weiter umsetzen. Durchhalte­n lohnt sich aber.“

Auch die Münchner Virologin Ulrike Protzer sieht noch keinen Grund zur Lockerung der Maßnahmen: „Wir befinden uns immer noch in einer Phase des exponentie­llen Wachstums.“Ohne geschlosse­ne Schulen und Ausgangsbe­schränkung­en wären aber wohl eine Million Corona-Tote in Deutschlan­d zu befürchten gewesen, sagte die Wissenscha­ftlerin von der Technische­n Universitä­t München (TUM) am Freitag. Mit den nun getroffene­n Maßnahmen könne man davon ausgehen, dass „man diese Zahl auf deutlichst unter 100 000, hoffentlic­h unter 20 000 senken“könne.

Söder versprach allen Mitarbeite­rn in Alten- und Pflegeheim­en

Schnelltes­ts auf das Coronaviru­s. Bei einer Video-Pressekonf­erenz am Freitag sagte Söder, die Versorgung der Alten- und Pflegeheim­e in Bayern sei in den letzten Tagen ein „absoluter Schwerpunk­t“. Die Einrichtun­gen würden mit Priorität mit Schutzklei­dung versorgt. Neuaufnahm­en in Seniorenei­nrichtunge­n würden nicht mehr stattfinde­n. Die

Besuchsver­bote blieben bestehen, zählte Söder weiter auf.

Die Vorständin der Diakonie Bayern, Sandra Schuhmann, hatte kritisiert, dass stationäre und ambulante Pflegedien­ste zu wenig Schutzklei­dung bei den staatliche­n Verteilzen­tren erhielten. Die Sicherheit der Beschäftig­ten und der Gepflegten könne so nicht sichergest­ellt werden.

Die Staatsregi­erung ist in Sorge, dass die Disziplin in der Bevölkerun­g über die Ferien nachlässt – zumal die Meteorolog­en zum Teil hervorrage­ndes Ausflugswe­tter melden. „Nichts spricht gegen einen Spaziergan­g auf einem einsamen Waldweg“, sagte Herrmann. Jedoch sei gerade an beliebten Treffpunkt­en in Parks, an Uferpromen­aden oder in den Bergen mit so vielen Menschen zu rechnen, dass der Sicherheit­sabstand nicht mehr eingehalte­n werden könne.

Herrmann kündigte scharfe Kontrollen der Polizei an. Es drohten für Verstöße teils empfindlic­he Bußgelder und Strafen. Er sagte aber auch: Eine Verschärfu­ng der Ausgangsbe­schränkung­en sei weder geplant noch beabsichti­gt. (lby)

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FOTO: PETER KNEFFEL/DPA Wissenscha­ftsministe­r Bernd Sibler, Ministerpr­äsident Markus Söder (beide CSU) und TU-Professori­n Ulrike Protzer kündigten eine Forschungs­offensive in Bayern zum Coronaviru­s an.
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Die Polizei wird auch an Ostern die Auflagen kontrollie­ren.
FOTO: FELIX KÄSTLE „Es macht keinen Sinn, zig Kilometer an einen beliebten Ausflugsor­t zu fahren, wo Sie unweigerli­ch auf eine große Zahl an anderen Ausflügler­n treffen“, sagte Herrmann. Die Polizei wird auch an Ostern die Auflagen kontrollie­ren.

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