40 Covid-19-Transporte im Landkreis
BRK-Rettungsdienst ist durch Corona-Pandemie besonderen Belastungen ausgesetzt
(lz) - „Die aktuelle Covid-19Situation bedeutet für die meisten Beschäftigten im Gesundheitswesen eine enorme Herausforderung und ist für alle neu“, schreibt das Bayerische Rote Kreuz Lindau in einer Pressemitteilung. Außergewöhnliche Zeiten erforderten besondere Maßnahmen, und es sei damit zu rechnen, dass heute erteilte Regelungen morgen schon keine Gültigkeit mehr haben.
„Standardverfahren greifen hier nicht“, schreibt das BRK weiter, daher müssen sich haupt- und ehrenamtliche Rettungsdienstmitarbeiter des Roten Kreuzes im Landkreis Lindau permanent an die Lage, an neue Erkenntnisse und an die sich ändernden Rahmenbedingungen anpassen. „Hierbei sind auch aufwendige persönliche Schutzmaßnahmen zu beachten, wobei ein Restrisiko für die Mitarbeiter immer besteht“, sagt Hans-Michael Fischer, BRK-Kreisgeschäftsführer, und Rettungsdienstleiter Christian Skibak ergänzt, dass derzeit ein besonderes Verhalten im Umgang mit der persönlichen Schutzausrüstung (PSA) gelte. Auch an den Schutz der Patienten sei ja zu denken. Deshalb sind bei jedem Patientenkontakt vorsorglich ein Mund-Nasen-Schutz (MNS), Schutzhandschuhe und eine Schutzbrille und bei Verdacht oder bestätigtem Covid-19 eine FFP-2-Maske zu tragen. Auch ein Mund-NasenSchutz für den Patienten steht zur Verfügung. In ihrem ohnehin fordernden Beruf sind die „Retter“derzeit noch zusätzlichen Belastungen ausgesetzt – sowohl in körperlicher als auch in psychischer Hinsicht. Aus eigener Erfahrung kann Skibak ein Lied davon singen, wie anstrengend ein Einsatz unter Vollschutzbedingungen abläuft: „Durch die Schutzanzüge, die unsere Mitarbeiter bei bestätigten Corona-Fällen oder Verdachtsfällen tragen müssen, ist die eigene Atmung erschwert, das Sichtfeld zum Teil durch angelaufene Schutzbrillen eingeschränkt, und man gerät sehr schnell ins Schwitzen“, berichtet der Rettungsdienstleiter, der seit November 2019 die Verantwortung für den Rettungsdienst im Landkreis Lindau trägt.
Der BRK-Kreisverband Lindau unternehme große Anstrengungen, um Infizierungen des Rettungsdienstpersonals zu vermeiden, heißt es in der Mitteilung weiter. „Für unsere Einsatzkräfte wurde ein besonderes einsatztaktisches Handlungskonzept in Zusammenarbeit mit den Hygienebeauftragten und den Chefärzten des Kreisverbandes erstellt, das von der Ankunft an der Einsatzstelle bis hin zur Arbeit am Patienten alle Möglichkeiten umfasst, um den bestmöglichen Schutz für unsere Kolleginnen und Kollegen zu gewährleisten“, erklärt Skibak. Ein besonderer Schutz gilt auch für die Rettungswachen in Lindau und Lindenberg selbst. Hier darf sich nur noch diensthabendes Personal in der Rettungswache aufhalten, und die Mitarbeiter müssen nach dem Schichtwechsel und der Übergabe die Rettungswache wieder zügig verlassen. Täglich sind in den Räumlichkeiten Kontaktflächendesinfektionen zum Beispiel an Türklinken und Lichtschaltern durchzuführen und Schutzjacken, die im Einsatz getragen wurden, dürfen nicht in die Aufenthaltsräume der Rettungswache mitgenommen werden. Corona-Infizierungen von Patienten, falls keine klaren Symptome vorliegen, sind in Rettungssituationen schwer zu erkennen. Durch ihren Beruf sind die BRK-Rettungskräfte generell einem höheren Infektionsrisiko ausgesetzt als in nicht-medizinischen Berufen. Sie haben täglich mit erkrankten Personen Kontakt und gehen permanent in Krankenhäusern und anderen Gesundheitseinrichtungen ein und aus. „Das beschäftigt viele unserer Mitarbeiter. Sie befürchten, sich früher oder später selbst und dann auch ihre Angehörigen anzustecken“, sagt Kreisgeschäftsführer Fischer. Zudem
beeinflussen die berufsbedingten Erfahrungen die Wahrnehmung einseitig. Denn der Rettungsdienst kommt vor allem mit jenen CoronaPatienten in Kontakt, bei denen besonders schwere Verläufe auftreten und die ins Krankenhaus transportiert werden müssen. „Das nimmt einen schon mit und macht betroffen, wenn man sieht, dass es manchen infizierten Menschen wirklich sehr schlecht geht“, berichtet Matthias Albinger, Notfallsanitäter und langjähriger Mitarbeiter der Rettungswache Lindau.
Auch wenn es paradox klingt und für den Laien kaum nachvollziehbar ist, spürt der Rotkreuz-Rettungsdienst im Landkreis Lindau am Rückgang von Krankentransporten auch die Auswirkungen der Corona-Krise. Einerseits wurden von Januar bis einschließlich 8. April 2020 insgesamt 40 Covid-19 Transporte, davon 16 durch den Rettungsdienst Lindau und 24 von der Rettungswache Lindenberg, durchgeführt. Andererseits ist die Einsatzfrequenz von Krankentransporten niedriger als normal. Im Zeitraum Februar 2020 bis 6. April 2020 wurden 689 Krankentransporte durchgeführt. Das ist ein Rückgang von 335 Transporten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum mit noch 1024 Krankentransporten.
Als Gründe für die stark zurückgegangene Krankentransportauftragslage sieht der Rettungsdienstleiter unter anderem, dass es weniger Einweisungen in Kliniken gibt und viele ältere Menschen einfach aus Angst nicht in ein Krankenhaus oder zum Arzt wollen.