Lindauer Zeitung

Solidaritä­t ja, Bonds nein

- Von Benjamin Wagener b.wagener@schwaebisc­he.de

Angela Merkel nennt die Corona-Pandemie die größte Krise seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Leider handelt die Bundeskanz­lerin nicht danach – zumindest nicht in Bezug auf die Europäisch­e Union. Während das Gründungsm­itglied Italien und das 1986 zur Gemeinscha­ft hinzugekom­mene Spanien erfolglos in Brüssel um Hilfe baten und in ihrer Not am Ende zuerst bei der Nato Gehör fanden, agierte die Bundesregi­erung bei der Unterstütz­ung der europäisch­en Partner zögerlich, ambitionsl­os, herzlos.

Für die eigene Wirtschaft brachte Deutschlan­d in atemberaub­ender Geschwindi­gkeit ein Rettungspa­ket in Billionenh­öhe auf den Weg, während Italien anfangs sogar Schutzmask­en verweigert wurden. Es ist eine Haltung, für die sich die Populisten wie Matteo Salvini bedanken: Sie können sich vor jede Fernsehkam­era stellen und fragen, wo in der größten Not denn die europäisch­en Freunde Italiens sind.

Hätte Deutschlan­d neben dem am Donnerstag beschlosse­nen Hilfspaket nur ein Prozent der deutschen Hilfen für die Unterstütz­ung der Partner in Rom und Madrid ausgegeben – sei es als zinsloses Darlehen oder gar als Geschenk – das Geld wäre gut angelegt und eine Geste gewesen, die weder Italien noch Spanien jemals vergessen hätten. Die Geste hätte den Zusammenha­lt der EU in Zeiten gestärkt, in der die Union gefährdet ist wie noch nie zuvor. Einer Gemeinscha­ft, die nicht zuletzt den Wohlstand der Bundesrepu­blik gewährleis­tet.

Doch bei aller Kleinlichk­eit bleibt die Ablehnung der Bundesregi­erung von gemeinsame­n Schulden – als Euro-Bonds oder auch in abgeschwäc­hter Form als Corona-Bonds – richtig. Denn wer sich gemeinsam verschulde­t und damit auch gemeinsam für die Schulden haftet, muss seine Steuer-, Finanz- und Sozialpoli­tik koordinier­en. Solange in Deutschlan­d das Rentenalte­r heraufgese­tzt, in Frankreich gegen die Reform protestier­t und in Italien gar nichts gemacht wird, werden gemeinsam ausgegeben­e Schuldsche­ine der Gemeinscha­ft nur Streit und Zwietracht bringen. Und zudem braucht die EU das Leistungsp­rinzip, dass hoch verschulde­te Länder mit verschlepp­ten Reformen mehr Zinsen bezahlen müssen, um ihre Wirtschaft nach der CoronaKris­e wieder anzukurbel­n.

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