Steigende Renditen am Bondmarkt
Nicht zuletzt wegen der Corona-Hilfen geben Unternehmen neue Anleihen heraus
- Erstmals seit Beginn der Corona-Krise hat sich in den vergangenen beiden Wochen eine Reihe von Konzernen wieder an den Kapitalmarkt zurückgewagt, indem sie dort neue Firmenanleihen erfolgreich platziert haben. Der Gesamtbetrag der neu emittierten „Corporate Bonds“lag mit rund 75 Milliarden Euro auf rekordverdächtiger Höhe. „Wir erleben eine regelrechte Emissionswelle“, sagt dazu Klaus Stopp, Chefrentenhändler bei der Baader Bank. Die massiven öffentlichen Maßnahmen zur Unterstützung der Wirtschaft im Euroraum scheinen also Früchte zu tragen: Die Unternehmen refinanzieren sich wieder verstärkt über den Bondmarkt und verschaffen sich so Luft, wie Stopp sagt. Der damit verbundene Optimismus, den die Deutsche Börse hinter dieser Entwicklung erkennen will, wird unter anderem von der Aussicht auf Mittel aus dem Corona-Stabilisierungsfonds der Bundesregierung getragen.
Im Gegensatz zu einer sonst weit verbreiteten Praxis haben manche Unternehmen ihre Neuemissionen in kleinen Stückelungen, also Mindestanlagesummen von 1000 Euro, herausgebracht, die damit auch für Kleinanleger interessant sein können. Mehrere Unternehmen mit dem Qualitätssiegel „Investment Grade“bieten auch für Privatanleger Konditionen jenseits der null bis ein Prozent. Lagen die Renditen im Februar für eine EuroAnleihe mit sechsjähriger Laufzeit noch bei 0,3 Prozent, ist dieser Wert jetzt auf durchschnittlich 1,8 Prozent gestiegen. So hat etwa VW einen fünfjährigen Bond (WKN: A2LQ6K) mit einem Kupon von 3,0 Prozent versehen, was aktuell eine Rendite von rund 2,95 Prozent bedeutet. Daimler hat seine Neuemission (WKN: A289RN) mit Laufzeit bis 2025 mit 2,625 Prozent ausgestattet – Rendite: 2,31 Prozent. Eine Neuemission der Fresenius SE (WKN:
A254TA), die ihr Geld in der Medizintechnik und der Gesundheitsbranche verdient, rentiert mit einem Kupon von 1,625 Prozent bei siebenjähriger Laufzeit mit 1,78 Prozent.
Diese drei Bonds, die alle Anfang April emittiert wurden, stehen beispielhaft für eine Reihe von Emissionen, die vor Kurzem mit einer Laufzeit von in der Regel fünf Jahren herausgekommen sind und dem Anleger in Zeiten des Nullzinses zumindest eine halbwegs ordentliche Verzinsung bieten. Darin sehen manche Beobachter bereits erste Anzeichen einer Marktberuhigung. Die beschriebenen Anleihen von VW und Daimler werden von der Ratingagentur Standard & Poor’s (S & P) mit „BBB+“bewertet – allerdings mit „negativen Ausblick“. Das sind drei
Stufen über Ramschniveau, dem sogenannten „Non Investment Grade“. Für Fresenius gibt’s von S & P nur die Note „BBB“.
Dabei kommen die Renditen, welche die beschriebenen Neuemissionen bieten, nicht von Ungefähr. Denn im Zuge der von Corona ausgelösten Börsenturbulenzen sind nicht nur die Aktienmärkte nach unten gerauscht, sondern auch die Anleihekurse. Abzulesen ist dies an einem speziellen Referenzindex, dem ITraxx Europe, der das Risiko von Zahlungsausfällen für 125 europäische Unternehmen abbildet. Dieses Stimmungsbarometer ist von seinem Peak im Februar bei 121,27 Punkten bis Mitte März auf 114,20 abgesackt, um sich hernach wieder etwas zu berappeln.
Klar ist aber, dass im Zuge dieser Talfahrt die Kurse von Corporate Bonds zum Teil bis zu zehn Prozent verloren haben, was an diesem Markt einem Drama gleichkommt, wie Stopp es ausdrückt. Nicht zuletzt deshalb, weil institutionelle Anleger wie Pensionskassen, Versicherungen und Banken zum Jahresende Wertberichtigungen in ihren Bilanzen vornehmen müssen. Die Kehrseite der Entwicklung ist aber, dass sich für mutige Anleger wieder Kaufgelegenheiten ergeben haben, denn inzwischen rentieren nicht nur Neuemissionen unter den Firmenanleihen wieder mit zwei, drei oder gar fünf Prozent. „Allerdings sind solche Renditen nicht ohne Risiko“, warnt Stopp. Denn trotz staatlicher Stützungsmaßnahmen dürften die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise zu steigenden Ausfallquoten bei Corporate Bonds führen, schätzen Experten. Vor diesem Hintergrund sollte man bei Firmenanleihen, deren Bonität nur ein oder zwei Stufen über „Ramschniveau“liegt, besonders vorsichtig sein. Denn diese Titel könnten rasch in den „Junk-Bereich“abrutschen und damit zu sogenannten „gefallenen Engeln“werden.