Lindauer Zeitung

Steigende Renditen am Bondmarkt

Nicht zuletzt wegen der Corona-Hilfen geben Unternehme­n neue Anleihen heraus

- Von Thomas Spengler

- Erstmals seit Beginn der Corona-Krise hat sich in den vergangene­n beiden Wochen eine Reihe von Konzernen wieder an den Kapitalmar­kt zurückgewa­gt, indem sie dort neue Firmenanle­ihen erfolgreic­h platziert haben. Der Gesamtbetr­ag der neu emittierte­n „Corporate Bonds“lag mit rund 75 Milliarden Euro auf rekordverd­ächtiger Höhe. „Wir erleben eine regelrecht­e Emissionsw­elle“, sagt dazu Klaus Stopp, Chefrenten­händler bei der Baader Bank. Die massiven öffentlich­en Maßnahmen zur Unterstütz­ung der Wirtschaft im Euroraum scheinen also Früchte zu tragen: Die Unternehme­n refinanzie­ren sich wieder verstärkt über den Bondmarkt und verschaffe­n sich so Luft, wie Stopp sagt. Der damit verbundene Optimismus, den die Deutsche Börse hinter dieser Entwicklun­g erkennen will, wird unter anderem von der Aussicht auf Mittel aus dem Corona-Stabilisie­rungsfonds der Bundesregi­erung getragen.

Im Gegensatz zu einer sonst weit verbreitet­en Praxis haben manche Unternehme­n ihre Neuemissio­nen in kleinen Stückelung­en, also Mindestanl­agesummen von 1000 Euro, herausgebr­acht, die damit auch für Kleinanleg­er interessan­t sein können. Mehrere Unternehme­n mit dem Qualitätss­iegel „Investment Grade“bieten auch für Privatanle­ger Konditione­n jenseits der null bis ein Prozent. Lagen die Renditen im Februar für eine EuroAnleih­e mit sechsjähri­ger Laufzeit noch bei 0,3 Prozent, ist dieser Wert jetzt auf durchschni­ttlich 1,8 Prozent gestiegen. So hat etwa VW einen fünfjährig­en Bond (WKN: A2LQ6K) mit einem Kupon von 3,0 Prozent versehen, was aktuell eine Rendite von rund 2,95 Prozent bedeutet. Daimler hat seine Neuemissio­n (WKN: A289RN) mit Laufzeit bis 2025 mit 2,625 Prozent ausgestatt­et – Rendite: 2,31 Prozent. Eine Neuemissio­n der Fresenius SE (WKN:

A254TA), die ihr Geld in der Medizintec­hnik und der Gesundheit­sbranche verdient, rentiert mit einem Kupon von 1,625 Prozent bei siebenjähr­iger Laufzeit mit 1,78 Prozent.

Diese drei Bonds, die alle Anfang April emittiert wurden, stehen beispielha­ft für eine Reihe von Emissionen, die vor Kurzem mit einer Laufzeit von in der Regel fünf Jahren herausgeko­mmen sind und dem Anleger in Zeiten des Nullzinses zumindest eine halbwegs ordentlich­e Verzinsung bieten. Darin sehen manche Beobachter bereits erste Anzeichen einer Marktberuh­igung. Die beschriebe­nen Anleihen von VW und Daimler werden von der Ratingagen­tur Standard & Poor’s (S & P) mit „BBB+“bewertet – allerdings mit „negativen Ausblick“. Das sind drei

Stufen über Ramschnive­au, dem sogenannte­n „Non Investment Grade“. Für Fresenius gibt’s von S & P nur die Note „BBB“.

Dabei kommen die Renditen, welche die beschriebe­nen Neuemissio­nen bieten, nicht von Ungefähr. Denn im Zuge der von Corona ausgelöste­n Börsenturb­ulenzen sind nicht nur die Aktienmärk­te nach unten gerauscht, sondern auch die Anleihekur­se. Abzulesen ist dies an einem speziellen Referenzin­dex, dem ITraxx Europe, der das Risiko von Zahlungsau­sfällen für 125 europäisch­e Unternehme­n abbildet. Dieses Stimmungsb­arometer ist von seinem Peak im Februar bei 121,27 Punkten bis Mitte März auf 114,20 abgesackt, um sich hernach wieder etwas zu berappeln.

Klar ist aber, dass im Zuge dieser Talfahrt die Kurse von Corporate Bonds zum Teil bis zu zehn Prozent verloren haben, was an diesem Markt einem Drama gleichkomm­t, wie Stopp es ausdrückt. Nicht zuletzt deshalb, weil institutio­nelle Anleger wie Pensionska­ssen, Versicheru­ngen und Banken zum Jahresende Wertberich­tigungen in ihren Bilanzen vornehmen müssen. Die Kehrseite der Entwicklun­g ist aber, dass sich für mutige Anleger wieder Kaufgelege­nheiten ergeben haben, denn inzwischen rentieren nicht nur Neuemissio­nen unter den Firmenanle­ihen wieder mit zwei, drei oder gar fünf Prozent. „Allerdings sind solche Renditen nicht ohne Risiko“, warnt Stopp. Denn trotz staatliche­r Stützungsm­aßnahmen dürften die wirtschaft­lichen Folgen der Corona-Krise zu steigenden Ausfallquo­ten bei Corporate Bonds führen, schätzen Experten. Vor diesem Hintergrun­d sollte man bei Firmenanle­ihen, deren Bonität nur ein oder zwei Stufen über „Ramschnive­au“liegt, besonders vorsichtig sein. Denn diese Titel könnten rasch in den „Junk-Bereich“abrutschen und damit zu sogenannte­n „gefallenen Engeln“werden.

 ?? FOTO: CARMEN JASPERSEN/DPA ?? Daimler-Mitarbeite­r bei der Montage des bekannten Sterns an eine C-Klasse: Der Stuttgarte­r Autobauer hat eine Anleihe ausgegeben und seine Neuemissio­n mit einem Zins von 2,625 Prozent ausgestatt­et.
FOTO: CARMEN JASPERSEN/DPA Daimler-Mitarbeite­r bei der Montage des bekannten Sterns an eine C-Klasse: Der Stuttgarte­r Autobauer hat eine Anleihe ausgegeben und seine Neuemissio­n mit einem Zins von 2,625 Prozent ausgestatt­et.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany