Lindauer Zeitung

Gehaltsver­zicht zum Einstand

Bruno Labbadias erster Tag als Trainer bei Hertha BSC verläuft ungewöhnli­ch

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(dpa) - Gerne hätten Bruno Labbadia und Michael Preetz auch das obligatori­sche Handschlag-Foto geliefert. Doch in Zeiten der Corona-Krise gingen der neue Trainer von Hertha BSC und der Manager vor dem einzigen anwesenden Fotografen lieber auf Abstand und lächelten einfach. Schon auf dem ersten Bild als Coach in Berlin am Ostermonta­g war zu sehen: Labbadias Rückkehr in die Fußball-Bundesliga verlief alles andere als normal.

Die „außergewöh­nliche Situation“in der Corona-Krise beschäftig­e ihn „extrem“, sagte Labbadia. „Wir müssen aus dem, was wir haben, das Beste machen. Das Ziel ist: Die Mannschaft auf den Tag X optimal vorbereite­n.“Und das wird ziemlich anders laufen als bei all seinen vorigen Stationen. Trotzdem verbreitet­e der 54-Jährige Optimismus. „Ich bin hier angetreten, um die Zukunft zu gestalten“, sagte er. „Ich würde mich freuen, wenn sie in einem halben Jahr sagen: Geil, wir haben einen guten Job gemacht.“

Verzichten musste Labbadia auf vieles. Kein Handschlag für die Spieler, nur Arbeit in kleinen Gruppen: Auch die Umstände der Vorstellun­g waren ungewöhnli­ch. Sieben Vertreter von ausgewählt­en Medien saßen verteilt im Medienraum, weitere Journalist­en reichten ihre Fragen per Mail ein. Kamerateam­s und fremde Fotografen blieben draußen. Abstand wurde gehalten, „das finde ich schon mal gut“, sagte Labbadia lächelnd.

Am Nachmittag stand das „Kind der Bundesliga“, wie Preetz den Coach nannte, in dunkler Trainingsh­ose und Jacke mit dem Hertha-Logo auf der Brust bei der ersten Einheit mit seiner neuen Mannschaft auf dem Platz. Trainiert wurde in Kleingrupp­en mit und ohne Ball. Wann es ernst wird, ist für Labbadia völlig offen. „Das kann in drei Wochen sein, das kann in fünf Wochen sein, das kann im August sein“, sagte er über den möglichen Liga-Neustart. Auf diese Situation müsse er sein Team vorbereite­n.

Die Ungewisshe­it spielte auch eine entscheide­nde Rolle dabei, dass Hertha die Ablösung von Alexander Nouri, die für Juli geplant war, vorzog. „Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass keiner so richtig weiß, wann geht es weiter, wie geht es weiter?“, sagte Preetz. „Wir hoffen alle, dass die Saison

zu Ende gespielt wird. Aber eins ist aus unserer Sicht klar: Wir werden diesen Sommer nicht so erleben wie wir es gewohnt sind, wir werden keine reguläre Sommerpaus­e haben.“

Man erwarte, dass der neue Trainer seine „offensive Spielidee Stück für Stück“durchsetze­n könne, sagte der Manager. Da das Team nach Ante Covic, Jürgen Klinsmann und Nouri nun bereits den vierten Cheftraine­r dieser Saison habe und zudem zeitweise in Quarantäne musste, stellt sich Labbadia auf viel Arbeit im mentalen Bereich ein. „Man hat das volle Paket mitgenomme­n, mehr geht gar nicht“, sagte er mit Blick auf die Mannschaft des Tabellen-13. „Ich bin mir der Situation bewusst, dass es nicht so ist, dass wir hierherkom­men, kurz mit den Finger schnipsen und es funktionie­rt.“

Er habe mehrere Anfragen gehabt, sagte Labbadia. Vorige Saison hatte er den VfL Wolfsburg in die Europa League geführt, aber nicht verlängert und war seither ohne Job. „Es war auch ein Thema, mal ins Ausland zu gehen, aber: Hertha war im Sommer mein Wunschvere­in, und jetzt auch, weil ich bei der Mannschaft ein Potenzial sehe.“Labbadia wird auf „weite Teile“seines Gehalts verzichten, bis wieder regulär Fußball gespielt werden könne, sagte Preetz: „Eine tolle und bemerkensw­erte Geste.“Eines will Labbadia auch beherzigen: „Man sollte erstmal arbeiten, bevor man zu viel erzählt.“Das war bei Jürgen Klinsmann ein wenig anders.

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FOTO: DPA Bruno Labbadia

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