Lindauer Zeitung

Alles wird gut gehen

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Wie haben Sie die Ostertage verbracht? Osternacht­gottesdien­st, gemeinsame­r Gesang, das Osterevang­elium in der dunklen Kirche hören, Osterfrühs­tück in der Gemeinde – das alles war ja dieses Jahr leider nicht möglich. Bräuche und österliche Traditione­n geben unserem Glauben einen Rahmen. Wenn der Rahmen und all das Äußerliche aber wegfällt, was ist der Kern? Was bleibt?

Ostern 2020 – ich nutzte die Gelegenhei­t des Freiseins von kirchliche­n Angeboten und machte mich auf die Suche nach einem biblischen Text für mein ganz persönlich­es Osterfest. Worte des 33. Psalms in einer Übersetzun­g von Huub Osterhuis nahmen mich gefangen und ließen mich nicht mehr los. Vor dem Licht der Auferstehu­ng Christi wurden sie zu meinem ganz persönlich­en Ostererleb­nis:

„… Gott, du bist ein Liebhaber der Menschen. Du sprichst den Himmeln täglich zu, dass sie morgen wieder da sind. Und immer wieder kommt dein Wort, und es wird gut – du weichst nicht ab von deinem Herzen. Du Aufmerkend­er, der unser Angesicht sucht, der größer ist als unser Herz – du kennst mein Herz, du ergründest mich. Allein das Auge des Lebenden wird meinen Tod wenden, dass ich lebe. Ich warte, bis ich heimkomme in ihm.“

Das ist Auferstehu­ngsglaube, dass Gott da ist und mich liebend anschaut. Er sucht mich, geht mir nach mit seiner Liebe, wo immer ich gerade im Leben stehe. Glaube, das ist auch etwas Unerschütt­erliches, an das ich mich halten kann. Gerade, wenn ich das Gefühl habe, die Welt gerät aus allen Fugen, dann werden „die Himmel morgen wieder da sein“und „es wird gut“. „Andratutto­bene“schreibt mein italienisc­her Eisverkäuf­er unerschütt­erlich jeden Morgen und jeden Abend auf Facebook – alles wird gut gehen!

Auferstehu­ngsglaube, das ist Glaube an Gott, der mein kleines Herz, das manchmal voll von Kummer, Angst und Eifersucht ist, aufgehen lässt in seiner großen Liebe. Ganz aufmerksam ist Gott uns gegenüber. Er geht meinen Gedanken auf den Grund. Mit dieser lebendigen Aufmerksam­keit spürt er alles auf, was tot ist in mir. Er bringt ans Licht, wo der „Rahmen“meines Glaubens schon zum Glauben an sich wurde. Der „Aufmerkend­e“merkt, wo wir seine Liebe und Kraft brauchen. Vor dem „Liebhaber der Menschen“dürfen wir auch verzweifel­n und uns ohnmächtig fühlen, gerade jetzt. Wir müssen nicht immer klatschen, helfen, solidarisc­h sein.

„Ich warte, bis ich heimkomme in ihm“. Warten, das ist etwas, was wir gerade ganz neu lernen. Und es ist so schwer! Warten, bis man endlich wieder die Menschen sehen kann, die man so vermisst. Warten auf die Möglichkei­t, wieder Geld zu verdienen. Warten auf die gemeinsame Chorprobe… Wenn ich nur an all das denke, dann schlägt mein Herz schon schneller vor Freude! All dieses Warten ist eigentlich der Rahmen für das große Warten. Das lebenslang­e Warten auf das Heimkommen zu Gott, zum Leben. Möge Ihr Weg des „Wartens“von Spuren der Liebe, Fröhlichke­it und Zuversicht geprägt sein!

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Barbara Schmidt.
FOTO: JACOBS Barbara Schmidt, Dipl. Religionsp­ädagogin Barbara Schmidt.

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