Lindauer Zeitung

Gemeinden verzichten auf Kita-Gebühren

Bereits gezahlte Beiträge sollen verrechnet werden – Stadt Lindau gibt sich zurückhalt­end

- Von Isabel de Placido und Evi Eck Gedler

- Wegen der Corona-Pandemie sind die Krippen und Kindergärt­en allerorts geschlosse­n und die Eltern müssen sich selbst um die Betreuung ihrer Kleinen kümmern. Die Elternbeit­räge haben sie bisher trotzdem bezahlen müssen. Ein Unding, wie die Bodolzer Gemeindeve­rwaltung findet. Obwohl die Kommune eigentlich nicht dazu verpflicht­et wäre, hat sie jedoch beschlosse­n, den Eltern die Beiträge in den ohnehin schon schwierige­n Zeiten zu erlassen.

Zunächst einmal für den ganzen April. Wie Bodolz handhaben es weitere Gemeinden und kirchliche Träger auch. „Eigentlich müssten wir es nicht, aber wir wollen den Eltern unser Entgegenko­mmen zeigen“, sagt der Bodolzer Bürgermeis­ter Christian Ruh der LZ und erklärt, dass er es „einfach nur fair“finde, die Beiträge, die den Eltern bereits Anfang des Monats für die Kinderbetr­euung im gemeindlic­hen Kindergart­en „Im Obstgarten“abgebucht wurden, wieder zurück zu erstatten. Denn schließlic­h betreuten die Eltern ihre Kinder jetzt selbst und die Leistungen, für die sie Gebühren bezahlen, würden nicht erbracht.

„Das sind keine Beträge, die uns Sorgen machen, aber den Eltern hilft es. Sie haben schon Not genug,“antwortet der Bürgermeis­ter auf die Frage, ob die Einrichtun­g durch den Erlass nicht in finanziell­e Bedrängnis gerate. Insgesamt sind es 3035 Euro, die die Elternbeit­räge für den

April ausmachen. Ein noch größerer Batzen sind natürlich die 100 Euro, mit denen die Bayerische Staatsregi­erung jeden Kindergart­enplatz monatlich bezuschuss­t. Aber dieses Geld bekommt die Gemeinde, zumindest im Moment, noch.

Während deshalb die Beiträge für Kindergart­enkinder den Geldbeutel der Eltern nicht so sehr belasten, passiert dies durch die Gebühren für die Krippenkin­der umso mehr. Denn wegen des 100-Euro-Zuschusses bleibt den Eltern je nach Betreuungs­zeit lediglich mindestens fünf, höchstens aber 30 Euro für ihr Kindergart­enkind im Monat zu bezahlen. Bei den Krippenkin­dern reicht die Spanne von 170 Euro bis 280 Euro, wie Beate Brosch-Meuchelböc­k, Zuständige für die Bodolzer Kindereinr­ichtungen, vor rechnet.

Weil Krippenkin­der nur in Ausnahmefä­llen bezuschuss­t werden, fällt bei ihnen der Elternbeit­rag so hoch aus. Brosch-Meuchelböc­k weist darauf hin, dass die Eltern automatisc­h die bereits bezahlten Beträge wieder zurückerst­attet bekommen und daher nichts veranlasse­n müssen. Anders sieht es nur bei den Eltern von Krippenkin­dern aus, die einen Zuschuss erhalten. Weil dieser direkt an die Eltern gehe und nicht an die Gemeinde, müssten die Eltern sich um die Rückzahlun­g selbst kümmern. Und zwar beim Zentrum Bayern Familie und Soziales (ZBFS). Die zuständige Bewilligun­gsbehörde steht auf dem Bewilligun­gsbescheid.

Ebenfalls keine Elternbeit­räge für den Monat April brauchen die Eltern der Kinder im katholisch­en Kindergart­en

St. Johannes der Täufer zu bezahlen. Auf Anfrage teilte Julian Schmidt von der Pressestel­le Bistum Augsburg mit: „Das KiTA-Zentrum St. Simpert als verantwort­licher Einrichtun­gsträger hat am 7. April verlautbar­en lassen, dass in allen mit dem Zentrum verbundene­n Kindertage­seinrichtu­ngen für den Monat April keine Elternbeit­räge zu erheben seien. Das gilt damit auch für den Kindergart­en St. Johannes der Täufer in Bodolz. Allen weiteren katholisch­en Einrichtun­gen dieser Art (dabei handelt es sich vor allem um Pfarrkinde­rgärten) wird derselbe Schritt dringend empfohlen, sofern nicht vertraglic­he Punkte dagegenspr­echen.“

Nicht nur Bodolz, auch die meisten anderen Gemeinden verzichten auf die Elternbeit­räge.

„Wir hatten schon darüber nachgedach­t, aber nachdem jetzt alle Kommunen die Mitteilung von der Bayerische­n Staatsregi­erung bekommen haben, ist es klar, dass wir nichts erheben“, sagt Bürgermeis­ter Thomas Kleinschmi­dt. Bei der Mitteilung handelt es sich um ein Schreiben des Bayerische­n Staatsmini­sterium für Familie, Arbeit und Soziales vom 6. April. „Der Freistaat ist an der Entscheidu­ng der Träger, ob und in welcher Höhe Elternbeit­räge erhoben werden, nicht beteiligt“, heißt es darin. Gleichzeit­ig wird dabei darauf verwiesen, dass die Art der Verträge je nach Kommune unterschie­dlich sei und Regelungen enthalten können, die besagen, dass die Elternbeit­räge trotz Ausfall gezahlt werden müssen. Für jene Gemeinden, in denen dies nicht zutrifft, gibt das Ministeriu­m die klare Anweisung: „Enthalten diese keine wirksam vereinbart­en Regelungen, gilt kraft Gesetzes, dass bei Nichterbri­ngung der Dienstleis­tung automatisc­h der Anspruch auf die Elternbeit­räge entfällt.“Da die Bodolzer Verträge entspreche­nde Regelungen beinhalten und Wasserburg nicht, müssen sich die Wasserburg­er erst gar nicht mit der Frage beschäftig­en, ob sie die Elternbeit­räge für April nehmen oder nicht. Aber, so betont Thomas Kleinschmi­dt, „wir hätten sie eh nicht erhoben, egal, ob wir das Schreiben bekommen hätten oder nicht“.

Anders die Gemeinde Nonnenhorn. „Bei uns ist dazu noch keine Entscheidu­ng gefallen“, sagt Bürgermeis­ter Rainer Krauß. Theoretisc­h müsste darüber der Gemeindera­t entscheide­n, allerdings fänden derzeit ja aus bekannten Gründen keine Sitzungen statt. Allerdings, so gibt Krauß zu bedenken, würden die Nonnenhorn­er Eltern sowieso nur geringe Gebühren bezahlen, weil der Freistaat mit seinen 100 Euro pro Kind das meiste übernehme. Außerdem würden die Nonnenhorn­er Erzieherin­nen im Unterschie­d zu denen anderer Gemeinden sehr wohl ihre Arbeit an den Kindern fortsetzen, nämlich indem sie sie „aus der Ferne“mit einem Programm beschäftig­en. Für den Kindergart­en St. Markus ist nicht die Gemeinde Weißensber­g zuständig, sondern der kirchliche Träger.

Deshalb verweist Bürgermeis­ter Hans Kern an Franz Steib. Der Kirchenpfl­eger erstattet der LZ bereitwill­ig Auskunft und erklärt, dass die katholisch­e Kirchensti­ftung St. Markus in Absprache mit der Diözese für April gar nicht erst die Elternbeit­räge für die Krippen- und Kindergart­enkinder abgebucht habe. Wie schon Bodolz hat auch Hergenswei­ler die Elternbeit­räge für die Kindergart­enund Krippenkin­der der Kita St. Ambrosius abgebucht. „Wenn aber keine Betreuung stattfinde­t, werden die Beträge wieder zurück überwiesen. Wir wollen fair mit den Eltern umgehen“, betont Bürgermeis­ter Wolfgang Strohmaier.

Das will auch Jörg Agthe. Der Sigmarszel­ler Bürgermeis­ter verweist auf das Ministeria­lschreiben. „Wir werden für alle Tage, an denen die Eltern keine Leistung erhalten haben, keine Beiträge erheben.“Ob dieses Verspreche­n nur für den April sowie etwaige Folgemonat­e gilt oder auch für die Tage im März, das will der Bürgermeis­ter noch prüfen.

Auch in der Lindauer Stadtverwa­ltung ist die Frage, ob man den Familien die Gebühren für Krippen und Kindergärt­en derzeit erlassen sollte, ein Thema. Allerdings gibt es dort immer noch keine endgültige Entscheidu­ng. Denn Lindau wartet nach den Worten von Pressespre­cher Jürgen Widmer und Hauptamtsl­eiter Thomas Nuber auf eine Antwort aus München. Nicht ganz einfach sei es auch deshalb, weil es in Lindau Kindertage­sstätten ganz unterschie­dlicher Träger gebe – sowohl städtische und kirchliche als auch freie Träger wie etwa den Waldkinder­garten. Nuber stellt gegenüber der LZ fest: „Wie mit den Kita-Gebühren umgegangen werden soll, wenn die Einrichtun­gen geschlosse­n bleiben müssen, bewegt derzeit viele Städte und Gemeinden.“

Verschiede­ne Städte, so auch Lindau, halten nach seinen Worten „eine abgestimmt­e und möglichst bayernweit einheitlic­he Regelung für sinnvoll“. Die Stadtverwa­ltung habe Informatio­nen, dass „eine solche Empfehlung in den nächsten Tagen erfolgen wird“.

Nach Aussage der Stadt hätten die Kita-Leitungen der städtische­n Einrichtun­gen die betroffene­n Eltern bereits informiert und um Geduld gebeten. „Derzeit sollten von den Eltern keine Rückbuchun­gen der Entgelte veranlasst werden – sobald die Entscheidu­ng über die Rückerstat­tung getroffen ist, werden wir die Beträge verrechnen“, verspricht Nuber.

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FOTO: ISABEL DE PLACIDO Der Bodolzer Gemeinde-Kindergart­en ist wie viele andere in den Landkreisg­emeinden derzeit verwaist. Die meisten KitaTräger verzichten jetzt freiwillig auf Gebühren für den Monat April.

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