Gemeinden verzichten auf Kita-Gebühren
Bereits gezahlte Beiträge sollen verrechnet werden – Stadt Lindau gibt sich zurückhaltend
- Wegen der Corona-Pandemie sind die Krippen und Kindergärten allerorts geschlossen und die Eltern müssen sich selbst um die Betreuung ihrer Kleinen kümmern. Die Elternbeiträge haben sie bisher trotzdem bezahlen müssen. Ein Unding, wie die Bodolzer Gemeindeverwaltung findet. Obwohl die Kommune eigentlich nicht dazu verpflichtet wäre, hat sie jedoch beschlossen, den Eltern die Beiträge in den ohnehin schon schwierigen Zeiten zu erlassen.
Zunächst einmal für den ganzen April. Wie Bodolz handhaben es weitere Gemeinden und kirchliche Träger auch. „Eigentlich müssten wir es nicht, aber wir wollen den Eltern unser Entgegenkommen zeigen“, sagt der Bodolzer Bürgermeister Christian Ruh der LZ und erklärt, dass er es „einfach nur fair“finde, die Beiträge, die den Eltern bereits Anfang des Monats für die Kinderbetreuung im gemeindlichen Kindergarten „Im Obstgarten“abgebucht wurden, wieder zurück zu erstatten. Denn schließlich betreuten die Eltern ihre Kinder jetzt selbst und die Leistungen, für die sie Gebühren bezahlen, würden nicht erbracht.
„Das sind keine Beträge, die uns Sorgen machen, aber den Eltern hilft es. Sie haben schon Not genug,“antwortet der Bürgermeister auf die Frage, ob die Einrichtung durch den Erlass nicht in finanzielle Bedrängnis gerate. Insgesamt sind es 3035 Euro, die die Elternbeiträge für den
April ausmachen. Ein noch größerer Batzen sind natürlich die 100 Euro, mit denen die Bayerische Staatsregierung jeden Kindergartenplatz monatlich bezuschusst. Aber dieses Geld bekommt die Gemeinde, zumindest im Moment, noch.
Während deshalb die Beiträge für Kindergartenkinder den Geldbeutel der Eltern nicht so sehr belasten, passiert dies durch die Gebühren für die Krippenkinder umso mehr. Denn wegen des 100-Euro-Zuschusses bleibt den Eltern je nach Betreuungszeit lediglich mindestens fünf, höchstens aber 30 Euro für ihr Kindergartenkind im Monat zu bezahlen. Bei den Krippenkindern reicht die Spanne von 170 Euro bis 280 Euro, wie Beate Brosch-Meuchelböck, Zuständige für die Bodolzer Kindereinrichtungen, vor rechnet.
Weil Krippenkinder nur in Ausnahmefällen bezuschusst werden, fällt bei ihnen der Elternbeitrag so hoch aus. Brosch-Meuchelböck weist darauf hin, dass die Eltern automatisch die bereits bezahlten Beträge wieder zurückerstattet bekommen und daher nichts veranlassen müssen. Anders sieht es nur bei den Eltern von Krippenkindern aus, die einen Zuschuss erhalten. Weil dieser direkt an die Eltern gehe und nicht an die Gemeinde, müssten die Eltern sich um die Rückzahlung selbst kümmern. Und zwar beim Zentrum Bayern Familie und Soziales (ZBFS). Die zuständige Bewilligungsbehörde steht auf dem Bewilligungsbescheid.
Ebenfalls keine Elternbeiträge für den Monat April brauchen die Eltern der Kinder im katholischen Kindergarten
St. Johannes der Täufer zu bezahlen. Auf Anfrage teilte Julian Schmidt von der Pressestelle Bistum Augsburg mit: „Das KiTA-Zentrum St. Simpert als verantwortlicher Einrichtungsträger hat am 7. April verlautbaren lassen, dass in allen mit dem Zentrum verbundenen Kindertageseinrichtungen für den Monat April keine Elternbeiträge zu erheben seien. Das gilt damit auch für den Kindergarten St. Johannes der Täufer in Bodolz. Allen weiteren katholischen Einrichtungen dieser Art (dabei handelt es sich vor allem um Pfarrkindergärten) wird derselbe Schritt dringend empfohlen, sofern nicht vertragliche Punkte dagegensprechen.“
Nicht nur Bodolz, auch die meisten anderen Gemeinden verzichten auf die Elternbeiträge.
„Wir hatten schon darüber nachgedacht, aber nachdem jetzt alle Kommunen die Mitteilung von der Bayerischen Staatsregierung bekommen haben, ist es klar, dass wir nichts erheben“, sagt Bürgermeister Thomas Kleinschmidt. Bei der Mitteilung handelt es sich um ein Schreiben des Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales vom 6. April. „Der Freistaat ist an der Entscheidung der Träger, ob und in welcher Höhe Elternbeiträge erhoben werden, nicht beteiligt“, heißt es darin. Gleichzeitig wird dabei darauf verwiesen, dass die Art der Verträge je nach Kommune unterschiedlich sei und Regelungen enthalten können, die besagen, dass die Elternbeiträge trotz Ausfall gezahlt werden müssen. Für jene Gemeinden, in denen dies nicht zutrifft, gibt das Ministerium die klare Anweisung: „Enthalten diese keine wirksam vereinbarten Regelungen, gilt kraft Gesetzes, dass bei Nichterbringung der Dienstleistung automatisch der Anspruch auf die Elternbeiträge entfällt.“Da die Bodolzer Verträge entsprechende Regelungen beinhalten und Wasserburg nicht, müssen sich die Wasserburger erst gar nicht mit der Frage beschäftigen, ob sie die Elternbeiträge für April nehmen oder nicht. Aber, so betont Thomas Kleinschmidt, „wir hätten sie eh nicht erhoben, egal, ob wir das Schreiben bekommen hätten oder nicht“.
Anders die Gemeinde Nonnenhorn. „Bei uns ist dazu noch keine Entscheidung gefallen“, sagt Bürgermeister Rainer Krauß. Theoretisch müsste darüber der Gemeinderat entscheiden, allerdings fänden derzeit ja aus bekannten Gründen keine Sitzungen statt. Allerdings, so gibt Krauß zu bedenken, würden die Nonnenhorner Eltern sowieso nur geringe Gebühren bezahlen, weil der Freistaat mit seinen 100 Euro pro Kind das meiste übernehme. Außerdem würden die Nonnenhorner Erzieherinnen im Unterschied zu denen anderer Gemeinden sehr wohl ihre Arbeit an den Kindern fortsetzen, nämlich indem sie sie „aus der Ferne“mit einem Programm beschäftigen. Für den Kindergarten St. Markus ist nicht die Gemeinde Weißensberg zuständig, sondern der kirchliche Träger.
Deshalb verweist Bürgermeister Hans Kern an Franz Steib. Der Kirchenpfleger erstattet der LZ bereitwillig Auskunft und erklärt, dass die katholische Kirchenstiftung St. Markus in Absprache mit der Diözese für April gar nicht erst die Elternbeiträge für die Krippen- und Kindergartenkinder abgebucht habe. Wie schon Bodolz hat auch Hergensweiler die Elternbeiträge für die Kindergartenund Krippenkinder der Kita St. Ambrosius abgebucht. „Wenn aber keine Betreuung stattfindet, werden die Beträge wieder zurück überwiesen. Wir wollen fair mit den Eltern umgehen“, betont Bürgermeister Wolfgang Strohmaier.
Das will auch Jörg Agthe. Der Sigmarszeller Bürgermeister verweist auf das Ministerialschreiben. „Wir werden für alle Tage, an denen die Eltern keine Leistung erhalten haben, keine Beiträge erheben.“Ob dieses Versprechen nur für den April sowie etwaige Folgemonate gilt oder auch für die Tage im März, das will der Bürgermeister noch prüfen.
Auch in der Lindauer Stadtverwaltung ist die Frage, ob man den Familien die Gebühren für Krippen und Kindergärten derzeit erlassen sollte, ein Thema. Allerdings gibt es dort immer noch keine endgültige Entscheidung. Denn Lindau wartet nach den Worten von Pressesprecher Jürgen Widmer und Hauptamtsleiter Thomas Nuber auf eine Antwort aus München. Nicht ganz einfach sei es auch deshalb, weil es in Lindau Kindertagesstätten ganz unterschiedlicher Träger gebe – sowohl städtische und kirchliche als auch freie Träger wie etwa den Waldkindergarten. Nuber stellt gegenüber der LZ fest: „Wie mit den Kita-Gebühren umgegangen werden soll, wenn die Einrichtungen geschlossen bleiben müssen, bewegt derzeit viele Städte und Gemeinden.“
Verschiedene Städte, so auch Lindau, halten nach seinen Worten „eine abgestimmte und möglichst bayernweit einheitliche Regelung für sinnvoll“. Die Stadtverwaltung habe Informationen, dass „eine solche Empfehlung in den nächsten Tagen erfolgen wird“.
Nach Aussage der Stadt hätten die Kita-Leitungen der städtischen Einrichtungen die betroffenen Eltern bereits informiert und um Geduld gebeten. „Derzeit sollten von den Eltern keine Rückbuchungen der Entgelte veranlasst werden – sobald die Entscheidung über die Rückerstattung getroffen ist, werden wir die Beträge verrechnen“, verspricht Nuber.